DER FALL SIEMENS/BARKEMEYER Seit 30 Jahren Vermisst 05.08.05, 02:00 Uhr EMAIL FACEBOOK TWITTER MESSENGER
Sollten sie doch noch leben, sind sie heute 47 Jahre alt. Seit drei Jahrzehnten hat niemand mehr etwas von ihnen gesehen oder gehört. Die Rede ist von Michael Siemens und Torsten Barkemeyer. Das Verschwinden der beiden Hamburger Schüler im Juli 1975 machte bundesweit Schlagzeilen. Von einem Fall, der "in der Kriminalgeschichte ohne Parallele" ist, sprach damals die Illustrierte "stern".
Eine winzige Zeitungsnotiz unter der Rubrik "Amtliche Bekanntmachungen" erinnerte dieser Tage noch einmal an diese Geschichte. Und gleichzeitig hat sie dadurch auch ein offizielles Ende gefunden: Denn das Amtsgericht Hamburg erklärte jetzt beide vermissten Männer für tot. Für die Eltern endlich die Chance, einen Schlussstrich zu ziehen? Äußern möchten sie sich jedenfalls nicht mehr. "Was bringt das noch? Dadurch werden sie auch nicht wieder lebendig", so eine der beiden Mütter.
Die Frage, die bis heute ungeklärt ist und wohl auch nie mehr geklärt wird: Was geschah am 19. Juli 1975 in Mittenwald? In dem bayerischen Alpenkurort machen die beiden Schüler des Hamburger Caspar-Voght-Gymnasiums zum ersten Mal Urlaub ohne die "Alten". Sie steigen in der Pension "Jägersruh" ab, haben vor, von dort aus Ausflüge nach Österreich und in die Schweiz zu unternehmen.
Am dritten Urlaubstag gegen 18 Uhr verabschieden sie sich. Sie wollen sich vor dem Abendessen "noch einmal die Füße vertreten", sagen sie. Als am nächsten Morgen die Pensionswirtin die Betten der 17-Jährigen unberührt vorfindet, ruft sie die Polizei und erstattet Vermisstenanzeige.
Am Abend des Verschwindens hat es in Mittenwald ein Fackel- und Bierfest gegeben mit hunderten von Besuchern. Trafen die beiden dort auf ihren Mörder? Eine der Theorien, denen die Polizei nachgeht. Ohne Ergebnis.
Auf eine andere Spur bringt die Fahnder der Wirt der Ederkanzel, eines Berglokals oberhalb von Mittenwald. Er hat an dem Abend vor seinem Haus gemäht und in 300 Metern Entfernung im Gegenlicht schemenhaft zwei Gestalten gesehen. Die beiden bewegten sich auf den 1588 Meter hohen Grünkopfgipfel zu. Sind Michael Siemens und Torsten Barkemeyer vielleicht abgestürzt?
Eine Hellseherin, bei der die Eltern in ihrer Verzweiflung Rat suchen, gibt dieser Theorie Nahrung. Doch die Bergwacht sucht wieder und wieder das unwegsame Gelände ab. Sie findet nichts.
Natürlich beschäftigt sich die Polizei auch mit der Frage, ob die beiden einfach nur ausgerissen sind. Doch dazu passt ihr Profil nicht: Sie gelten als schüchtern, naiv und keineswegs waghalsig.
Wenig später ereignen sich rätselhafte Dinge. So will Petra Klaus, eine Tierarzthelferin und ehemalige Klassenkameradin, Torsten Barkemeyer elf Tage nach dessen Verschwinden in Hamburg gesehen haben, ganz in der Nähe der elterlichen Wohnung in Horn. Sie habe "Hallo" gesagt, er habe mit "Hallo" geantwortet, sei rot geworden und weitergegangen.
Und auch in Mittenwald behaupten Feriengäste, den beiden noch in der Woche nach dem Verschwinden über den Weg gelaufen zu sein. Und zwar beim Grenzübergang Scharnitz. Irrtum? Verwechslung? Wichtigtuerei? Oder lebten die beiden da tatsächlich noch?
Tatsache ist: Michael Siemens und Torsten Barkemeyer sind nie wieder aufgetaucht. Zurückgeblieben sind Eltern, die sich bis heute das Hirn zermartern - zwei Familien, für die das Leben nie wieder so sein wird, wie es einmal war.
Das Verschwinden der beiden 17jährigen Hamburger Schüler, die am Sonnabend in Mittenwald bei Garmisch-Partenkirchen verschwunden sind, ist nach wie vor ungeklärt. Die bayerische Grenzpolizei Mittenwald hatte auch am Freitagabend von Torsten Barkemeyer aus Horn und Michael Siemens aus Hamm noch keine Spur gefunden.
Heute, am Sonnabendabend, will die Polizei in Mittenwald Einwohner und Touristen der 10 OOO-Seelen-Gemeinde per Lautsprecherwagen um Hilfe bitten.
Meines Erachtens könnten sich die beiden Schüler damals in dieser Region ohne Ortskenntnisse sehr wahrscheinlich verlaufen haben und anschließend irgendwo auf einer bis heute unbekannten Strecke einen tödlichen Unfall erlitten haben.
Ein spontanes und freiwilliges Verschwinden in diesem Alter, ohne ausreichende Geldmittel und langfristige Perspektive, halte ich grundsätzlich für ausgeschlossen.