Ehrenmord in Wien 18.09.2017, 10:31 Mord mit Kampfmesser in Wien: Eine 14-jährige Afghanin ist Montagfrüh in Favoriten mit zahlreichen Messerstichen getötet worden. Der Bruder (18) der jungen Frau - er dürfte seinem Opfer aufgelauert haben - stellte sich kurz danach auf einer Polizeiinspektion. "Er hat ein Geständnis abgelegt", sagte Polizeisprecher Harald Sörös. Die Ermittler gehen laut "Krone"-Informationen derzeit von einem Ehrenmord aus.
Tatort war ein Innenhof einer Wohnhausanlage in der Puchsbaumgasse. Anrainer hatten einen lautstarken Streit mitbekommen und gegen 8 Uhr die Polizei gerufen. Nach ersten Ermittlungen geht die Polizei davon aus, dass der 18-Jährige seine Schwester - sie war gerade auf dem Weg zur Schule - auf der Straße "abgepasst" haben dürfte, sagte Sörös. Die 14-Jährige sei in den Innenhof der Wohnanlage geflüchtet, wo es zu der grausigen Bluttat kam.
Mit Kampfmesser zugestochen Der Angreifer habe rund zehn Mal mit einem Kampfmesser auf die 14-Jährige eingestochen, so ein Beamter gegenüber krone.at. Beim Eintreffen der Helfer war das Opfer trotz sofort gesetzter Maßnahmen nicht mehr zu retten. Der Blutverlust angesichts der zahlreichen Verletzungen im Bereich von Hals, Brust und Bauch sei zu stark gewesen. Die Ersthelfer gingen von 13 Stichwunden aus.
Täter stellte sich Der 18-Jährige habe sich laut Polizei rund eine halbe Stunde nach dem Tod seiner Schwester gestellt. Er soll im Lauf des Tages einvernommen werden, hat aber laut Exekutive bereits ein Geständnis abgelegt.
Möglicher Ehrenmord Was das Motiv anlangt, gehen die Ermittler derzeit von einem Ehrenmord aus. Die genauen Hintergründe seien aber noch unklar, "die Ermittlungen laufen", so Sörös. Die Spurensicherung lief auf Hochtouren.
Der gebürtige Afghane, der am 18. September 2017 in Wien-Favoriten seine jüngere Schwester mit einem Kampfmesser getötet hat, wird sich wegen Mordes vor Geschworenen verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Hikmatullah S. zu Tatzeitpunkt 21 Jahre und drei Monate alt war. Damit gilt für den Angeklagten, der bei seiner Festnahme behauptet hatte, er wäre 18 Jahre alt, das Erwachsenenstrafrecht und damit ein Strafrahmen von zehn bis 20 Jahren oder lebenslange Haft.
Verteidiger Nikolaus Rast akzeptiert das allerdings nicht. Er ist überzeugt, dass sein Mandant am 1. Jänner 1999 und nicht - wie inkriminiert - am 29. Mai 1996 geboren wurde. Daher hat Rast die Anklage beeinsprucht. Die Entscheidung, ob diese zugelassen wird, liegt beim Wiener Oberlandesgericht (OLG).
Video: Schon drei Anwälte schmissen hin
25 Messerstiche
Mindestens 25-mal hatte der Afghane laut Anklage Mitte September 2017 auf seine Schwester Bakhti - sie hatte sich als 14 Jahre alt ausgegeben, dürfte laut Obduktionsergebnis aber bereits 17 oder 18 Jahre alt gewesen sein, als sie starb - eingestochen, nachdem er sie an der U-Bahn-Station Reumannplatz am Weg zur Schule abgepasst hatte. In einem Innenhof in der Puchsbaumgasse zog Hikmatullah S. ein Kampfmesser und tötete die junge Frau. Das Motiv laut Anklage: Die Getötete hätte „nach Ansicht des Angeklagten die Familienehre befleckt“.
Laut Anklage unterdrückt und geschlagen
Bereits Monate vor ihrem Tod war Bakhti im Juli 2017 in ein Krisenzentrum geflüchtet, da die junge Frau zu Hause von ihrem Vater und dem nun angeklagten Bruder immer wieder geschlagen worden sein soll, so die Anklageschrift. Sie hatte sich offenbar den Regeln, die die beiden Männer aufgestellt hatten - etwa nicht alleine außer Haus gehen zu dürfen bzw. der Zwang, ein Kopftuch tragen zu müssen - widersetzt und sich dagegen aufgelehnt.
Zunächst ließ sich die junge Frau zur Rückkehr bewegen, doch nur vier Tage vor ihrem Tod nahm Bakhti erneut Reißaus und flüchtete ins Krisenzentrum, äußerte immer wieder, große Angst vor ihrer Familie zu haben und berichtete von dem Vorhaben ihres Vaters, sie in Afghanistan „gegen ihren Willen zu verheiraten und dort alleine zurückzulassen“, so die Anklage. Die junge Frau widersetzte sich jedoch, wurde daraufhin gefesselt und in der Wohnung eingesperrt. Ihr gelang die Flucht, um vier Tage später bei der U-Bahn-Station auf ihren Bruder zu treffen - ihren mutmaßlichen Mörder.
Eine 14-jährige, die 17 oder 18 war, ein 18-jähriger, der 21 ist. So schwer ist Rechnen doch nicht. Im 2. Schuljahr rechnet man Zehnerübergreifend. Nette Menschen, die ihre Tochter fesseln und mit Zwangsverheiratung in einem Land drohen, aus dem sie geflüchtet sind.
WIEN Junge Afghanin in Wien-Favoriten erstochen: Lebenslange Haft für Bruder 1 KOMMENTAR 22.08.2018 13:15 (Akt. 22.08.2018 18:07)
Am 18. September 2017 soll der gebürtige Afghane in Wien-Favoriten seine jüngere Schwester vorsätzlich mit einem Kampfmesser getötet haben. Am Mittwoch fand der Mordprozess am Landesgericht Wien statt, bei dem der 22-jährige Bruder des Opfers zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Bruder hatte “irrsinnige Wut” Bruder geständig Bruder selbst “über diese Eskalation entsetzt” Diese Strafe droht dem Bruder Prozess um "Ehrenmord" gestartet Bilder vom Prozessauftakt Der gebürtige Afghane, der am 18. September 2017 in Wien-Favoriten seine jüngere Schwester mit einem Kampfmesser getötet hat, ist am Mittwoch am Landesgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch der Geschworenen wegen Mordes fiel einstimmig aus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Nikolaus Rast meldete nach Rücksprache mit seinem Mandanten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.
“Dafür kann es nur die Höchststrafe geben” “Mit dieser Tat haben Sie sich außerhalb der Gesellschaft gestellt. Dafür kann es nur die Höchststrafe geben”, stellte Richter Stefan Apostol in der Urteilsbegründung fest. Zwar läge mit der geständigen Verantwortung ein nicht unwesentlicher Milderungsgrund vor. Die besondere Brutalität und die besonders verwerfliche Motivlage wären bei der Strafbemessung aber zu berücksichtigen gewesen.Das Motiv wurzle “in einem verschrobenen Ehrgefühl, das mit den Wertvorstellungen der mitteleuropäischen Gesellschaft nicht in Einklang zu bringen ist”, sagte Apostol. Der Vorsitzende betonte unter Verweis auf das nach Dafürhalten des Gerichts schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des forensischen Anthropologen Fabian Kanz, der Angeklagte wäre im Tatzeitpunkt jedenfalls über 21 Jahre alt und damit als Erwachsener zu betrachten gewesen.
22-Jähriger legte bei Mordprozess Geständnis ab Zum Prozessauftakt legte der 22-Jährige ein Geständnis ab: “Ich gestehe”. Zu weiteren Angaben war er nicht bereit, Fragen wollte er nicht beantworten: “Ich möchte um Verzeihung bitten. Ich habe eine Straftat begangen. Ich möchte nicht mehr weiter sprechen.” Die Straftat habe er “wegen der Kultur begangen”, fügte er noch hinzu.
“Das, was hier passiert ist, kann man nicht entschuldigen”, betonte Verteidiger Nikolaus Rast. Der aus Afghanistan stammende junge Mann, der 2013 nach Wien gekommen war, hätte nach seiner Flucht “gewisse Sitten und Riten nicht abgelegt”. Er bzw. seine Familie hätten sich “nicht nach dem Land gerichtet, in dem er lebt”.
Schwester mit 28 Messerstichen getötet Laut Anklage stach der spätestens am 29. Mai 1996 geborene und damit mittlerweile 22-Jährige am 18. September 2017 mit einem Kampfmesser mit einer Klingenlänge von circa 20 Zentimetern zu. Er brachte der Schwester – sie hatte sich als 14 ausgegeben, war laut Obduktionsgutachten zum Zeitpunkt ihres Todes aber schon 17 oder 18 Jahre alt – 28 bis zu acht Zentimeter tiefe Schnitt- und Stichwunden bei.
“Das ist kein 14-jähriges Mäderl gewesen”, stellte Gerichtsmediziner Christian Reiter klar. Es habe sich “um eine ausgewachsene junge Frau gehandelt”. In deren Familie habe es offenbar “keine richtigen Altersangaben gegeben”. Die Stiche wurden laut Reiter “mit großer Wucht und großer Energie” geführt, vermutlich wurde auch noch auf die bereits am Boden Liegende eingestochen. Der Hals, der linke Oberarm und der linke Unterschenkel wurden durchstochen. Die Klinge verletzte weiters die Leber, beide Nieren, den Magen, Dünn- und Dickdarm und die Oberschenkelschlagader. Die junge Frau hatte nicht die geringste Überlebenschance.
Mädchen flüchtete bereits zuvor in ein Krisenzentrum “Sie wollte einen Neuanfang. Sie hat sich den Zwängen der afghanischen Gesellschaft widersetzt”, berichtete Staatsanwalt Mario Bandarra. Das Mädchen war im Juli 2017 in ein Krisenzentrum nach Graz geflüchtet, nachdem es zu Hause wiederholt zu Handgreiflichkeiten gekommen war. Ihr Vater und – angeblich auf dessen Anweisungen hin – der ältere Bruder sollen sie geschlagen haben. Die Schülerin lehnte sich immer stärker gegen die väterlichen Vorgaben – sie durfte ohne Begleitung nicht außer Haus und musste Kopftuch tragen – auf.
Auch einen ersten Freund dürfte es bereits gegeben haben. Im Krisenzentrum erzählte das Mädchen, der nunmehr angeklagte Bruder hätte sie tyrannisiert. Er soll sie etwa gezwungen haben, sein T-Shirt zu bügeln, und tätlich geworden sein, wenn sie sich weigerte.
Ungeachtet all dessen und obwohl sie eine polizeiliche Anzeige erstattet hatte, ließ sich die Schülerin zu einer Rückkehr von Graz zu ihrer Familie überreden. Sie hielt bei einer ergänzenden Befragung auch ihre ursprünglichen Angaben vor der Polizei nicht mehr aufrecht, so dass sicherheitsbehördlich nicht gegen den Vater und den Bruder vorgegangen werden konnte. Die Lebensumstände zu Hause dürften sich jedoch nicht gebessert haben. Am 14. September – und damit vier Tage vor ihrem Tod – flüchtete das Mädchen erneut, diesmal in ein Krisenzentrum in der Bundeshauptstadt. Den Betreuern erzählte sie, sie hätte Angst vor ihrer Familie. Ihr Vater wolle mit ihr nach Afghanistan fliegen, um sie gegen ihren Willen zu verheiraten.
“Sie hat ausgeschaut wie ein typisches muslimisches Mädchen. Lange Kleider, Kopftuch”, erinnerte sich eine Mitarbeiterin des Jugendamts im Zeugenstand. Das Mädchen hätte sich sehr auf die Schule und die bevorstehenden berufsvorbereitenden Tage gefreut: “Sie hat so gewirkt, als hätte sie sich bei uns sicher gefühlt.”
Bruder passte Schwester in Wien-Favoriten ab Am 18. September passte sie dann ihr älterer Bruder in der U-Bahn-Station Reumannplatz ab, als sie in die Schule wollte. Seinen Angaben zufolge wollte er sie überreden, wieder nach Hause zu kommen. Als die Schwester nicht mit sich reden ließ und ihm einen Stoß versetzte, zog er laut Anklage in einem Innenhof in der Puchsbaumgasse sein Messer und brachte sie damit zu Tode. “Sie hat sich gegen Vater und Mutter und die Regeln der afghanischen Community gestellt”, bemerkte dazu der Staatsanwalt. Er verwies explizit darauf, dass das Mädchen beim ersten Schulbesuch noch von einer Mitarbeiterin des Kriseninterventionszentrums begleitet wurde. Das war in weiterer Folge aus personellen Kapazitätsgründen nicht mehr möglich: “Das wurde ihr zum Verhängnis.”
“Da habe ich auch keinen Respekt mehr vor ihr gehabt” Nach seiner Festnahme erklärte der Angeklagte, die Schwester hätte ihm einen Stoß gegeben und ihm damit gezeigt, dass sie keinen Respekt vor ihm habe. “Da habe ich auch keinen Respekt mehr vor ihr gehabt”, gab er zu Protokoll. Er bedauere zwar ihren Tod. Es sei aber “gut, dass sie tot ist, weil sie die Ehre der Familie beschmutzt hat”, zitierte der Staatsanwalt aus dem Polizeiprotokoll.
“Er ist selbst Opfer der Familie”, gab Verteidiger Rast zu bedenken. Auch sein Mandant hätte unter der starken Hand des Vaters gelitten und diese zu spüren bekommen. Der mutmaßlich 22-Jährige habe zuletzt im Park geschlafen, weil er es zu Hause nicht mehr aushielt. Er sei vom Vater in jüngeren Jahren mit einem Kabel verdroschen worden, sei 2015 selbst ins Krisenzentrum gegangen. Für den Verteidiger stand fest, dass familiäre Hintergründe ausschlaggebend für die Bluttat waren. Der Angeklagte sei “in Wirklichkeit nichts Anderes als ein Werkzeug”, sagte Rast.
Der Verdacht, dass der Vater bzw. die Familie den Angeklagten angestiftet hatten, ließ sich nicht erhärten. Fest steht, dass der Angeklagte kurz vor bzw. während des Zusammentreffens mit seiner jüngeren Schwester über ein Headset telefonierte – mit wem, ließ sich nicht ermitteln. Auf Bildmaterial der Wiener Linien ist auch zu sehen, wie unmittelbar nach dem 22-Jährigen dessen Vater ein Rolltreppe in der U-Bahn-Station Reumannplatz benützt. Eine Beteiligung an dem Verbrechen war dem Mann aber nach längeren Erhebungen und Auswertung seiner Rufdaten nicht nachzuweisen. Die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn kein Verfahren eingeleitet