Brandenburg/Havel Brandenburg an der Havel Der älteste Mörder Brandenburgs ist tot Die Geschichte eines Brandenburger Mörders, der Anfang Januar gestorben ist. Herbert M. wurde kurz nach der Wende trotz lebenslanger Haftstrafe begnadigt, durfte die JVA verlassen. Ein fataler Fehler: Bald darauf tötete er zwei Kinder.
Brandenburg/H Vor einigen Tagen ist der älteste inhaftierte Mörder im Land Brandenburg gestorben, kurz nachdem er in der JVA Brandenburg/Havel sein 85. Lebensjahr vollendet hatte. Herbert M. hat zwischen 1950 und 1992 drei Kinder und eine Frau umgebracht. Etwa 55 Jahre seines Lebens verbrachte der Mann, der nach zwei Haftentlassungen erneut rückfällig geworden war, hinter Gittern.
„Vor Gericht hat Herbert M. genüsslich erzählt, wie er zwei Kindern in einer Silvesternacht die Kehlen durchgeschnitten hat“, erinnert sich mit Schaudern ein Zeitzeuge an den Prozess 1992 vor dem Landgericht Berlin.
Gegen Ende seines Lebens hat Herbert M. wiederholt Journalisten in seiner Zelle empfangen und aus seinem Leben erzählt. Allerdings nur wenig über seine Verbrechen. Die erschließen sich aus seiner Akte.
58 Menschen verbüßen lebenslange Strafen in Brandenburg 55 Männer und drei Frauen, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden sind, befinden sich derzeit als Gefangene im Justizvollzug des Landes Brandenburg, teilt das Justizministerium in Brandenburg mit.
Der Älteste von ihnen ist 75 Jahre alt und der Einzige, der älter ist als 70. Er sitzt in der JVA Brandenburg/Havel ein.
Herbert M. war also mit 85 Jahren bis zu seinem Tod Anfang Januar der mit Abstand älteste Lebenslängliche im Bundesland Brandenburg.
Herbert M. wurde im Dezember 1933 in einer sächsischen Kleinstadt geboren. Er war 16 Jahre alt, als er ein Mädchen aus seiner Nachbarschaft in den Wald zum Beerenpflücken lockt. Er vergreift sich an der Fünfjährigen. Sie schreit. Daraufhin würgt er sie und sticht auf sie ein. Ein DDR-Bezirksgericht verurteilt ihn zu acht Jahren Jugendgefängnis.
Nach seiner Entlassung heiratet er zweimal. Einem Spiegel-Mitarbeiter vertraut Herbert M. vor etwa fünf Jahren an, dass er seinen Ehefrauen von der Tat erzählt habe, aber nicht im Detail. Warum nicht? Herbert M. sagt im Spiegel-Interview, er habe Angst gehabt, die Frauen würden „aus einer Mücke einen Elefanten machen“.
Mit 34, also im Jahr 1968, begeht Herbert M. erneut einen Mord. Nach dem Kneipenbesuch in einer thüringischen Kleinstadt begleitet er eine junge Frau nach Hause. Als sie ein Zusammenleben mit ihm ablehnt, würgt er die Frau und sticht in ihre Brust. Wieder mit einem Taschenmesser.
Begnadigung nach der Wende Das zuständige Gericht verurteilt ihn zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, die er 22 Jahre lang verbüßt. Bis 1990. Warum Herbert M., der sich nie mit seinen Taten auseinandergesetzt und nie an einer Therapie teilgenommen hat, dennoch in Freiheit kommt, erklärt der Spiegel-Autor Hauke Goos so:
„Nach dem Fall der Mauer besuchten Beamte aus dem Westen die Gefängnisse der zerfallenden DDR. Sie sprachen gezielt Langzeithäftlinge an und verteilten Antragsformulare für eine Entlassung. Wer 15 Jahre oder länger in einem DDR-Gefängnis inhaftiert war, sollte wie in der BRD eine Chance auf Freilassung bekommen.“
Herbert M. beantragt also seine Freilassung und wird im September 1990 begnadigt. Sein neues Leben im ungeteilten Berlin hält etwas mehr als ein Jahr und drei Monate. Eine Bekannte fragt ihn, ob er in der Silvesternacht 1991 auf ihre beiden kleinen Töchter aufpassen könne, weil sie mit einer Freundin feiern möchte.
Zwei Mädchen sterben Der Mörder willigt ein, spielt am letzten Abend des Jahres mit den vier und fünf Jahre alten Jahre alten Mädchen, bis sie ins Bett gehen. Als die Kleinen schlafen, zieht M. sich in eine nahe gelegene Kneipe zurück. Am Neujahrsmorgen kehrt er leicht angetrunken zurück.
Was dann aus welchem Grund geschieht, dieses Geheimnis hat der Sachse mit ins Grab genommen. Dem Gericht erzählt er, dass die Kinder gequengelt hätten. Herbert M. lässt beide Mädchen jedenfalls tot in der Wohnung zurück. Mit dem Küchenmesser hat er seinen Opfern laut Gerichtsurteil „mit mächtigen Schnitten“ die Kehlen durchtrennt und den Bauch geöffnet.
Im Gefängnisalltag unauffällig Wegen Totschlag verurteilt ihn das Landgericht in Berlin erneut zu lebenslanger Haft. Das Gefängnis verlässt Herbert M. fortan nie mehr. Er arrangiert sich mit seinem Leben hinter Gittern, verhält sich in der Gefängniswelt unauffällig.
Als er 80 Jahre alt wird, stellen die Ärzte eine schwere Krankheit fest. Seine Lebenserwartung geben sie mit 84 Jahren an. Schwerstkrank vollendet Herbert M. noch das 85. Lebensjahr. Drei seiner Opfer sind nicht älter als vier und fünf Jahre geworden. Ein Opfer war Anfang 20, als es in die Hände des Mörders fiel.