Vor 20 Jahren verschwand die achtjährige Nadine Hertel spurlos – es ist einer von 30 ungeklärten Vermisstenfällen der Leipziger Polizei.
Artikel veröffentlicht: 05. Juni 2015 23:59 Uhr | Artikel aktualisiert: 08. Juni 2015 00:26 Uhr
Leipzig - Dieser Fall wühlt die Leipziger noch immer auf: Vor fast 20 Jahren, am 9. Juni 1995, verschwand die damals achtjährige Nadine Hertel unter mysteriösen Umständen. Sie war zur Geburtstagsfeier ihrer damals 22-jährigen Tante in deren Erdgeschosswohnung in der Schleußiger Könneritzstraße. Gegen 19.40 Uhr ging Nadine aus dem Wohnzimmer, wo fast alle Gäste versammelt waren. Offenbar wollte die Kleine zu ihrem Opa auf den Balkon gehen, doch da kam sie nicht an. Ihre Familie sah sie nie wieder.
Der Fall Nadine ist einer von 30 ungeklärten Vermisstenfällen, die bei der Leipziger Polizei von 1987 bis 2014 registriert wurden. Trotz erheblicher Anstrengungen der Kripo fehlt von diesen Menschen noch immer jede Spur, berichtet Polizeisprecher Andreas Loepki. Es ist, als hätte sich die Erde aufgetan und sie verschluckt.
Tauchen die Vermissten auch nach Jahren nicht wieder auf, landen die Akten dennoch nicht in der Ablage. Zwar arbeiten etwa am Fall Nadine Hertel nicht mehr bis zu 20 Kriminalbeamte, wie kurz nach dem Verschwinden der Schülerin. „Die heutige Vermisstenfahndung besteht aber zunächst aus der nie aufgehobenen Fahndungsausschreibung, einer Aufenthaltsermittlung zur Person“, schildert Loepki. „Zum anderen wird versucht, aus dem Abgleich ähnlich gelagerter Fälle anhand einer weltweiten Analysedatei neue Erkenntnisse zu gewinnen. Leider gehört es auch zur Routine, unbekannte Tote auf eine eventuelle Identitätsübereinstimmung zu prüfen.“ Im Fall Nadine sei „nach wie vor weder ein Unfall noch eine Straftat auszuschließen“.
Gerade bei offenen Vermisstenfällen befinde sich die Polizei auch in einem Zwiespalt, sagt der Behördensprecher. Einerseits erhofften sich die Ermittler Zeugenaussagen. Andererseits meldeten sich bei öffentlichen Fahndungen auch immer wieder verwirrte Personen mit untauglichen Hinweisen. Das Problem: So unglaubwürdig die Hinweise auch sein mögen, muss ihnen die Polizei trotzdem nachgehen. „Und dies würde nicht unerhebliche personelle und zeitliche Ressourcen binden“, erklärt Loepki. Deshalb wolle man etwa im Fall Nadine jetzt auch nicht den Eindruck eines neuerlichen Zeugenaufrufs erwecken. Zu dem vermissten Mädchen kamen in den vergangenen Jahren etwa 100 Hinweise zusammen, die meisten in der Zeit direkt nach ihrem Verschwinden.
Noch immer ist das Bild, das auch die Polizei damals zur Fahndung herausgegeben hatte, auf diversen Internetplattformen und in einschlägigen Foren veröffentlicht. Ebenso wie eine Aufnahme, die mit dem sogenannten Age-Progressing-Programm produziert wurde. Sie soll zeigen, wie die Langzeitvermisste als Erwachsene aussehen könnte. Bei der Leipziger Polizei hält man solche Computersimulationen für „nicht zielführend“, so Loepki. „Der Alterungsprozess hätte Änderungen bedingt – insbesondere weil Nadine Hertel mit acht Jahren noch sehr jung war – die nicht wirklich realistisch dargestellt werden könnten.“ Gefunden wurde Nadine auch damit nicht.
Nadine Hertel (damals 8). Am 9. Juni 1995 verschwand das Mädchen von der Geburtstagsfeier ihrer Tante in der Könneritzstraße (Schleußig). 400 Polizisten suchten erfolglos nach ihr. Vor sechs Jahren ließ ihre Oma, bei der Nadine lebte, eine Computersimulation anfertigen, die zeigt, wie Nadine mit 18 Jahren ausgesehen hätte.
Hinweise bitte an die Kripo Leipzig, Tel. 0341/9664 6666.
Nadine Hertel war 8 Jahre alt und lebte in Leipzig. Am 9. Juni 1995 verschwand das Mädchen von der Geburtstagsfeier ihrer Tante in der Könneritzstraße (Schleußig), um ihrem Onkel entgegen zu gehen / zu ihrem Opa auf den Balkon (Angaben widersprüchlich). 400 Polizisten suchten erfolglos nach ihr.
Vor sechs Jahren ließ ihre Oma, bei der Nadine lebte, eine Computersimulation anfertigen, die zeigt, wie Nadine mit 18 Jahren ausgesehen hätte.