Prozess wegen Schießerei in Utbremen Mutmaßlicher Täter: Aus Panik gehandelt
Ralf Michel 17.01.2017 2 Kommentare Weil ein Mann auf den Ex seiner Lebensgefährtin geschossen haben soll, steht er seit Dienstag vor dem Bremer Landgericht. Der Angeklagte sagt, er habe aus Notwehr gehandelt.
Ein Mann schießt im Treppenhaus auf den Ex-Mann seiner Lebensgefährtin. Der wird zunächst von einem Streifschuss am Arm getroffen, flüchtet die Treppe hinunter, dann trifft ihn die nächste Kugel und verletzt ihn lebensgefährlich. Ein weiterer Schuss trifft als Querschläger eine Nachbarin, durchschlägt ihre beiden Oberschenkel, die 21-Jährige sackt an der Wand zusammen.
Es klingt wie ein blutiger Fernsehkrimi, ist aber Bremer Realität. Passiert am 21. Juli 2016 in einem Mehrfamilienhaus in der Hans-Böckler-Straße. Am Dienstag hat vor dem Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen.
Angeklagter soll schwer depressiv sein
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Totschlag vor. Fünfmal soll er auf sein Opfer geschossen haben. Allerdings sei eine verminderte Steuerungsfähigkeit nicht auszuschließen, denn der Angeklagte sei schwer depressiv gewesen. Der 54-Jährige selbst stellte den Vorgang am ersten Prozesstag als Notwehr dar. Er habe sich nur verteidigen wollen und panisch reagiert.
Hinter der Tat steht ein kompliziertes türkisches Familiengeflecht. Der Angeklagte lebte seit Jahren mit seiner Partnerin und deren Tochter aus erster Ehe zusammen. Die beschreibt das Verhältnis zu ihrem Stiefvater als schwierig. Er habe der Herr im Hause sein und bestimmen wollen, erzählte die heute 21-Jährige als Zeugin vor Gericht. Immer wieder sei es zu Auseinandersetzungen gekommen, aus Rücksicht auf ihre Mutter habe sie aber meist nachgegeben.
Eine Anlaufstelle für sie blieb ihr leiblicher Vater in Cuxhaven, den sie immer mal wieder besuchte. Auch darüber sei ihr Stiefvater nicht erfreut gewesen. Die Lage spitzte sich zu, als bei der Mutter im April 2016 ein unheilbarer Hirntumor festgestellt wurde. Um sich um ihre Mutter kümmern zu können, zog die Tochter zu einem Onkel, in die Nähe der Klinik.
Streit mit dem Stiefvater
Und sie übernahm die finanziellen und behördlichen Angelegenheiten ihrer Mutter. Mit deren ausdrücklicher Zustimmung, wie sie vor Gericht betonte. Doch auch darüber sei es zum Streit mit ihrem Stiefvater gekommen. Der war mit seiner Partnerin lediglich nach islamischem Recht verheiratet und hatte daher kein Mitspracherecht in diesen Dingen.
Am 8. Mai starb die Mutter. Sie wurde in der Türkei beerdigt. Was ihr Ex-Mann regelte und prompt zum nächsten Streit führte. Die Tochter zog anschließend nicht mehr zurück zu ihrem Stiefvater. Am 21. Juli wollte sie ihre Sachen aus der Wohnung holen. Bei dem Umzug halfen ihr leiblicher Vater und eine Reihe seiner Freunde. Den Stiefvater informierte sie erst telefonisch, als sie bereits vor dem Haus standen.
„Als der Anruf kam, war ich gerade erst aus der Tagesklinik zurück, wo ich wegen meiner schweren Depression behandelt wurde“, erklärte der Angeklagte hierzu. Es habe schon vorher Streit gegeben, dabei sei er vom ehemaligen Mann seiner Frau bedroht worden.
Als der nun plötzlich mit so vielen anderen vor seiner Tür stand, „habe ich mich überrumpelt und in die Enge getrieben gefühlt“. Er sei von dem anderen zu Boden geschubst worden und habe dann wohl „in panischer Angst“ auf ihn geschossen. Eine echte Erinnerung daran habe er aber nicht mehr.
Die Verhandlung wird am 26. Januar um 9 Uhr fortgesetzt.
Langjährige Haft für Schützen gefordert Urteil zu Schüssen im Treppenhaus
Ralf Michel 04.05.2017 0 Kommentare
Mord aus Heimtücke, versuchter Totschlag oder doch nur gefährliche Körperverletzung?
Der Prozess gegen einen 54-Jährigen, der fünfmal auf einen Mann geschossen hat, steht kurz vor dem Abschluss. „Acht Jahre und vier Monate Haft“ fordert die Staatsanwaltschaft für den 54-jährigen Angeklagten, „nicht über vier Jahre“ die Verteidigung. In der kommenden Woche fällt das Urteil im Prozess gegen einen Mann, der im Juli 2016 im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses mit einer Pistole mindestens fünfmal auf den Ex-Mann seiner Lebensgefährtin geschossen hat. Das Opfer trug lebensgefährliche Verletzungen davon. In Mitleidenschaft gezogen wurde auch eine völlig unbeteiligte Nachbarin. Die Frau wurde von einem Querschläger im Oberschenkel getroffen.
Die Staatsanwaltschaft sieht nach viermonatigem Prozess den Anklagevorwurf „versuchter Totschlag“ bestätigt, in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz. Der Anwalt des Mannes geht dagegen nur von einer gefährlichen Körperverletzung aus und im Fall der nur zufällig beteiligten Nachbarin von fahrlässiger Körperverletzung. Einer der beiden Nebenklage-Anwälte sprach dagegen in seinem Plädoyer von versuchtem Mord aus Heimtücke.
Mehr zum Thema Schüsse nach Familienstreit in Walle Im Bremer Stadtteil Walle hat ein 53-jähriger Bremer am Donnerstag zwei Menschen durch Schüsse ... mehr » Schießerei in Bremen-Walle: Mann schießt zwei Menschen nieder Die Tat ereignete sich in einem Haus an der Hans-Böckler-Straße, wo der Angeklagte mit seiner Partnerin und deren 21-jährigen Tochter lebte. Vor Gericht berichtete die junge Frau von ständigen Auseinandersetzungen mit ihrem Stiefvater. Den habe unter anderem gestört, dass sie nach wie vor Kontakt zu ihrem leiblichen Vater hielt, der in Cuxhaven wohnt.
Als ihre Mutter schwer erkrankte, zog die Tochter zu einem Onkel in die Nähe der Klinik. Nach dem Tod der Mutter wollte die 21-Jährige dann nicht mehr zurück zu ihrem Stiefvater in die Wohnung an der Hans-Böckler-Straße. Als sie gemeinsam mit ihrem leiblichen Vater und mehreren von dessen Freunden dorthin fuhr, um ihre Möbel abzuholen, ereignete sich der Vorfall mit den Schüssen.
Der Angeklagte sagte hierzu aus, dass er sich von dem Ex-Mann seiner gestorbenen Partnerin schon seit längerem bedroht gefühlt habe. Als der nun plötzlich mit mehreren anderen vor der Tür stand, habe er sich in die Enge getrieben gefühlt und „in panischer Angst“ auf ihn geschossen. Echte Erinnerung an das Geschehen habe er aber nicht, sagte der 54-Jährige aus, der zu dieser Zeit wegen schwerer Depressionen in einer Tagesklinik behandelt wurde.
Das Urteil des Landgerichts wird am Dienstag, 9. Mai, um 15 Uhr verkündet.