Stecknadeln in Brötchen Wird Offenburger Supermarkt sabotiert?
Wie kommen spitze Nadeln in Esswaren eines Supermarkts? Die Behörden in Baden-Württemberg untersuchen mit Nachdruck die bisherigen sechs Fälle. Auch über den Einsatz eines Metalldetektors wird nachgedacht. Erpressung schließt die Polizei derzeit aus.
VON WOLFGANG JUNG (dpa) Es ist ein Alptraum für jeden Supermarkt und für einen Offenburger Discounter seit Dezember bittere Realität: gefährlich spitze Stecknadeln in Lebensmitteln. Kunden entdeckten die kleinen Stechwerkzeuge nach dem Einkauf unter anderem in einer Toastbrotpackung und einem Salami-Snack – zum Glück rechtzeitig vor dem Verzehr der präparierten Waren. Beim Verschlucken können die Nadeln schwere innere Verletzungen verursachen.
Insgesamt sechs Fälle registriert die Polizei bisher. Alle Waren stammen aus demselben Geschäft im Westen Baden-Württembergs. Die Produkte waren korrekt ausgeliefert worden und wurden erst im Markt manipuliert, heißt es bei der Polizei. Doch wie gelangten die drei bis vier Zentimeter großen Fremdkörper in die Nahrungsmittel? «Wir tun alles Mögliche, um das zu erfahren», sagt Karen Stürzel, Sprecherin vom Polizeipräsidium Offenburg. Die Packungen werden untersucht und mögliche Zeugen befragt.
Keine Hinweise auf Erpressung
Erst im September hatte in Baden-Württemberg ein Erpresser Schrecken verbreitet, als er mit dem Giftstoff Ethylenglykol versetzte Babynahrung in Supermärkten platzierte (e110 berichtete). Der Mann verlangte von einem Handelsunternehmen eine zweistellige Millionensumme. Später wurde der 53-Jährige im Raum Tübingen festgenommen. Im Offenburger Fall gibt es bisher keine Anhaltspunkte für eine Erpressung, sagt Stürzel.
Die meisten Erpresser hinterlassen Spuren, zum Beispiel Briefe. Es gibt aber auch Saboteure, die schweigen und vor allem Schrecken verbreiten wollen. Lebensmittel-Sabotage gilt als Horrorvision von Firmen. Schon mit wenig Aufwand können Täter dem Ruf eines Ladens schaden. Ein möglicher Rückruf von Produkten kann teuer werden.
Kontrolle mit Metalldetektoren?
Der betroffene Supermarkt hat die Sicherheitsmaßnahmen erhöht. «Wir haben die Aufmerksamkeit noch einmal geschärft», sagt ein Unternehmenssprecher. Details wollte er nicht mitteilen. Bereits zuvor hatte das Unternehmen die besorgniserregenden Fundstücke aus den Regalen entfernt. Neue Ware sollte weiterhin einer Sichtkontrolle unterzogen werden, bevor sie einsortiert wird.
Gestern wollten Vertreter der Lebensmittelkontrolle und der Polizei sowie des Ortenaukreises und des Supermarkts über den Fall beraten. Möglicherweise kommen Metalldetektoren zur Kontrolle der Waren zum Einsatz, hieß es. Eingebunden ist auch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Stuttgart.
Verbraucherzentrale: Auf Löcher in Verpackung achten!
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg appelliert an Kunden, genau darauf zu achten, ob Packungen beschädigt sind. «Falls es Hinweise gibt auf Manipulationen – im vorliegenden Fall etwa kleine Löcher -, sollte man die Behörden verständigen», sagt Pressechef Niklaas Haskamp. Auch eine transparente Informationspolitik des Unternehmens sei wichtig. «Als Verbraucher will ich wissen, welche Produkte betroffen sind.»
Grundsätzlich kann es immer wieder zu Fremdkörpern in Lebensmitteln kommen – Haare und Fasern machen einen deutlichen Anteil davon aus. Sie sind oft Grund von Beschwerden bei der Lebensmittelüberwachung. Bei der juristischen Beurteilung kommt es Experten zufolge auch darauf an, ob ein Haar vom Menschen oder vom Tier stammt. Das kann Hinweise darauf geben, wie die entsprechende Ware produziert wurde.
Auch Nadeln in Lebensmitteln hat es schon gegeben: zum Beispiel vor einigen Jahren in einem kanadischen Flugzeug. Der Passagier entdeckte das Stechwerkzeug in seinem Thunfisch-Sandwich aber rechtzeitig.
Supermarkt verstärkt Sicherheitsmaßnahmen
Der Kaufland-Markt in Offenburg, von dem alle betroffenen Produkte stammen, untersuchte heute Vormittag sämtliche infrage kommenden Produkte mit einem speziellen Scanner. Weitere metallische Gegenstände wurden nicht gefunden, wie das Unternehmen mitteilt. Außerdem wurden in dem Discounter die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Auch Kameras und zusätzliches Personal werden nach eigenen Angaben zur Überwachung eingesetzt.
Symbolfoto: Thommy Weiss / pixelio.de
03.01.2018 wel aktualisiert: 16:45 Uhr wel
Admin und Foren Moderatorin Hinweise zu den hier aufgeführten Fällen bitte an die zuständige Polizeidienststelle
Stecknadeln in Lebensmitteln: In Filiale in Kehl steckte Nadel im Kuchen
Offenburg (dpa) – Nach der Entdeckung von Stecknadeln in Lebensmitteln in Offenburg ist nun auch ein Fall im rund 20 Kilometer entfernten Kehl bekannt geworden. Auch dort ist eine Filiale der «Kaufland»-Kette betroffen, wie die Polizei heute mitteilte. In Kehl habe eine Kundin am Dienstag ein in einer Kunststoffbox verpacktes Stück Kuchen gekauft. Darin entdeckte sie zu Hause eine Stecknadel. Zuvor hatten Kunden eines Offenburger Kaufland-Marktes Nadeln in verschiedenen Lebensmitteln gefunden (e110 berichtete).
Die in Kehl entdeckte Nadel unterscheidet sich «in Art und Größe von den bisher verwendeten», teilt die Polizei mit. «Ob es sich bei dem neuerlichen Fall infolge der starken Medienpräsenz um einen Trittbrettfahrer handelt oder ob derselbe Täter seinen Radius erweitert hat, werden die weiteren Ermittlungen zeigen», heißt es in der Polizeimitteilung. Derzeit gehen die Ermittler davon aus, dass die Nadel in Kehl einige Tage nach den Vorfällen in der Offenburger Filiale in den Kuchen platziert wurde.
Neuer Fund von Stecknadel in Supermarkt-Lebensmitteln: Polizei ist ratlos Backwaren, ein Wurst-Snack, Kuchen und jetzt Gemüse: In Supermärkten in Baden werden immer neue Fälle bekannt, bei denen Stecknadeln in Lebensmitteln platziert werden. Jüngster Fundort: Im Suppengrün eines Schutterwalder Supermarktes. Die Polizei ist ratlos.
in acht Fällen wurden bislang Stecknadeln in Supermarkt-Lebensmitteln gefunden. Bislang gibt es keinen einzigen Zeugenhinweis in acht Fällen wurden bislang Stecknadeln in Supermarkt-Lebensmitteln gefunden. Bislang gibt es keinen einzigen Zeugenhinweis | Bild: Jens Kalaene, Sebastian Gollnow / dpa
Diesmal steckte sie in einer Schale mit frischem Suppengrün: Erneut ist eine Stecknadel im abgepackten Lebensmittel eines badischen Supermarktes entdeckt worden. Diesmal fand sich der spitze Gegenstand in einem Geschäft in Schutterwald (Ortenaukreis), wie die Polizei am Montag mitteilte. Der Kundin, die die Ware am vergangenen Freitag gekauft hatte, fiel die Nadel beim Auspacken entgegen. Das Stechwerkzeug lag der Polizei zufolge „augenscheinlich lose in der Schale“. Im Gegensatz zu den Funden in Kaufland-Niederlassungen in Offenburg und Kehl (Ortenaukreis) war diesmal aber eine andere Unternehmensgruppe betroffen. Um welche es sich handelte, wollte die Polizei vorerst nicht sagen.
Seit Dezember waren mehrere solcher Fälle bekanntgeworden, zuerst in Offenburg. Dort fanden Kunden bislang sechsmal Stecknadeln im selben Kaufland-Markt: unter anderem steckten sie in abgepackten Backwaren wie Bagel, Aufbackbrötchen oder Toastbrot sowie in einem Wurst-Snack. Vergangenen Dienstag wurde in Kehl in einem weiteren Markt der Kette ein abgepacktes Kuchenstück gekauft und auch darin eine Nadel gefunden – allerdings sah diese anders aus als die in Offenburg. Die Käufer entdeckten die Nadeln vor dem Verzehr. Verletzt wurde niemand.
Acht Fälle – kein einziger Zeugenhinweis Zur Beschaffenheit der Nadel im Suppengrün des Schutterwalder Geschäftes wollte die Polizei noch keine Angaben machen. Ob es sich bei den beiden Nadelfunden in Kehl und Schutterwald um Trittbrettfahrer handelt oder die gleiche Person dahintersteckt, ist offen. Bei keinem der nunmehr acht Fälle gebe es auch nur einen einzigen Zeugenhinweis, sagte ein Polizeisprecher. Es wurde jeweils Anzeige wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung erstattet.
Bislang gehen die Ermittler davon aus, dass die Nadeln in Offenburg Mitte Dezember in die Esswaren des Supermarktes kamen; die in Kehl um den Jahreswechsel in den Kuchen gesteckt und die Schutterwalder Stecknadel am Freitag in der Suppengrün-Packung platziert wurde.
In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Offenburg, dem Landratsamt Ortenaukreis sowie den betroffenen Firmen werde alles getan, um die Fälle aufzuklären und die Kunden zu schützen. Die örtlichen Behörden informierten in der vergangenen Woche auch ihre Kollegen im benachbarten Frankreich. Vor dort kommen viele Kunden in grenznahe deutsche Geschäfte. In Offenburg hatte Kaufland Warensortimente gescannt und mehr Sicherheitspersonal in den Markt gebracht.
Neunter Fall von Stecknadeln in Lebensmittel! Polizei vermutet Nachahmer
Karlsruhe - Ein Mann aus Ettlingen bemerkte am Donnerstag beim Essen einer Wurstzubereitung einen länglichen Gegenstand in seinem Mund.
Es stellte sich heraus, dass es ein Nadel war. Wie im Fall des 69-Jährigen, der am Mittwoch eine Süßspeise aß, konnte auch der Mann aus Karlsruhe zum Glück den Nadel rechtzeitig entdecken.
Ermittler schlossen allerdings in dem Fallnicht aus, dass die Nadel erst bei der Zubereitung ins Essen geraten sei.
Der Mann aus Ettlingen hatte die Wurstzubereitung am 5. Januar in einem Supermarkt in Bruchsal gekauft. Ermittler untersuchen nun die nach erstem Augenschein äußerlich unbeschädigte Verpackung sowie die Nadel.
Mit ersten Ergebnissen sei frühesten Anfang kommender Woche zu rechnen. Um was für eine Wurstzubereitung es sich handelte, wollte die Polizei auf Nachfrage nicht mitteilen.
Seit Mitte Dezember gab es im Raum Offenburg mehrere Fälle, bei denen Stecknadeln in Lebensmitteln gefunden wurden. Unter anderem tauchten sie in abgepackten Backwaren wie Bagel oder Toastbrot auf. Verletzt wurde bisher niemand.
Update 11:30
Die Polizei teilt am Samstag mit, dass hinter den letzten drei Nadelfunden in Lebensmitteln in Baden-Württemberg vermutlich ein oder mehrere Trittbrettfahrer stecken. Bislang gab es insgesamt neun Fälle. Die ersten sechs Produkte stammten alle aus dem selben Kaufland-Markt in Offenburg.
Bei den Vorfällen danach wurden die Lebensmittel hingegen nicht nur in anderen Orten, sondern auch in unterschiedlichen Supermarktketten gekauft. Da liege der Verdacht auf einen Trittbrettfahrer nahe, sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Konkrete Täter-Hinweise gebe es allerdings noch nicht.