Mordalarm im Innviertel: Großfahndung läuft POLLING. In Polling, Bezirk Braunau, soll es am Montagvormittag zu einem Mord gekommen sein. Die Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter läuft. AUT, Mord, Polling
"Es besteht der dringende Tatverdacht, dass ein 28-Jähriger seine Mutter erwürgt hat", sagt Alois Ebner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Ried auf Anfrage der Oberösterreichischen Nachrichten.
Die Tat soll sich kurz vor 10 Uhr in Polling, Bezirk Braunau, ereignet haben. Laut Ebner ist der Mann auf der Flucht, eine Großfahndung wurde eingeleitet.
Die Mordgruppe des Landeskriminalamts hat die Ermittlungen übernommen, so Ebner auf OÖN-Anfrage.
OBERÖSTERREICH Schock nach Mord im Innviertel: "Eine fürchterliche Tragödie" POLLING/MALCHING. Groß ist die Fassungslosigkeit nach der Tragödie in Polling (Bezirk Braunau), wo ein 28-Jähriger am Montag seine Mutter erwürgt haben soll. Schock im Innviertel: 28-jähriger Sohn soll seine Mutter erwürgt haben Einsatz der Ermittler und Spurensicherer am Tatort in Polling. Eine Obduktion der Leiche wurde angeordnet. Bild: Pressefoto Scharinger / Daniel Scharinger
Der Rotor des Rettungshubschraubers rattert, hinzu mischen sich die Sirenen von Einsatzfahrzeugen. In der sonst so ruhigen Unionstraße in Polling im Bezirk Braunau ist am Montagvormittag alles anders. Polizisten sperren die Zufahrt zu einem Einfamilienhaus, Spurensicherer in weißen Schutzanzügen drängen ins Innere.
Nur Minuten zuvor, gegen 10 Uhr, hatten Nachbarn das Quietschen von Autoreifen gehört, gleich darauf war ein Arzt eingetroffen und Nachbar Herbert Pomarolli ahnte: "Da muss etwas Schlimmes passiert sein!"
Der Lehrer sollte recht behalten. Im Haus vis-à-vis lag Eleonore Sch. leblos im Badezimmer. Ihr älterer Sohn hatte noch verzweifelt versucht, seiner 64-jährigen Mutter zu helfen, doch die Reanimierungsversuche blieben ohne Erfolg. Er war es auch, der Rettung und Polizei verständigte.
Der 31-jährige Deutsche war von seinem 28-jährigen Bruder, ebenfalls einem Deutschen, telefonisch mit den Worten, dass etwas mit der Mutter passiert sei, in die Neubausiedlung in Polling gerufen worden. Allem Anschein nach hatte der jüngere Sohn seine Mutter zuvor getötet. Am Hals des Opfers sowie am Kinn sollen Hautverfärbungen festgestellt worden sein, die auf Erwürgen hindeuten. Die genaue Todesursache stand gestern noch nicht fest, eine Obduktion wurde angeordnet.
Flucht Richtung Deutschland Noch während der 31-jährige Sohn versuchte, seiner Mutter zu helfen, entwendete der 28-Jährige seinem Bruder den Autoschlüssel und raste mit dessen Mercedes in Richtung Deutschland davon. Die Kripo entdeckte den geparkten Wagen in der oberösterreichischen Gemeinde Mining, wo sich auch das Inn-Kraftwerk Ering-Frauenstein befindet. Ob der Student auf seiner Flucht zu Fuß über die Grenze ging oder gar den eiskalten Fluss hinüber schwamm, war gestern noch unklar.
Knapp eine Stunde nach seiner Flucht wurde der mutmaßliche Täter in der grenznahen bayerischen Gemeinde Malching von deutschen Polizisten festgenommen.
Laut ersten Erhebungen hatte der 28-Jährige, der dem Vernehmen nach unter einer psychischen Krankheit leiden soll, die Nacht zum Montag im Haus seiner Mutter in Polling verbracht. Am frühen Vormittag soll es zu einem Mutter-Sohn-Gespräch gekommen sein, in dessen Verlauf der 28-Jährige offenbar in Rage geriet. In der Folge war es dann offenbar zu der unfassbaren Tat gekommen.
Der jüngere Sohn soll sich zuletzt häufig bei seiner verwitweten Mutter, die vor rund drei Jahren von Altheim nach Polling gezogen und früher in Deutschland verheiratet war, aufgehalten haben. Der Schock bei Nachbar Herbert Pomarolli ist groß: "Wir hatten eine sehr gute Nachbarschaft, auch die beiden Söhne waren immer sehr freundlich."
Der Tatverdächtige sitzt in Passau in U-Haft. Heute soll er einem Richter vorgeführt werden. Offen ist, ob ein mögliches Gerichtsverfahren in Deutschland oder Oberösterreich abgewickelt werden würde. "Wir stellen ein schriftliches Auslieferungsansuchen", sagt Alois Ebner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Ried auf OÖN-Anfrage. Die Entscheidung darüber, ob die bayerischen Nachbarn den Tatverdächtigen ausliefern, liegt bei den deutschen Behörden.
Forensische Betreuung 22.02.2018 06:31 Psychose als Auslöser für Muttermord Eine wieder akut gewordene Psychose dürfte Auslöser für den Mutter-Mord in Polling gewesen sein. Der verdächtige Sohn (28) litt seit einer Woche verstärkt an Verfolgungswahn und Angstzuständen. Der gut gemeinte Rat der Familie, sich in stationäre Behandlung zu begeben, scheint seinen Ausraster mitverursacht zu haben.
„In dem Fall gibt es nur Opfer – die Mama ist ein Opfer, ich bin ein Opfer und auch mein Bruder ist ein Opfer seiner Krankheit“, sagt Johannes Sch. (31), der ältere Sohn der Witwe Eleonore Sch. (63), die am Montag von ihrem jüngeren Sohn Matthias erwürgt worden war. Matthias Sch. war seit einem Jahr bei einem Psychiater in Nürnberg, wurde aber auch stationär behandelt. Seine Angehörigen bekamen zuletzt mit, dass es ihm nun wieder schlechter geht – aus diesem Grund nächtigte er auch bei der Mutter in Polling.
Psychotischer Schub Der Psychologe und Psychotherapeut Barnabas Strutz vermutet, dass bei dem Informatik-Studenten ein psychotischer Schub eingetreten sein könnte. „So etwas kann immer wieder passieren – eine Psychose ist absolut kein Klacks“, betont der Experte im Interview.
Auslieferungsverfahren Der Verdächtige wird derzeit in der forensischen Abteilung eines bayrischen Bezirkskrankenhauses betreut. Über den Auslieferungsantrag aus Österreich gibt es noch keine Entscheidung. „Eine Auslieferung in einem vereinfachten Verfahren war bisher nicht möglich, der Beschuldigte müsste dazu sein Einverständnis geben – was er bisher nicht getan hat“, sagt Walter Feiler, Oberstaatsanwalt in Passau. Tut Sch. das weiterhin nicht, ist der Umweg über die Generalstaatsanwaltschaft und das Oberlandesgericht München erforderlich – und das kann mehrere Wochen dauern. „Wir gehen aber schon davon aus, dass der Fall in Österreich verhandelt wird“, so Feiler.
„Betroffene leben in eigener Realität“ Laut dem Psychologen und Psychotherapeuten Barnabas Strutz aus Wilhering zeigen Psychotiker häufig keine Krankheitseinsicht.
„Krone“: Wie schwierig ist es, eine Psychose nachzuweisen? Barnabas Strutz: Eine Psychose ist oft schwer zu testen. Die Krankheit kann auch phasenweise zum Ausbruch kommen. Und hat ein Betroffener gerade eine gute Phase, ist das Leiden schwer zu diagnostizieren.
„Krone“: Auf welche Art und Weise äußern sich Psychosen? Strutz: Etwa durch Wahnvorstellungen oder Angstzustände. Der Betroffene bastelt sich dann seine eigene Realität, fühlt sich beispielsweise durch seine Umwelt gefährdet, ist davon überzeugt, dass ihm alle anderen Böses wollen.
„Krone“: Was können Angehörige in so einem Fall tun? Strutz: Als Angehöriger ist man einigermaßen machtlos. Man kann nur versuchen, den Betroffenen zu überreden, sich in stationäre Behandlung zu begeben und medikamentös betreuen zu lassen. Betroffene zeigen aber oft wenig Einsicht, weil sie glauben, normal zu sein, nur die Umwelt sei gestört. Ein Korrektiv ertragen sie schwer.
„Krone“: Sind Psychosen heilbar? Strutz: Wer einmal daran leidet, muss sein ganzes Leben lang aufpassen, keinen Rückfall zu erleiden.
„Krone“: Wie ist das mit den Schüben? Strutz: Solche können immer wieder passieren, auch nach drei oder vier Jahren Pause.