29 Jahre nach Doppelmord in Völklingen: Verdächtiger in Haft 10. Februar 2025 17:12 Uhr
Ein Ehepaar wird in seiner Wohnung in Völklingen ausgeraubt und erschlagen. Der Fall bleibt jahrzehntelang ungelöst. Nun führt ein neuer DNA-Treffer zum mutmaßlichen Täter. Fast 30 Jahre nach dem Doppelmord an einem Ehepaar in Völklingen ist ein Verdächtiger gefasst worden. Der 70-Jährige befindet sich bereits seit September in Haft, wie ein Sprecher des Landgerichts Saarbrücken mitteilte. Gegen ihn sei Anklage wegen zweifachen Mordes sowie versuchten Mordes in acht Fällen erhoben worden. Der Prozess soll Anfang März beginnen.
Der heute 70-Jährige soll im Dezember 1996 ein Ehepaar in dessen Wohnung erschlagen und ausgeraubt haben - aus Heimtücke und Habgier. Danach soll er die Wohnung in Brand gesetzt haben, um seine Tat zu verdecken. Dabei nahm er den Ermittlern zufolge in Kauf, dass die anderen acht Menschen im Gebäude ebenfalls sterben können.
DNA-Treffer führte zum Angeklagten
Durch die regelmäßige Bearbeitung sogenannter Cold Cases waren die Ermittler auf die neue Spur gekommen. Im Fall des Doppelmords habe durch neue kriminaltechnische Erkenntnisse ein DNA-Treffer zu dem Angeklagten geführt. Dieser war bereits 1996 als Zeuge vernommen worden, jedoch hatte sich damals kein Tatverdacht ergeben.
Prozess in Saarbrücken: 71-Jähriger wegen Mordes an Ehepaar vor Gericht
Publiziert6. März 2025, 13:29 Doppelmord: Cold Case Völklingen – DNA-Spuren belasten Angeklagten im Prozess Ein 71-Jähriger steht in Saarbrücken vor Gericht. Er soll 1996 ein Ehepaar in Völklingen ermordet haben.
Katja Sponholz/dpa
Blutspuren in einer Geldbörse und an einer Tasche spielen in einem Mord-Prozess vor dem Landgericht Saarbrücken eine besondere Rolle: Fast 30 Jahre nach dem Mord an einem Ehepaar in Völklingen geben sie Hinweise auf den mutmaßlichen Täter. Jetzt wird ein heute 71-Jähriger vor Gericht angeklagt.
Der Mann, laut Anklageschrift jordanischer Staatsangehöriger, sagt von sich selbst, er sei in Palästina geboren und staatenlos. Angeklagt ist er wegen zweifachen Mordes sowie wegen versuchten Mordes in acht Fällen. Zum Prozessauftakt schwieg er zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger kündigte an, dass sein Mandant «voraussichtlich» eine Einlassung geben werde, «aber nicht am heutigen Tag».
Ehepaar von hinten erschlagen Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem früheren Schlosser vor, im Dezember 1996 ein Ehepaar in dessen Wohnung erschlagen und ausgeraubt zu haben – aus Heimtücke und Habgier. Dabei soll er mit Wucht mehrfach auf ihre Hinterköpfe eingeschlagen haben. Nach früheren Ermittlungen kam eine abgebrochene Gardinenstange als Tatwerkzeug in Frage. Danach soll er die Wohnung in Brand gesetzt haben, um zu versuchen, seine Tat zu verdecken und dabei acht Menschen in dem Mehrfamilienhaus «heimtückisch und grausam» zu töten.
Die Frau (51) war nach dem Überfall noch am Tatort den schweren Kopfverletzungen erlegen, der Ehemann (40) war einen Tag später im Krankenhaus gestorben.
Die Ermittler waren dem mutmaßlichen Täter durch die regelmäßige Bearbeitung sogenannter Cold Cases auf die Spur gekommen. Eine Polizeibeamtin berichtete von neuen kriminaltechnischen Erkenntnissen durch DNA-Auswertungen. So ließen sich Blutspuren im Inneren einer angebrannten Geldbörse in einer Schublade dem Angeklagten zuordnen. Ebenso an einer Badetasche, die sich hinter Kleidung in einem Schrank befand. «Dadurch gab es eine ganz neue Ermittlungsrichtung», sagte die Beamtin.
Bereits 1996 wurde der Angeklagte als Zeuge vernommen Sie hatte die DNA-Spuren 2024 neu untersuchen lassen, weil es ihr nicht schlüssig vorkam, dass sich vermeintliche Blutspritzer der Opfer in einem Schrank beziehungsweise einer geschlossenen Geldbörse befunden haben sollten. Sie vermutete, dass sich der mutmaßliche Mörder bei der Tat selbst verletzt habe.
Auffällig sei es zudem gewesen, dass an mehreren Stellen Feuer gelegt worden sei: «Genau in der Schublade, wo wir später die Blutspuren des Angeklagten gefunden haben. Was natürlich darauf hindeutet, die Spuren zu vernichten», sagte sie. Weil es keine Einbruchsspuren gab, gehe man davon aus, dass sich Täter und Opfer kannten.
Bereits 1996 war der heutige Angeklagte als Zeuge vernommen worden, weil die Mordkommission gemeinsame Fotos von ihm und dem Ehemann in der Wohnung entdeckt und ihn mit Hilfe von Zeugenaussagen identifiziert hatte. Damals hatte er ausgesagt, er kenne das Ehepaar nicht und sei auch nie bei ihm zu Hause gewesen. Der Prozess wird am 18. März fortgesetzt. Ein Urteil könnte am 30. April fallen.
Die Plädoyers im Cold Case aus Völklingen sind gehalten und gehen sehr weit auseinander. Während die Staatsanwaltschaft Lebenslänglich fordert, sieht die Verteidigung mangelnde Indizien. Das Urteil im Prozess um das ermordete Ehepaar soll am 4. Juni fallen.Thomas Gerber / Onlinefassung: Rebecca WehrmannIm Doppelmordprozess von Völklingen hat die Staatsanwaltschaft eine lebenslängliche Freiheitsstrafe beantragt. Auch die Nebenkläger plädierten auf lebenslänglich. Sie forderten, ebenso wie die Staatsanwaltschaft, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.
Plädoyers im Doppelmordprozess Völklingen gehalten Im Prozess um den Mord an einem Ehepaar vor 30 Jahren in Völklingen sind die Schlussplädoyers gehalten worden. Die Staatsanwaltschaft hat für den Angeklagten lebenslange Haft beantragt. Der Verteidiger plädierte dagegen auf Freispruch.Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass der inzwischen 70 Jahre alte Angeklagte, vor fast 30 Jahren das Ehepaar in dessen Wohnung heimtückisch aus Habgier erschlagen hat.Angeklagter ist vielfach vorbestraftZudem sei er wegen siebenfachen versuchten Mordes zu verurteilen, da er in dem Mehrparteienhaus Feuer gelegt habe, um den Mord zu vertuschen. Es gebe zwar keine unmittelbaren Beweise, wie Zeugen oder Videoaufnahmen, aber zahlreiche Indizien wie etwa DNA-Spuren des Angeklagten unter den Fingernägeln eines der Opfer oder Blut des Angeklagten in einer Schublade.Des Weiteren sprächen die Vorstrafen eine eindeutige Sprache. Nicht nur ein gutes Dutzend Eintragungen unter anderem wegen Rauschgiftbesitzes, sondern auch ein versuchter Mord. 1983 habe er wegen 400 D-Mark auf einen Mann eingestochen, der nur per Not-OP gerettet werden konnte.
Verteidigung hält an Alibi festDie Verteidigung plädierte dagegen auf Freispruch, sie hält die Indizien nicht für ausreichend. Der 70-Jährige habe für die Tatzeit ein Alibi, sei in der Saarbrücker Drogenszene unterwegs gewesen. Das jedoch konnte keiner der Zeugen während des Prozesses bestätigen.Das Urteil ist für den 4. Juni geplant.Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 21.05.2025 berichtet.
Cold Case nach 29 Jahren aufgeklärt Urteil gefällt: Keine lebenslange Haft für den Doppelmörder von Völklingen Saarbrücken · Nach fast drei Jahrzehnten ist der spektakuläre „Cold Case“ von Völklingen aufgeklärt. Ein 70-Jähriger wurde wegen zweifachen Mordes zu langer Haft verurteilt. Der Durchbruch gelang einer Ermittlerin durch DNA-Spuren an ungewöhnlichen Orten.
04.06.2025 , 14:14 Uhr 5 Minuten Lesezeit
Michael Kipp Von Michael Kipp Chefreporter Fast drei Jahrzehnte lang galt der Doppelmord an einem Ehepaar in Völklingen als ungelöst. Am 15. Dezember 1996 hatte ein Täter die 51-jährige Frau und ihren 40-jährigen Ehemann mutmaßlich mit einer abgebrochenen Gardinenstange erschlagen, die Wohnung anschließend angezündet. Sieben weitere Bewohner entgingen nur knapp dem Tod. Doch trotz Fotos, die den späteren Täter in der Wohnung gezeigt haben, und Zeugenvernehmungen blieb der Fall bis 2024 ein Rätsel – bis eine Ermittlerin der „Cold Case“-Abteilung Blutspuren in einer „verschlossenen Geldbörse“ entdeckte – was am Ende in die Anklage eines heute 70-jährigen Mannes vor dem Saarbrücker Landgericht mündete.
DNA-Beweise: Der Schlüssel zur Wahrheit
Die Ermittlerin fragte sich auch im Zeugenstand: „Es kann doch nicht sein, dass das Blut in eine geschlossene Geldbörse fliegt.“ Sie veranlasste, dass die Spuren von Experten der Homburger Uniklinik mit modernen Methoden erneut untersucht wurden – mit durchschlagendem Erfolg. Die DNA des Angeklagten klebte an den Asservaten. Weitere Untersuchungen ergaben, dass sich DNA-Spuren des Mannes auch unter den Fingernägeln des männlichen Opfers befanden, für Richter Andreas Lauer ein Indiz für ein „eventuelles Kampfgeschehen“. Im September 2024 erfolgte die Festnahme des DNA-Trägers – ein Meilenstein für die saarländische „Cold Case“-Einheit.
Gericht sieht verminderte Steuerungsfähigkeit
Wie die Saar-Polizei nach 30 Jahren einen mutmaßlichen Doppelmörder ermitteln konnte Die Staatsanwaltschaft um Oberstaatsanwalt Mario Krah forderte in einem bemerkenswert schlüssigen Plädoyer lebenslange Haft mit Feststellung der „besonderen Schwere der Schuld“. Krah argumentierte unter anderem mit dem Motiv Habgier: Der Täter habe 9000 Mark in der Wohnung vermutet, die die Frau heimlich für ein Auto gespart hatte, das sie ihrem Mann schenken wollte. „Von dem Geld fand sich nach der Tat keine Spur mehr in der Wohnung“, erklärte Richter Lauer in der Urteilsbegründung. Lauer betonte auch, es gebe keine Zweifel, dass der Angeklagte der Täter sei: Das Plädoyer des Oberstaatsanwaltes habe dies sehr schlüssig herausgearbeitet. Dennoch folgte das Gericht nicht in Gänze Krahs Forderungen. Stattdessen erkannte es eine „verminderte Steuerungsfähigkeit“ des Angeklagten aufgrund akuter Drogensucht an.
Der Suchtdruck habe die Tat dominiert, nahm Lauer „im Zweifel für den Angeklagten“ an. Nachweisen konnte der Prozess diesen Suchtdruck nicht. Dennoch: Der Suchtdruck habe zu einer verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten geführt. Diese Einschätzung senkte den Strafrahmen von ursprünglich lebenslänglich auf drei bis zu 15 Jahren. Die finale Strafe von 14 Jahren bewegt sich also am oberen Ende des Strafrahmens und setzt sich aus zwei Morden und sieben versuchten Morden zusammen.
Warum keine lebenslange Haft? Auch die Entscheidung gegen die „besondere Schwere der Schuld“ hat weitreichende Folgen: Der Verurteilte kann nach zwei Dritteln der Haftzeit – also nach etwa 9,5 Jahren – vorzeitig entlassen werden. Krahs Verweis auf 17 Vorstrafen, darunter ein versuchter Mord von 1983, wog hier weniger schwer als die akute Sucht zum Tatzeitpunkt, erklärte der Richter. Dennoch: Für den 70-Jährigen beginnt nun eine Haftstrafe, die angesichts seines Alters de facto lebenslang sein könnte.
Die Verteidigung: Alibi und „erfundene Mordmerkmale“ Rechtsanwalt Christian Schmieden, Verteidiger des 70-Jährigen, kündigte an, die „Revision prüfen zu wollen“. Sein Mandant bestritt die Tat und berief sich auf ein Alibi in der Saarbrücker Drogenszene. Zudem erklärte er, die Blutspuren stammten vom Nasenbluten beim Drogenkonsum in der Wohnung des Opferpaares. Richter Lauer wies dies zurück.
Opferfamilien: Erleichterung nach 29 Jahren Schweigen Für die Kinder des ermordeten Paares endete mit dem Urteil eine jahrzehntelange Qual. „Das Urteil ist eine große Erleichterung für mein Mandantin, eine Genugtuung“, sagte ihre Anwältin Rosetta Puma, die die Kinder als Nebenkläger vertritt. Die Kinder seien bis heute in Therapie, hätten aber nie die Hoffnung aufgegeben. Die Nebenklage akzeptiert das Urteil als späten Schritt zur Gerechtigkeit, will keine Revision einlegen.