Luise Nährlich wurde am 25. Juli 1966 nahe der Kongresshalle, dem heutigen Haus der Kulturen der Welt, im Tiergarten erwürgt aufgefunden.
Aufgrund der Zeugenaussage einer Kollegin von Luise wurde zwischenzeitlich der damals 30-Jährige Kabarettist Dieter Hallervorden des Mordes verdächtigt. Nachdem die BILD-Zeitung ein Phantombild veröffentlicht hatte, wurde er während eines Auftritts verhaftet.
Hallervorden sei nach Angaben der Belastungszeugin kurz vor ihrem Tod am Savignyplatz in Charlottenburg gewesen, habe mit Luise gesprochen und sie sei in seinen roten Citroen eingestiegen. Hallervorden räumte ein tatsächlich mit einem roten Wagen am Savignyplatz gewesen zu sein, er habe auch mit einer Prostituierten gesprochen, Luise Nährlich habe er jedoch nie getroffen, geschweige denn getötet. Seine Autositze seien jedoch rot und nicht grau, wie von der Zeugin angegeben. Das „Mädchen“, das zu ihm ins Auto gestiegen sei, sei wesentlich jünger gewesen, und da man sich über den Preis nicht einigen konnte, sei sie auf einem nahegelegenen Parkplatz wieder ausgestiegen.
Hallervorden musste für etwa eine Woche in Untersuchungshaft. Nachdem die Richter jedoch Kenntnis davon erhielten, dass die Zeugin, die ihn gesehen haben will, bereits siebenfach vorbestraft war, u.a. wegen vorsätzlicher Falschaussage, befanden die Richter es bestehe „kein dringender Tatverdacht“ mehr. Weitere gegen ihn sprechende Indizien hatte man nicht gefunden. Er wurde freigelassen. Genau ein Jahr nach dem Mord wurde von der Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens gegen Hallervorden beantragt. Hallervorden kritisierte bei seiner Entlassung aus der U-Haft, dass die Polizei auf Ermittlungen gegen einen Mann verzichtet hatte, der bereits zuvor einen Überfall auf Luise Nährlich begangen hatte, und erst wenige Tage vor dem Mord aus der Haft entlassen worden war.
Alle weiteren Ermittlungen führten bis heute zu keinem Ergebnis.
Legendäre Mordfälle, die ungelöst blieben - Teil 3
Wer tötete Luise Nährlich?
FOCUS-Online-Autor Armin Fuhrer
Sonntag, 22.10.2017, 19:23
Der Mord an der Berliner Prostituierten Luise Jährlich im Sommer 1966 erregte ungewöhnliches großes Aufsehen. Das lag auch am zeitweiligen Hauptverdächtigen: Dieter Hallervorden. Die Ermittlungen gegen den beliebten Kabarettisten wurden bald wieder eingestellt. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt.
Am 4. August 1966 erschien die Berliner Ausgabe der Bild-Zeitung mit der Schlagzeile: "Sie sind verhaftet". Das waren die Worte, die ein Ermittler der Kriminalpolizei einem Mordverdächtigen tags zuvor entgegen geschleudert hatte. Dieser Mann hatte das Pech, in der Mauerstadt und darüber hinaus von ein gewisser Prominenz zu sein. Er hieß Dieter Hallervorden, und der Vorwurf, dem er ausgesetzt war, lautete nicht weniger als Mord. Für die Boulevard-Medien, nicht nur für "Bild", hatte diese Story natürlich alles, was es brauchte, um viel Platz auf den Seiten damit zufüllen: ein Mord an einer Prostituierten und einen prominenten Verdächtigen.
Die Tat wurde bekannt als "Lustmord"
Was war passiert? Gut eine Woche früher, am 25. Juli, war die Prostituierte Luise Nährlich im Berliner Tiergarten, in der Nähe der Kongresshalle (bekannt auch unter dem Namen "Schwangere Auster") ermordet aufgefunden worden. Die junge Frau war erwürgt worden, und da es sich um eine Tat im ältesten Gewerbe der Welt handelte, sprachen Medien und Öffentlichkeit vom "Lustmord".
Rasch meldete sich eine Bekannte Nährlichs, die demselben Gewerbe entstammte. Sie berichtete der Polizei, sie habe gesehen, wie Nährlich am Abend zuvor am Savigny-Platz im bürgerlichen Berlin-Charlottenburg, in ein fremdes Auto eingestiegen sei. Bei dem Wagen habe es sich um einen roten Citroen gehandelt. Zusätzlich fertigten die Ermittler nach den Vorgaben der Zeugin ein Phantombild des vermeintlichen Täters an.
Verhaftung auf der Bühne
Schnell schien die Kripo einen Volltreffer gelandet zu haben. Denn das Bild passte auf den Chef des beliebten West-Berliner Kabaretts "Die Wühlmäuse", den damals 30-jährigen Dieter Hallervorden . Mehr noch: Hallervorden fuhr außerdem just einen roten Citroen. Als er vernommen wurde, musste er schließlich zugeben, dass er tatsächlich zu besagter Zeit mit seinem Wagen am Savigny-Platz vorgefahren war und Prostituierte angesprochen hatte. Der Fall schien geklärt, der Täter gefasst: Dieter Hallervorden. Er wurde während einer laufenden Vorführung in seinem Kabarett von der Bühne weg verhaftet.
Doch Hallervorden bestritt vehement, irgendetwas mit der Tat zu tun gehabt oder auch nur mit dem Mordopfer gesprochen zu haben. Die junge Frau, die zu ihm ins Auto gestiegen sei, sei jünger gewesen als Nährlich. Außerdem hätten beide sich nicht auf einen Preis einigen können, so dass sie an der nächsten Kreuzung wieder ausgestiegen sei. Gleichwohl kam Hallervorden in Untersuchungshaft. Nach einigen Tagen wurde er jedoch auf freien Fuß gesetzt - nach Ansicht des Richters hatte sich ein dringender Tatverdacht nicht halten können.
Entlassung aus der U-Haft
In der Zwischenzeit hatten die Ermittler die angebliche Zeugin mal genauer unter die Lupe genommen. Und siehe da: Die Frau stellte sich als hochgradig unglaubwürdig heraus. Sie war bereits sieben Mal vorbestraft - unter anderem auch wegen vorsätzlicher Falschaussage. Außer ihren unrichtigen Angaben gab es aber keinerlei Spuren, die zu Dieter Hallervorden als Täter führten. So war dessen Entlassung aus dem Untersuchungsgefängnis ebenso richtig wie zwangsläufig.
Ein Jahr nach der Tat beantragte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens gegen Hallervorden. Der zu Unrecht Verdächtigte kritisierte bei seiner Entlassung aus der U-Haft, dass die Polizei auf Ermittlungen gegen einen Mann verzichtet hatte, der bereits zuvor einen Überfall auf Luise Nährlich begangen hatte, und erst wenige Tage vor dem Mord aus der Haft entlassen worden war.
Der Ruf des Schauspielers war trotzdem nachhaltig ruiniert. Er brauchte eine Weile, um sich davon zu erholen. Doch Hallervorden konnte zur Freude von Millionen Fernsehzuschauer und Kinogänger die Folgen des Rufmordes abschütteln und zu einer sehr erfolgreichen Karriere durchstarten.
Der Mord blieb ungeklärt - bis heute
Luise Nährlich konnte das nicht. Sie war tot und es gelang der Polizei niemals, ihren Mörder zu finden, so dass die grausame Tat hätte gesühnt werden können. Was in der Sommernacht des 25. Juli passierte, konnte nicht geklärt werden. Wer sprach sie aus dem roten Citroen heraus an? Wohin fuhr der Täter mit ihrem Opfer? Warum brachte er sie um? Und warum just an der Kongresshalle? Seit der Tat ist viel Gras im Berliner Tiergarten gewachsen. Auch, wenn richtig ist, dass Mord nicht verjährt, so ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass der Mörder der jungen Frau mehr als 50 Jahre nach der Tat noch aufgespürt wird, gleich null.
Wohl nur wenige Mordfälle haben in Berlin ein solches Medienecho erfahren wie der von Luise Nährlich. Denn er hatte alles, was so einen Fall spannend macht: Rotlichtmilieu, Prostitution, einen prominenten Mordverdächtigen - und ein Geheimnis, denn er wurde nie aufgeklärt. Die Prostituierte Luise Nährlich war am 25. Juli 1966 nahe der Kongresshalle, dem heutigen Haus der Kulturen der Welt, im Tiergarten erwürgt worden. Aufgrund von Zeugenhinweisen geriet schon bald ein bekannter Berliner Kabarettist unter Verdacht. Der Fall beschäftigte die Berliner Blätter sehr, kämpfte der Mann doch um seine Freiheit und seinen Ruf. Doch während sich die Staatsanwaltschaft kurz nach dem Mord auf Grund einer Zeugenaussage einer anderen Prostituierten sicher fühlte, den Richtigen zu haben, musste sie genau ein Jahr nach dem Mord die Einstellung des Verfahrens verlangen: Das Ergebnis der monatelangen Ermittlungen reiche nicht aus, um eine Anklage zu erheben. Auch alle weiteren Ermittlungen führten bis heute zu keinem Ergebnis.