Einer der spektakulärsten Fälle in der deutschen Kriminalgeschichte dreht sich um den Auftragskiller Werner Pinzer. Nach einer Serie von Auftragsmorden erschoss er 1986 während einer Vernehmung im Hamburger Polizeipräsidium den ermittelnden Staatsanwalt, seine eigene Frau und sich selbst.
Pinzer fuhr vor seiner Karriere als Killer einige Zeit zur See, wollte dann zur Bundeswehr. Dort wurde er allerdings aufgrund diverser Vorstrafen abgelehnt. Im August 1975 beteiligte er sich an einem Überfall auf einen Supermarkt, bei dem der Leiter des Marktes erschossen wurde. Einen Monat später nahmen die Ermittler ihn fest. Er wurde zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Während des Gefängnisaufenthaltes lernte er Personen kennen, die eine gewisse Bedeutung im Rotlichtmilieu von St. Pauli hatten, und kam mit Drogen in Kontakt.
1984 beging er seinen ersten Auftragsmord. Insgesamt soll er 14 Menschen getötet haben.
************************************************************************* *Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht* Mark Aurel *What goes arount - comes arount * Critical questioning never harms* *********************************************************************************** *Hervorhebung in Kommentaren durch den Verfasser *Äusserungen zu Fällen sind rein spekulativ*
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Der St.-Pauli-Killer: Er tötete 14 Menschen – und die Behörden halfen ihm dabei
Mutmaßlicher St. Pauli-Killer Pinzner
Sonntag, 17.09.2017, 10:20
Die Spannung war groß, als am Morgen des 29. Juli 1986 der Serienmörder Werner Pinzner vom Gefängnis zum Verhör ins Polizeipräsidium gebracht wurde. Die Behörden rechneten mit einem Anschlag auf den „St.-Pauli-Killer“. Kurz darauf war Pinzner tatsächlich tot – aber er starb anders als gedacht.
Den Namen Werner Pinzner kannte im Sommer 1986 wahrscheinlich jeder Hamburger, der sich auch nur ein bisschen für das interessierte, was in der Hansestadt vor sich ging. Denn Pinzner hatte es geschafft, als Freigänger während der Verbüßung einer zehnjährigen Haftstrafe und danach mehrere Menschen umzubringen, bevor die Polizei ihm auf die Spur gekommen war. Er hatte im Auftrag von Größen aus dem Hamburger Rotlicht-Milieu gemordet und als Lohn dafür Geld erhalten. Schon als Jugendlicher war er kriminell
Pinzner, der 1947 als Spross einer Mittelschichtsfamilie geboren wurde, war schon Mitte der sechziger Jahre als Jugendlicher mit dem Gesetz in Konflikt geraten. 1975 war er an einem Überfall auf einen Supermarkt beteiligt gewesen, bei dem der Filialleiter ums Leben gekommen war. Der damals 28-Jährige war deshalb zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im Gefängnis hatte er die Bekanntschaft einiger Kiezgrößen aus St. Pauli gemacht – Zuhälter, Bordellbetreiber und Drogendealer, die rund um die berühmte Lustmeile Reeperbahn ihren dunklen Geschäften nachgingen. Erstaunlich liberaler Strafvollzug in Hamburg
Im letzten Jahr seiner Haftzeit wurde Pinzner in den offenen Vollzug verlegt. In Hamburg herrschte unter den regierenden Sozialdemokraten ein erstaunlich liberaler Strafvollzug. Pinzner wurde in der Justizvollzugsanstalt Vierlande wie allen dort einsitzenden Häftlingen ein eigenes Schließfach genehmigt. Der besondere Clou: Diese Schließfächer wurden niemals kontrolliert. So wollten die Behörden Vertrauen schaffen und den Übergang zurück in die Freiheit ebenso wie durch den offenen Vollzug fließend gestalten.
Pinzner nutzte dieses Privileg allerdings brutal aus. Seine neuen Bekannten im Gefängnis beschafften ihm einen Revolver, einen „Arminius“ mit 38 Kaliber. Diesen konnte Pinzner leicht in seinem Schließfach verstecken, ohne dass der Besitz der Waffe jemals auffiel. Dieser Umstand, der mehrere Menschen das Leben kostete, sollte später zu großer Empörung in der Öffentlichkeit führen. Erster Mord als Freigänger
Die Waffe stellten ihm seine neuen Freunde natürlich nicht ohne die Erwartung einer Gegenleistung zur Verfügung. Pinzner hatte im Gefängnis durchschimmern lassen, dass er nach seiner Entlassung keinesfalls ein normales bürgerliches Leben führen wolle. Er wollte ins Bordell-Geschäft einsteigen. Dazu brauchte er Geld, und außerdem musste er sich zunächst einmal in den Augen möglicher Unterstützer beweisen.
Im Juni 1984 machte er – während eines offiziell genehmigten Freigangs – gemeinsam mit zwei Komplizen bei einem Raubüberfall mit. Einen Monat später brachte er im Auftrag ebenfalls als Freigänger sein erstes Opfer um. Nach beiden Taten kehrte er in die JVA Vierlande zurück und deponierte seinen Revolver wieder in seinem Schließfach. Sein erstes Mordopfer war ein früherer Bordellbesitzer, den er für 40.000 Mark im Auftrag von dessen Frau und der gemeinsamen Tochter in Kiel umbrachte. Krieg auf dem St. Pauli-Kiez
Im Juli 1984 wurde er schließlich vorzeitig aus der Haft entlassen. Zu dieser Zeit leisteten sich auf dem Hamburger Kiez zwei Gruppen von Kriminellen einen blutigen Krieg: die „GmbH“ und die „Nutella“. Es ging nicht mehr nur wie in früheren Zeiten um Anteile am Bordell-Markt. Inzwischen waren diese Gruppen auch in den Drogenhandel eingestiegen, denn Bordelle und Prostitution alleine schafften in Zeiten der grassierenden Aids-Angst Mitte der achtziger Jahre nicht mehr genug Einnahmen.
Pinzner machte sich diesen Krieg auf dem Kiez zunutze und ließ sich als Auftragskiller anheuern. Im September 1984 folgte ein Mord an einem Bordellbesitzer. Wiederum zwei Monate später, im November 1984, ermordete Pinzner einen weiteren Bordellbetreiber. Auftraggeber war jeweils ein Konkurrent der Opfer gewesen: Peter N., genannt „Wiener Peter“.
Die Polizei richtete eine Sonderkommission ein und kam Pinzner schließlich auf die Spur. Nach seiner Verhaftung im Sommer 1986 war dieser geständig, gab insgesamt acht Morde zu und gewährte Polizei und Staatsanwaltschaft Einblicke in die verbrecherischen Aktivitäten bekannter Kiez-Größen.
Aufgrund seiner Angaben wurde auch der „Wiener Peter“ zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt und nach Österreich abgeschoben. Noch vor wenigen Jahren berichtete die Presse über sein komfortables Leben auf der Party-Insel Ibiza. Hohes Kopfgeld für Pinzners Ermordung?
Um Pinzner am Reden zu hindern, hatten einige Kiez-Größen offenbar ein Kopfgeld für seine Ermordung ausgesetzt. Die Rede war von 300.000 Mark. Ob es sich dabei um Wahrheit oder Legende handelt, ist aber nie geklärt worden. Aus diesem Grund jedenfalls befürchteten die Behörden an jenem 29. Juli 1986 einen möglichen Anschlag auf ihren Gefangenen. Pinzner selbst hatten sie vor seinem Transport ins Polizeipräsidium am Berliner Tor gründlich durchsucht. Danach wurde er bis zum Beginn der Vernehmung keiner Kontrolle mehr unterzogen.
Pinzner hatte dem ermittelnden Staatsanwalt Wolfgang Bistry angekündigt, an diesem Tag auspacken zu wollen. Er hatte aber eine Bedingung dafür gestellt: Er forderte im Gegenzug, noch einmal einen Tag mit seiner Frau Jutta alleine verbringen zu können. Bistry hatte eine Antwort wohl offengelassen, aber Pinzner hatte das offenbar als Zusage verstanden.
Im Raum 418 des Hamburger Polizeipräsidiums, der zum Sicherheitstrakt des Gebäudes gehörte, sollten während der Vernehmung neben Bistry Jutta Pinzner eine Stenotypistin und zwei Polizeibeamte anwesend sein. Und daneben noch eine weitere Frau: Isolde Öchsle-Misfeld, Pinzners Rechtsanwältin.
Staatsanwalt Bistry, ein 40-jähriger Beamter, wollte es möglichst locker angehen lassen, denn er erhoffte sich wichtige Informationen aus der Vernehmung. „Nun schießen sie mal los“ eröffnete er das Gespräch. Das tat Pinzner – aber ganz anders, als Bistry das gemeint hatte. Er zog urplötzlich einen Revolver hervor und sagte seelenruhig: „So meine Herren, das ist eine Geiselnahme“. Als Bistry aufsprang, schoss Pinzner zwei Mal auf ihn. Der Staatsanwalt brach, getroffen im Brustkorb und am Kopf, zusammen. Er starb einen Tag später an den Verletzungen. Die Selbstmord-Tat war geplant
Den beiden Polizisten gelang die Flucht aus dem Raum, die Stenotypistin kroch unter den Tisch. Pinzner verbarrikadierte die Tür mit einem Tisch und rief anschließend seine Tochter an. Auch seine Frau sprach mit ihr. Sie sagte dabei einen Satz in den Hörer, der unmittelbar klarmachte, dass die ganze Aktion systematisch geplant gewesen war: „Was jetzt geschieht, haben wir so gewollt“.
Anschließend kniete sie sich in der Mitte des Raums hin. Ihr Mann steckte ihr den Revolverlauf in den Mund und drückte ab. Unmittelbar danach erschoss er sich selbst ebenfalls durch einen Schuss in den Mund. Kurz darauf stürmte ein Sondereinsatzkommando den Raum. Den anderen beiden anwesenden Frauen war nichts geschehen. Seine Frau schmuggelte den Revolver in das Polizeipräsidium
Die Frage lautete: Wie hatte Pinzner einen Revolver zur Vernehmung im Sicherheitstrakt des Polizeipräsidiums schmuggeln können? Die Antwort ergab sich aus den Vernehmungen der Anwälte. Denn Isolde Öchsle-Misfeld hatte die Waffe in das Gebäude geschmuggelt und dann unbemerkt Jutta Pinzner zugesteckt. Sie hatte den Revolver in ihrem Slip versteckt und unauffällig ihrem Mann zugeschoben. Der Hergang zeigt, welchen großen Einfluss Pinzner auf beide Frauen hatte.
Isolde Öchsle-Misfeld, eine Frau mit schwacher Persönlichkeitsstruktur, hatte sich im Laufe der Tätigkeit für ihren Mandaten diesem Einfluss nicht mehr entziehen können und wurde zu seinem Werkzeug. Sie wurde später zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und verlor für eine Zeit ihre Zulassung als Anwältin.
13 Morde und ein Suizid
Der Mord an Staatsanwalt Bistry offenbarte ebenso gravierende Sicherheitsmängel in den Hamburger Behörden wie die Tatsache, dass Werner Pinzner bei seinen Morden als Freigänger als Tatwaffe einen Revolver benutzt hatte, den er unentdeckt in seinem nicht überwachten Schließfach im Gefängnis hatte deponieren können.
Folgerichtig mussten Hamburgs Justizsenatorin Eva Leithäuser und ihr Kollege aus dem Innensenat, Rolf Lange (beide SPD), zurücktreten. Pinzners Opfer machte das aber nicht wieder lebendig. Insgesamt, so ermittelte die Polizei, hat Pinzner sehr wahrscheinlich 14 Menschen umgebracht – sich selbst eingeschlossen.
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