Stalker in Bamberg: Wie ein 51-Jähriger seine Exfreundin terrorisierte Ein 51-Jähriger fuhr stellte seiner Ex-Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn nach.
Jetzt steht er vor Gericht.
von GERTRUD GLÖSSNER-MÖSCHK
Martina M. (Name von der Redaktion geändert) hat das Recht auf ihrer Seite: Ihrem ehemaligen Lebensgefährten ist es gemäß Gewaltschutzgesetz untersagt, mit ihr Kontakt aufzunehmen und sich ihrer Wohnung weniger als 100 Meter zu nähern.
Um diesen richterlichen Beschluss, der Mitte September vergangenen Jahres ergangen ist, schert er sich aber nicht: Rund 250 Mal fuhr er im Zeitraum zwischen dem 14. September und dem 22. November 2016 mit dem Auto oder dem Motorrad an der Wohnung der 46 Jahre alten Frau vorbei.
Dabei machte er sich meistens lautstark bemerkbar, brüllte aus dem Wagen und brachte damit auch die Nachbarschaft in Rage. Oft drehte er an der nächsten Kreuzung um und fuhr ein zweites Mal an der Wohnung vorbei. Manchmal lauerte er seiner ehemaligen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn an anderen Stellen in der Stadt auf oder rief auf dem Mobiltelefon an.
Kind musste die Schule wechseln Die Belästigungen gingen so weit, dass Martina M. ihren Sohn aus seiner Sprengelschule nehmen musste, weil er auch hier nicht sicher vor dem Vater war. Er besucht jetzt eine Schule, die sehr viel weiter von seiner Wohnung entfernt ist.
Martina M. hat alle ihr bekannt gewordenen Verstöße gegen den richterlichen Beschluss schriftlich dokumentiert und bei der Polizei angezeigt. Damit wurde die unheilvolle Beziehung nicht nur ein Fall für das Familiengericht, das sich demnächst mit der Frage beschäftigen wird, ob der Mann mit seinem achtjährigen Sohn Umgang pflegen darf. Auch das Strafgericht ist jetzt damit befasst: Amtsrichterin Christine Schäl muss entscheiden, ob sich der Mann, ein 51 Jahre alter Handwerker, wegen dieser Nachstellungen und wegen eines Verstoßes "gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz" schuldig gemacht hat, wie es die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift formuliert hat.
Am Dienstag war der zweite Verhandlungstag. Als Zeugin war die für häusliche Gewalt zuständige Polizeibeamtin geladen. Für sie ist dieser Fall "das Extremste, was ich in den letzten 15 Jahren bearbeiten musste". Dass ein richterlicher Beschluss derart konsequent nicht beachtet werde, sei schon außergewöhnlich.
Der Angeklagte habe offenbar keinerlei Unrechtsbewusstsein. Der Polizeibeamtin gegenüber habe er angegeben, dass er in seinem Verhalten die einzige Chance sehe, an sein Kind heranzukommen. Das Opfer Martina M. ist der Überzeugung, dass der Mann die ihm gesetzten Grenzen nicht akzeptieren kann und will und sich deshalb an keine Regel hält. So habe er nicht eingesehen, dass er nicht zu jeder beliebigen Zeit sie und ihre Kinder besuchen durfte. Auf der anderen Seite habe er die regelmäßig angesetzten Besuchstermine mit seinem Sohn in den Räumen eines sozialen Trägers ungenutzt verstreichen lassen: "Er hätte seinen Sohn sehen können, ist aber nicht hingegangen." Dieses Verhalten habe sie bewogen, einen Antrag auf Aussetzung des Umgangsrechts zu stellen.
Martina M. nennt den Mann rücksichtslos. Er wolle nur seinen eigenen Kopf durchsetzen. Ihr achtjähriger Sohn leide unter dem Verhalten des Vaters enorm, sei unsicher und verängstigt. Aus Furcht, der Papa werde ihm auflauern, gehe er nicht allein aus dem Haus und spiele nicht mehr im Hof.
Schon zwei Mal sei der Junge in Panik über die Straße gelaufen ohne sich umzusehen - weil der Papa urplötzlich auf dem Roller oder im Auto aufgetaucht sei. Zu Hause weiche er seiner Mutter nicht von der Seite, wolle nicht einmal in seinem Zimmer allein sein. Auch sie selbst sei "schwerwiegend beeinträchtigt" in ihrer Lebensgestaltung, sagte sie der Richterin. Die Verhandlung wird an zwei weiteren Tagen im März fortgesetzt.