Ein wichtiger Berufshund mit Spezialausbildung ist der Leichenspürhund, der Leichen in allen Stadien der Verwesung auffinden kann. Er findet seinen Einsatz unter anderem bei dem THW und der Polizei. Bei der Polizei wird der Leichenspürhund zusätzlich noch auf Blutspuren konditioniert und so zum sogenannten Leichen- und Blutspürhund ausgebildet. So zumindest bei der Polizei in Niedersachsen. Dabei wittert er auch Leichen, die, je nach Bodenbeschaffenheit, in einer Tiefe von 50 cm bis zu zwei Metern vergraben sind. Auch Orte, an denen eine Leiche einmal gelegen hat, bleiben dem Leichensuchhund selbst dann nicht verborgen, wenn diese Stelle gründlich gereinigt wurde. Würde ein Gerichtsmediziner aus einer Leiche einige Filetstücke herausschneiden, damit Diensthundeführer damit ihre Leichensuchhunde ausbilden können, wäre dies sicherlich eine gute Story für die Zeitung, doch die Realität sieht bedeutend weniger spektakulär aus. Der Leichensuchhund wird auf den Geruch von Leichen, der sich von dem Geruch lebender Personen gravierend unterscheidet, dadurch konditioniert, dass Textilien, die mit dem Leichengeruch kontaminiert sind, in ein verschließbares Plastikröhrchen gesteckt werden, welches der angehende Leichensuchhund nun suchen muss. Solche Textilien können Bekleidungsstücke von Toten, ein Leichentuch oder Ähnliches sein. Teilweise wird auch Schweinefleisch verwendet, da dies dem menschlichen Fleisch sehr ähnlich ist.
Die Polizeihunde-Ausbildung zum Leichensuchhund dauert mit acht bis zwölf Wochen zwar nicht länger als jede andere Spezialausbildung auch, dennoch gibt es in Deutschland nur verhältnismäßig wenig Leichensuchhunde. In der Schweiz sind es sogar nur insgesamt 4 Leichensuchhunde, die im Dienst der Kantonspolizei stehen, wobei die Kantonspolizei in Zürich ihren Bestand von derzeit einem Leichensuchhund auf zwei Hunde erweitern will. Suchhunde schnuffeln bei der konzentrierten Sucharbeit mit bis zu 5 Atemzügen pro Sekunde. Sie können daher nur etwa 20 Minuten am Stück konzentrierte Sucharbeit leisten, weshalb für großflächige Suchaktionen auch Leichensuchhunde anderer Hundestaffeln hinzugezogen werden. Kann die Leiche innerhalb von 20 Minuten dennoch nicht gefunden werden, so ist nach einer entsprechenden Pause die Fortsetzung der Suche möglich. Da bei Leichen aus biologisch naheliegenden Gründen keine Fluchtgefahr besteht und Tote in der Regel auch nicht explodieren, ist keine Eile geboten und so stellt dies auch kein Problem dar. Hat der Hund die Leiche oder den ehemaligen Leichenort gefunden, so zeigt er seinem Hundeführer diese Stelle durch Kratzen und/oder Beißen an, wofür er dann mit seinem Bringsel belohnt wird. Mit einer Zusatzausbildung zur Wassersuche, werden Gewässer auf speziell für die Suche mit Hund ausgerüsteten Booten (siehe Beitragsbild) nach Leichen oder Leichenteilen abgesucht. Die Wassertiefe spielt dabei keine Rolle.
Der Spürhund riecht Blut noch durch frische Wandfarbe
Veröffentlicht am 23.06.2016 Von Cirstin Listing
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Blut und Leichen hinterlassen Gerüche. Egal, ob der Leblose nur kurz oder lange an einem Ort gelegen hat, ein geübter Hund riecht tote Körper „von ganz ganz frisch bis ganz alt“, so Polizeihauptkommissarin Iris E. „Er riecht das Cadaverin, ein Abfallprodukt einer Aminosäure, die beim Zerfallen von Körperzellen entsteht.“ Im Laufe der acht Jahre, die sie mit Leichenspürhunden arbeitet, hat sie eine Menge gelernt. „Man sagt, dass jedes Verwesungsstadium einer Leiche anders riecht. Der Mensch kann den Leichengeruch von Mensch und Tier nicht unterscheiden.“ Der Hund allerdings schon.
Doch dazu müsse der Hund mit jedem Verwesungsgrad in Kontakt kommen. Geübt wird deshalb mit allem, was ethisch unproblematisch zu bekommen und nutzen ist. Wer von den Kollegen zum Blutabnehmen zum Arzt geht, bringt ein Röhrchen für das Hundetraining mit, Fäulnisflüssigkeit spendet die Gerichtsmedizin. Sichergestellte Kleidungsstücke mit Blutspuren, weil ein Täter die Kleidung zum Tatzeitpunkt getragen hat, kommen vom LKA. Zudem ist jeder Einsatz für die Hunde zugleich eine Trainingseinheit. Sie werden kurz an die Leichen herangeführt, um den Geruch aufzunehmen.
Trainiert wird auf dem Polizeigelände ebenso wie im Wald, auf einem alten Krankenhausgelände, auf Bahnsteigen oder in U-Bahn-Unterführungen. Auch in Autos, die die Polizei während ihrer Einsätze sichergestellt hat. „Geräusche, Gerüche, Menschen sind wichtig, denn im Einsatz dürfen sie nicht auf andere Hunde und fremde Menschen reagieren.“
Chili muss Gegenstände und Orte Millimeter für Millimeter abschnüffeln. Sie wedelt wild mit der Rute, während sie mit der Schnauze der Hand der Polizeihauptkommissarin folgt, die am Treppengeländer entlanggleitet, bricht kurz aus, kehrt auf Kommando wieder zurück. Eine wilde Jagd auf kleinem Raum. Kurz hinter dem Treppenabsatz stoppt Chili, die Zunge fährt kurz heraus. Geschmackstest, ob die Nase nicht getrogen hat und es sich wirklich um Blut handelt, dann bellt sie laut. Mit einem Knackgeräusch stoppt ihre Trainerin sie – es ist das Zeichen für Chilis Fahndungserfolg. Anzeige Hundeführer zeigen keine Emotionen im Einsatz
Chili speichert den Geruch ab und erkennt ihn während des Polizeieinsatzes wieder. Jetzt darf sie spielen. Ein gelber Stofflappen muss dran glauben, die Hündin mit den schwarzen Ohren reißt ihn wild in Fetzen. Eine Viertelstunde ungefähr dauert eine Übungseinheit, dann ist einer der anderen Hunde dran. Auch während der Einsätze wird abgewechselt.
Doch einen Unterschied gibt es. Egal, wie sehr sich der Hundeführer über die Arbeit seines Tieres freut, „aus einem Einsatz gehe ich emotionslos“. Die 49-Jährige findet: „Dort hat das Loben ein Geschmäckle, wir sind ja oft in Großlagen, Zuschauer und Presse sind vor Ort.“
Leichenhunde haben den Ermittlern im Fall der verschwundenen Madeleine vielleicht entscheidend geholfen. Der Leiter eine Polizei-Hundeschule erläutert die Fähigkeiten der Vierbeiner. Von Interview: Martin Kotynek
Drei Monate nachdem die dreijährige Madeleine aus einer Ferienanlage in Portugal verschwunden ist, hat ein Leichenhund Blut im Apartment der Familie entdeckt. Einem Ermittler zufolge müsse sich in dem Zimmer daher mindestens zwei Stunden lang eine Leiche befunden haben. Erst dann könnten die Spürhunde den Geruch wahrnehmen. Die SZ sprach mit Johann Feichtner, der die Polizeidienst-Hundeschule in Herzogau im Bayerischen Wald leitet und für die Ausbildung aller 380 Polizeihunde in Bayern zuständig ist.
Leichenhunde
SZ: Nach drei Monaten konnten die Spürhunde im Fall Maddie noch Blut an der Wand erschnüffeln. Kann man das glauben?
Feichtner: In unseren Versuchen konnten Leichenhunde sogar noch nach einem Jahr einen Blutstropfen aufspüren. Auch, wenn die Stelle sorgfältig gereinigt wurde, riechen die Hunde das Blut. Dabei ist die benötigte Menge minimal, oft sehen wir mit freiem Auge beim besten Willen keinerlei Spuren, die Hunde melden aber trotzdem einen Fund.
SZ: Zwei Stunden muss eine Leiche an einer Stelle gelegen haben, bis der Hund etwas riecht. Wieso?
Feichtner: Bei Leichenfunden und auch bei Kleidung, die Leichen trugen, stimmt das in etwa, der Tote muss sich zwischen vier bis sechs Stunden an einem Ort befunden haben. Die Zeitspanne hängt von Luftfeuchtigkeit und Temperatur ab. Bei Blut ist das anders, das können ausgebildete Spürhunde in jedem Stadium riechen, also auch sofort nach dem Austritt aus dem Körper. Das gilt auch für Blutspuren auf Tatmessern.
SZ: Riechen Leichen und Blut also unterschiedlich?
Feichtner: Nein. Leichen gehen genauso wie Blut in ein Verwesungsstadium über, in dem sich charakteristische Eiweißstoffe zersetzen. Auf diese wird der Hund in der Ausbildung konditioniert. Während der Verwesungsprozess bei Blut aber sofort einsetzt, muss er bei Leichen schon einige Zeit angedauert haben, bis die Stoffe für den Hund erkennbar werden.
SZ: Wenn Blut und Leichen für die Hunde gleich riechen, wie können sie dann erkennen, ob der Mensch zum Zeitpunkt der Verwundung tot war?
Feichtner: Das können die Hunde nicht. Der Mensch, von dem das Blut in Madeleines Apartment stammt, kann ohne weiteres schon vor einem Jahr dort geblutet haben und heute noch leben.
SZ: Wie bringt man Hunden bei, nach Toten zu suchen?
Feichtner: Durch Spiele. Unsere Ausbilder lassen sich beim Amtsarzt Blut abzapfen oder wir nehmen Kleidung von Leichen. Die stecken wir dann in ein sogenanntes Bringsel, also in ein Plastikröhrchen mit Löchern. Das ist das Lieblingsspielzeug der Leichenhunde. Wir verstecken es und die Hunde wollen uns ihr Spielzeug unbedingt zurückbringen. Nach der Ausbildung suchen die Hunde weiterhin nach dem Geruch ihres Spielzeugs und führen uns so zu den Leichen.
SZ: Welche Hunde sind geeignet?
Feichtner: Wir bilden alle Hunde auch zu Schutzhunden aus, sie müssen daher auch Täter verbellen können. Labradore kommen also nicht in Frage. Außerdem müssen die Hunde einen großen Spiel- und Beutetrieb haben. Mit dem Deutschen und Belgischen Schäferhund, sowie mit Riesenschnauzern haben wir die besten Erfahrungen gemacht.