Verurteilung im "Mordfall Klosterwald" rechtskräftig
Beschluss vom 7. Februar 2023 - 3 StR 321/22
Das Landgericht Osnabrück hat den Angeklagten im dritten Rechtsgang wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine hiergegen gerichtete Revision hatte keinen Erfolg.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen tötete der in einem Maßregelvollzugszentrum in Bad Rehburg untergebrachte, vielfach wegen erheblicher Sexualdelikte vorbestrafte Angeklagte am 12. September 2015 während eines unbegleiteten Ausgangs die ihm unbekannte 23 Jahre alte Geschädigte in einem nahegelegenen Waldstück, dem sog. "Klosterwald". Dabei handelte er entweder zur Befriedigung des Geschlechtstriebs oder zur Verdeckung einer vorher an ihr begangenen Sexualstraftat. Für die Überführung des die Tat bestreitenden Angeklagten war nach der Beweiswürdigung des Schwurgerichts ein weit abseits befestigter Wege in Tatortnähe aufgefundenes Kaugummipapier von wesentlicher Bedeutung, welches ausweislich einer DNA-Analyse dem Angeklagten zuzuordnende Blutanhaftungen aufwies.
Diesem Erkenntnis war im ersten Rechtsgang eine Verurteilung durch das Landgericht Verden wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten mit anschließender Sicherungsverwahrung vorausgegangen, die auf die Revision der Nebenkläger durch den Senat wegen rechtsfehlerhafter Ablehnung von Mordmerkmalen in vollem Umfang aufgehoben worden war (Beschluss vom 18. Oktober 2018 - 3 StR 37/18). Ein im zweiten Rechtsgang durch das Landgericht Verden ausgesprochener Freispruch hatte auf die Revision der Staatsanwaltschaft (Urteil vom 11. März 2021 - 3 StR 183/20) wegen Rechtsfehlern bei der Beweiswürdigung ebenfalls keinen Bestand.
Gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück hat nunmehr der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er das Verfahren beanstandet und die allgemeine Sachrüge erhoben hat.
Die revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils durch den 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat allerdings keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Mit der Entscheidung des Senats ist das Urteil des Landgerichts Osnabrück rechtskräftig und das Strafverfahren nunmehr insgesamt abgeschlossen.
Vorinstanz:
LG Osnabrück - Urteil vom 17. März 2022 - 6 Ks 5/21
Karlsruhe, den 24. Februar 2023
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"XY gelöst" ZDF-Serie beleuchtet schockierenden Mord in Niedersachsen Von t-online , MAS 14.04.2025 - 15:47 Uhr Lesedauer: 2 Min.
Die ZDF-Serie "XY gelöst" geht in die nächste Runde. Bei den neuen Folgen ist auch ein unglaublicher Fall dabei, der sich vor zehn Jahren in Niedersachsen ereignet hat.
In der Reihe "XY gelöst" mit ZDF-Moderator Sven Voss wird die Aufklärung von schweren Verbrechen rekonstruiert, dabei kommen auch damals zuständige Ermittler und Experten zu Wort. Ab Juni laufen vier neue Folgen des Formats, eine von ihnen heißt "Tödlicher Freigang". Dabei geht es um das Verschwinden einer 23-jährigen Frau aus Niedersachsen.
Ein Kaugummipapier bringt den Durchbruch Vor zehn Jahren, im September 2015, wurde Judith T. aus Bad Rehburg von ihrer Familie als vermisst gemeldet. Mehrere Tage später fand der Vater die Leiche seiner Tochter in Klosterwald in Loccum (Kreis Nienburg). Schnell stand fest, dass die 23-Jährige Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. Doch trotz intensiver Ermittlungen gab es zunächst keinen entscheidenden Hinweis auf den Täter. Dann brachte ein DNA-Treffer auf einem Kaugummipapier den Durchbruch.
Ins Visier der Ermittlungen geriet der damals 48-jährige Jörn N. Das Unglaubliche: Der Mann war ein verurteilter, suchtkranker Sexualstraftäter, der im Maßregelvollzug in Bad Rehburg einsaß. Er tötete Judith T., als er auf einem unbegleiteten Freigang war. Sie sollen sich im Klosterwald begegnet sein, wo es zu der Tat kam.
Maßregelvollzug für psychisch Kranke oder Süchtige Im Maßregelvollzug werden psychisch kranke oder suchtkranke Menschen untergebracht, die schwere Straftaten verübt haben. Weil sie von einem Gericht aber nur als eingeschränkt oder nicht schuldfähig eingestuft wurden, kommen sie nicht in ein Gefängnis, sondern in den Maßregelvollzug in eine Klinik. Ziel ist es, die Allgemeinheit zu schützen und die Patienten so weit zu therapieren, dass sie nicht mehr gefährlich sind.
Drei Prozesse bis zur lebenslangen Verurteiltung Im Juni 2017 wurde Jörn N. schuldig gesprochen und zu 11,5 Jahren Haft verurteilt – wegen Totschlags. Die Eltern von Judith legten Revision ein. Ein zweiter Prozess in Verden endete jedoch 2019 mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen.
Im dritten Anlauf, im September 2021, folgte schließlich die lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung für den bereits verurteilten Sexualstraftäter.
"XY gelöst": Neue Folge wird am 11. Juni ausgestrahlt Im Rahmen der ZDF-Reihe "XY gelöst" werden dieser Fall und seine Aufklärung noch einmal beleuchtet. Moderator Sven Voss spricht mit Ermittlern und Forensikern über die besonderen Herausforderungen und den Umgang mit Gefährdern, die im Strafvollzug sitzen. Zuschauer erfahren in der Folge auch, wie das Kaugummipapier die Wende brachte.
Die Ausstahlung von "Tödlicher Freigang" ist am Mittwoch, 11. Juni 2025, 20.15 Uhr, im ZDF. Bereits eine Woche vorher, ab dem 4. Juni, kann die Folge in der ZDF-Mediathek gestreamt werden.
Wie ein Kaugummipapier einen Freigänger als Frauen-Mörder überführte
von Jessica Kröll 05. Juni 2025 07:14 Uhr
Jörg N. auf der Anklagebank: Der Mord an Judith Thijsen ist Thema in der Sendung "Aktenzeichen XY ... gelöst"
Eine junge Frau aus Niedersachsen wird 2015 Opfer eines Verbrechens. Doch es dauert Monate, bis ein Mann des Mordes überführt wird. Der Fall ist Thema bei "XY gelöst". Im September 2015 verschwindet im niedersächsischen Rehburg-Loccum die 23-jährige Judith Thijsen. Erst zwei Monate zuvor hatte sie ihre eigene Wohnung bezogen. Seit Anfang September besucht die junge Frau eine Fachschule für Sozialpädagogik. Als sie zwei Tage nicht in der Schule erscheint und auch nicht mehr an ihr Handy geht, alarmiert eine besorgte Freundin Judiths Mutter. Die meldet sie am 16. September bei der Polizei als vermisst.
Einen Tag später findet die Polizei den roten Fiat Seicento der jungen Frau auf dem Parkplatz des Marktplatzes in Loccum. Die Polizei durchsucht anschließend den nahegelegenen Klosterwald mit Spürhunden – allerdings ohne Ergebnis. Es ist schließlich Judiths Vater, der am 20. September im Klosterwald eine grausige Entdeckung macht: Unter Ästen liegend findet er die nackte Leiche seiner Tochter. Am linken Fuß trägt sie nur noch eine Socke.
Die Todesursache kann nicht eindeutig festgestellt werden. Die Beamten gehen von einem Sexualdelikt aus. Doch aufgrund der vorangeschrittenen Verwesung können keine entsprechenden Spuren mehr gefunden werden. Auch eine männliche DNA-Teilspur unter dem Fingernagel des Opfers ist nicht verwertbar. In der Nähe des Leichenfundortes finden die Beamten die Brille der Toten und ein mit Blut behaftetes Kaugummipapier.
Mord in Klosterwald Thema bei "Aktenzeichen XY ... gelöst" Doch Letzteres wird versäumt, auf Spuren zu untersuchen. Erst nach acht Monaten fällt den Beamten der Fehler auf, und sie lassen das Papier analysieren. Mit Erfolg: Die DNA-Spur führt zu einem wegen mehrfacher Vergewaltigung verurteiltem Sexualstraftäter. Jörg N. aus dem emsländischen Lingen wurde 2012 durch das Landgericht Aurich zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren und zehn Monaten Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Wegen seiner Alkoholsucht kam er in das Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen, welches in unmittelbarer Nähe zu Judiths Wohnung lag. Experten hatten zugestimmt, dass er seit Ende 2014 die Klinik immer wieder unbegleitet verlassen durfte.
Auch als die Beamten ihn im April 2016 festnehmen wollen, hat er gerade Freigang und wird in einer Praxis für Physiotherapie behandelt. Da er zur Tat schweigt, bereitet sich die zuständige Staatsanwältin auf einen Indizienprozess vor. In einem ersten Verfahren wird der heute 56-Jährige wegen Totschlags zu elfeinhalb Jahren Haft mit Sicherungsverwahrung verurteilt. Nachdem die Staatsanwaltschaft und die Angehörigen Revision gegen das Urteil einlegen und es 2019 zu einem neuen Prozess kommt, wird der Angeklagte vom Tatvorwurf überraschenderweise freigesprochen. Auch dieses Urteil fechten die Familie und die Staatsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof (BGH) erfolgreich an. Der Fall wird daraufhin nach Osnabrück verwiesen. Hier wird Jörg N. schließlich wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Der Fall ist seit Mittwoch (4. Juni) Thema in der True-Crime-Reihe "XY gelöst" im Streamingportal des ZDF und wird am 11. Juni um 21 Uhr auch im linearen TV ausgestrahlt.