MORD IN RANTRUM Prozess beginnt: Ehefrau soll Auftragskiller engagiert haben vom 29. Mai 2015 Aus der Onlineredaktion
Lange war unklar, was genau sich in der kleinen Gemeinde am Husumer Stadtrand abspielte. Heute beginnt der Prozess.
FLENSBURG/RANTRUM | Drei Angeklagte müssen sich von heute an vor dem Landgericht Flensburg wegen eines geplanten Auftragsmords in Nordfriesland verantworten. Bisherigen Erkenntnissen zufolge war ein damals 58-Jähriger Opfer eines Mordkomplotts geworden, das seine Ehefrau mit zwei Männern geschmiedet haben soll. Das Trio habe das Vermögen des Mannes gewollt, heißt es in der Anklage. Für den Prozess sind zunächst neun Verhandlungstage bis Ende Juli angesetzt.
18. September 2014: Die Bluttat
In den späten Nachmittagsstunden wird der bekannte Husumer Immobilienmakler in der Karl-Pohns-Straße in Rantrum (Kreis Nordfriesland) durch mehrere Schüsse lebensgefährlich verletzt. Der 58-Jährige wollte sich gegen 16.20 Uhr ein genaues Bild von einem Haus machen, das er vermitteln wollte. Der mutmaßliche Täter flüchtet auf einem roten Motorrad.
Die zwei herbeigerufenen Notärzte versuchen nach Angaben von Nachbarn über längere Zeit, den Mann zu reanimieren. Schließlich wurde er mit lebensgefährlichen Stichverletzungen mit einem Rettungshubschrauber abtransportiert. Der 58-Jährige wurde notoperiert. Er überlebt, hat aber keine Erinnerung an die Tat.
Anfänglich bekommt die Nachbarschaft nichts von der Bluttat mit, sie hält den Rettungseinsatz wohl für einen „normalen“ Kranken-Einsatz. Erst als nach und nach Polizeifahrzeuge eintreffen und die Spurensicherung mit ihren hellen Schutzanzügen ihre Arbeit aufnimmt, wird vielen Anliegern bewusst, dass sich in dem Haus ein Verbrechen ereignet haben muss.
20. September 2014: Die Polizei sucht den Motorradfahrer
Entsetzen herrscht über die Tat in der Gemeinde Rantrum (Kreis Nordfriesland). Zum Tatmotiv gibt es noch keinerlei Hinweise. Laut Polizeiangaben ist jedes Motiv möglich, von Eifersucht bis hin zu Geldangelegenheiten. Allerdings hat die Polizei mittlerweile einige Details zum Täter ermitteln können.
Anfang Dezember 2014: Die Festnahmen
Der 25 Jahre alte Tatverdächtige wird am 2. Dezember festgenommen. Ein weiterer Mann, der den Schützen angeworben haben soll, wird drei Tage später geschnappt. Am 6. Dezember wird auch die Ehefrau verhaftet. Die Fahnder greifen sie nach einem Besuch in Bulgarien am Hamburger Flughafen auf.
17. Dezember 2014 : Die Ehefrau gesteht
Endlich ist klar: Hinter den beinahe tödlichen Schüssen auf einen Immobilienmakler steckt ein versuchter Mord im Auftrag der Ehefrau des Opfers. Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft bekannt. Die Ehefrau, der Todesschütze und ein der Anstiftung mitverdächtiger Mittelsmann sitzen in U-Haft. Die Ehefrau und der mutmaßliche Schütze haben den Angaben zufolge Geständnisse abgelegt.
Den Haupttäter hat die 43-jährige Ehefrau des Maklers offenbar über einen in Bremen lebenden 36 Jahre alten Mittelsmann gefunden. 30.000 Euro versprach die Auftraggeberin dem Schützen laut Staatsanwaltschaft für einen Mord.
Das Motiv der Ehefrau liege nach bisherigen Erkenntnissen in ihrer unglücklichen Ehe. „Vermutlich hatte sie die Befürchtung, im Falle einer Scheidung leer auszugehen“, sagt Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt. Auch häusliche Gewalt soll es gegeben haben - der Ehemann, der zum Tatzeitpunkt mit der 43-Jährigen in Husum wohnte, bestreite dies allerdings. Bei der Frau habe sich dann „der Entschluss gebildet, ihren Ehemann loszuwerden“.
Auf die Schliche kam eine achtköpfige, extra für diesen Fall eingerichtete Mordkommission dem Schützen durch digitale Spuren: Der 25-Jährige war in dem Rantrumer Wohngebiet von einer Videokamera aufgezeichnet worden. Zudem hatte er von dort vor der Tat mehrere Telefonate mit seinem Handy geführt. In diesen und später entstandenen Verbindungsdaten sieht der Flensburger Staatsanwalt Axel Schmidt den Schlüssel zum Fahndungserfolg. Die Polizei stimmt zu: „Ich habe kein anderes Verfahren in Erinnerung, wo so intensiv Telekommunikationsdaten ausgewertet wurden“, sagte damals Michael Raasch, Leiter der Kriminalpolizei Husum.