Termine zur Hauptverhandlung am 1. März 2018, 9.30 Uhr, in Sachen 4 StR 311/17 und um 10.30 Uhr in Sachen 4 StR 158/17, in zwei "Raser-Fällen"
4 StR 311/17
Der u.a. für Verkehrsstrafsachen zuständige 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revisionen des zur Tatzeit 23jährigen Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Bremen zu entscheiden, durch welches der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt wurde. Ferner wurde für die Wiedererteilung der dem Angeklagten entzogenen Fahrerlaubnis eine Sperrfrist von vier Jahren angeordnet.
Nach den Feststellungen des Landgerichts befuhr der Angeklagte am Abend des 17. Juni 2016 mit seinem leistungsstarken Motorrad (200 PS) das Stadtgebiet von Bremen, ohne über die erforderliche uneingeschränkte Fahrerlaubnis der Klasse A zu verfügen.
Gegen 21:40 Uhr befuhr er die Nordstraße in stadtauswärtiger Richtung mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 km/h. Im Bereich der Einmündung der Elisabethstraße querte ein Fußgänger trotz Rotlicht der für ihn geltenden Ampel die Nordstraße an einer Fußgängerfurt. Als der Angeklagte den Fußgänger erblickte, fuhr er mit einer Geschwindigkeit von noch mindestens 97 km/h. Er vermochte nicht mehr rechtzeitig zu bremsen oder ein Ausweichmanöver durchzuführen und erfasste den Fußgänger, der noch im Rettungswagen seinen schweren Verletzungen erlag. Bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h wäre der Unfall für den Angeklagten vermeidbar gewesen. Der Angeklagte wurde infolge der Kollision ebenfalls erheblich verletzt.
Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision nur gegen den Rechtsfolgenausspruch. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts.
Vorinstanz:
Landgericht Bremen - Urteil vom 31. Januar 2017 – 21 Ks 280 Js 39688/16 (12/16)
4 StR 158/17
Der Senat hat desweiteren über die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zu entscheiden, durch welches der Angeklagte – als Heranwachsender – wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs sowie wegen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt wurde. Ferner wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und für die Wiedererteilung eine Sperrfrist von zwei Jahren angeordnet.
Das Landgericht hat – soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Straßenverkehrsgefährdung verurteilt wurde – folgende Feststellungen getroffen:
Der zur Tatzeit 20jährige Angeklagte befuhr am Abend des 22. April 2015 mit einem Mietwagen die Straße Schwanheimer Ufer in Richtung Stadtmitte. Im Bereich der Autobahnauffahrt zur BAB 5 überfuhr er eine rote Ampel mit einer Geschwindigkeit von circa 142 km/h bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Der Angeklagte kollidierte mit einem aus der Gegenrichtung kommenden Fahrzeug, welches die Fahrbahn des Angeklagten querte, um in Richtung der Autobahnauffahrt zur BAB 5 abzubiegen. Der Führer dieses Fahrzeugs erlag noch an der Unfallstelle den durch die Kollision erlittenen schweren Verletzungen.
Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen seine Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision insbesondere eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts bezüglich der Tat vom 22. April 2015.
Vorinstanz:
Landgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 1. Dezember 2016 – 5/8 KLs 4690 Js 215349/15 (1/16)
Karlsruhe, den 27. Dezember 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-5013 Telefax (0721) 159-5501
Admin und Foren Moderatorin Hinweise zu den hier aufgeführten Fällen bitte an die zuständige Polizeidienststelle
Termin zur Hauptverhandlung am 1. Februar 2018, 9.30 Uhr, in Sachen 4 StR 399/17 über die Revisionen der Angeklagten im "Berliner Raser-Fall"
Der u.a. für Verkehrsstrafsachen zuständige 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revisionen der beiden zur Tatzeit 24 und 26 Jahre alten Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin zu entscheiden, durch welches die Angeklagten wegen Mordes – unter Einsatz eines gemeingefährlichen Mittels – in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Ferner wurden den Angeklagten die Fahrerlaubnisse entzogen und lebenslange Sperrfristen für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet.
Nach den Feststellungen des Landgerichts befuhren die Angeklagten in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 2016 gegen 0:30 Uhr mit ihren leistungsstarken Fahrzeugen den Kurfürstendamm in Berlin. Kurz hinter dem Adenauerplatz verabredeten sie spontan ein Wettrennen (sog. "Stechen") entlang des Kurfürstendamms und der Tauentzienstraße. Nachdem sie bereits mehrere Kreuzungen passiert hatten, fuhren die Angeklagten bei Rotlicht und mit Geschwindigkeiten von 139 bis 149 km/h bzw. 160 bis 170 km/h in den Bereich der Kreuzung Tauentzienstraße/Nürnberger Straße ein. Hierbei nahmen sie den Tod anderer Verkehrsteilnehmer billigend in Kauf. Im Kreuzungsbereich kollidierte einer der Angeklagten mit einem Kraftfahrzeugführer, der bei grünem Ampellicht aus der Nürnberger Straße kommend in die Kreuzung eingefahren war; dieser erlag noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen. Die Beifahrerin im Fahrzeug eines der Angeklagten wurde bei dem Unfall ebenfalls verletzt.
Die Angeklagten wenden sich mit ihren Revisionen gegen ihre Verurteilung.
Vorinstanz:
Landgericht Berlin, Urteil vom 27. Februar 2017 – (535 Ks) 251 Js 52/16 (8/16)
Karlsruhe, den 27. Dezember 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-5013 Telefax (0721) 159-5501
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Bundesgerichtshof Mordurteil gegen Berliner Raser aufgehoben Stand: 01.03.2018 17:52 Uhr
Der Bundesgerichtshof hat das bundesweit erste Mordurteil gegen Raser aufgehoben. Er gab der Revision zweier Männer statt, die vom Landgericht Berlin zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden waren.
Das bundesweit erste Mordurteil gegen Raser ist aufgehoben: Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Revision zweier Männer statt, die nach einem illegalen Autorennen vom Landgericht Berlin zu lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes verurteilt worden waren.
Der Fall habe zwar den Ruf nach härtestmöglichen Strafen laut werden lassen, sei aber gleichwohl nicht als Mord oder vorsätzliche Tötung zu qualifizieren, so die Richter. Die beiden jungen Angeklagten machten sich demnach lediglich der fahrlässigen Tötung strafbar.
Mit bis zu 170 km/h durch Berlin gerast Die beiden damals 24 und 26 Jahre alten Männer waren in der Nacht zum 1. Februar 2016 auf dem Kurfürstendamm im Stadtzentrum mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde unterwegs und rasten über elf Kreuzungen mit mehreren roten Ampeln.
Einer der beiden hatte an der Ecke Tauentzienstraße/Nürnberger Straße den Geländewagen eines 69-Jährigen erfasst, der bei Grün in die Kreuzung fuhr. Dessen Fahrer hatte keine Chance: Sein Auto wurde mehr als 70 Meter weit geschleudert. Der 69-Jährige starb noch an der Unfallstelle.
Was bedeutet das BGH-Urteil? "Das Urteil ist keinesfalls ein Freibrief für Raser. Mord ist bei illegalen Autorennen mit tödlichem Ausgang grundsätzlich möglich, betont der BGH, im Berliner Raser-Fall aber nicht richtig begründet worden. Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. Und für neuere Fälle gilt: Hier ist erst kürzlich das Gesetz verschärft worden. Selbst wenn man keinen Vorsatz nachweisen kann, sind Strafen bis zu zehn Jahren vorgesehen. Harte Strafen gegen Raser nach illegalen Autorennen sind also künftig durchaus möglich." ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam