Von Laura Kaiser Im Totschlagsprozess von Breitenau sollen noch fünf Zeugen vernommen werden. Hoffnung auf Videomaterial hat sich derweil zerschlagen.
Breitenau/Chemnitz. Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Totschlagsprozess von Breitenau sollen für den 29. August ihre Plädoyers vorbereiten. Das verkündete die Vorsitzende Richterin am Landgericht Chemnitz während der gestrigen Verhandlung. An den verbleibenden drei Verhandlungstagen ist geplant, auf Antrag der Verteidiger fünf weitere Zeugen zu vernehmen. Ihrem Mandanten wird vorgeworfen, am 3.April des vergangenen Jahres einen 38-Jährigen aus Chemnitz absichtlich überfahren zu haben. Im seit Januar laufenden Prozess hat er sich bislang nicht zur Tat geäußert.
Für den 11. Juli sind zwei Zeuginnen geladen, die das Tatfahrzeug nach der Tat gesehen haben sollen. Sie hatten sich gemeldet, nachdem die Mutter des Angeklagten im Raum Flöha Zettel mit einem Zeugenaufruf ausgehangen hatte. Darauf abgebildet: ihr blauer Kleinwagen der Marke Peugeot sowie die Bitte sich zu melden, wenn man in der Nacht vom 3. zum 4. April zwischen Chemnitz und Freiberg ein entsprechendes Fahrzeug gesichtet habe.
Unter den geladenen Zeugen ist auch eine Polizeibeamtin, die bis Ende Juni verreist ist und die die Verteidiger zu den ersten Ermittlungstagen befragen wollen, sowie ein Gutachter, der erneut gehört werden soll. Die Zeugin, die den Toten bei Breitenau als erste entdeckt haben soll, wird am 20. August vernommen.
Derweil ist das Gericht dem Beweisantrag der Verteidiger nachgegangen, noch einmal beim Hauptbahnhof Chemnitz, bei der Citybahn sowie der Bundespolizei nachzuhaken, ob es Aufzeichnungen vom Abend des 3. April gibt. Hintergrund ist ihr Verdacht, dass sich der Plan des späteren Opfers, sich zum Autokauf in Plauen zu treffen, durch ein Gespräch nach Verlassen seines Hauses durch mündliche Absprachen geändert habe.
Auf seinem Handy wurde nichts entdeckt, was erklärt, warum er nach Dittersbach fuhr. Die Abfrage hat jedoch kein neues Material zu Tage gebracht, da Videos nach 48Stunden gelöscht oder gar nicht gespeichert werden. Die Bundespolizei hatte auf dem Bahnhof lediglich einen Verstoß gegen das Rauchverbot gegen 21Uhr festgestellt, wobei keine Personalien festgehalten wurden. "Aus Sicht der Kammer ist der Beweisantrag damit erledigt", so die Vorsitzende Richterin. Auch die erneute Ladung des Funkzellen-Sachverständigen lehnte das Gericht ab, da sein Bericht vorliege und eine zweite Beamtin dazu gehört wurde.
Die Verhandlung um den Totschlag wird am 11. Juli, 9 bis 12 Uhr vor dem Landgericht Chemnitz fortgesetzt.
Zeugin könnte Angeklagten im Prozess von Breitenau entlasten
Erschienen am 12.07.2018
Vor mehr als einem Jahr wurde auf einem Feld ein Mann aus Chemnitz totgefahren. Die alles entscheidende Frage im seit Januar laufenden Prozess lautet: Wer saß im Tatfahrzeug? Genau dazu gibt es neue Aussagen.
Breitenau/Chemnitz. Wem glaubt das Landgericht, wenn es Ende August ein Urteil im Prozess gegen einen Mann aus dem Raum Flöha fällen soll? Die Worte des Angeklagten selbst können weder Richter noch Schöffen bei ihrer Urteilsfindung einordnen - er verweigert nach wie vor jede Aussage. Bleiben also Indizien wie die Spuren im und am Fahrzeug, mit dem in der Nacht zum 4. April 2017 nachweislich ein 38-jähriger Chemnitzer auf einem Feld bei Breitenau überfahren wurde. Zugelassen war der Kleinwagen der Marke Peugeot auf eine Frau aus dem Raum Flöha. Vor Gericht steht jetzt ihr Sohn, der das Auto hauptsächlich nutzte, dessen Spuren darin sichergestellt wurden und der wenige Tage nach dem Fund der Leiche mit einer öffentlichen Fahndung gesucht wurde. Er stellte sich und sitzt in Untersuchungshaft.
Seit Januar läuft nun der Prozess gegen ihn, nach zwei im August noch ausstehenden Verhandlungstagen soll Ende kommenden Monats das Urteil gesprochen werden. Seit gestern hat das Landgericht dabei eine völlig neue Aussage zu bewerten - die einer 46-jährigen Frau aus Mittelsachsen. Schenkt ihr das Gericht Glauben,könnte dem Angeklagtenzumindest nicht mehr vorgeworfen werden, die Tat allein begangen zu haben.
Gemeldet hatte sich die Zeugin aufgrund eines Aushanges, den sie in der Nähe ihres Wohnortes fand. Mit diesen Aushängen - im gesamten Raum Flöha waren derartige zu finden - suchte die Mutter des Angeklagten seit Ende Mai auf eigene Faust nach Zeugen, die ihr Auto in der Tatnacht zwischen Freiberg und Chemnitz gesehen haben. Sie ist sich nach eigenen Angaben sicher, dass ihr Sohn unschuldig ist. Vor Gericht wollte sie nicht aussagen, unter anderem weil sie und ihre Familie angeblich bedroht würden, falls sie sich zur Sache äußern.
Mit ihrem Aushang hatte die Mutter des Angeklagten nun aber womöglich Erfolg. Es meldete sich die 46-Jährige, die gestern als Zeugin vor dem Landgericht in Chemnitz erschien. Sie gab zu Protokoll, dass sie am 3. April gegen 22.30 Uhr von Freiberg über die B 173 in Richtung Chemnitz gefahren sei. An der Kreuzung mit der Gerichtsstraße in Oederan sei dann von links ein blauer Peugeot auf die Bundesstraße in Richtung Freiberg eingebogen. "Der war viel zu schnell und kam auf meine Fahrspur", sagte die Frau. Nur durch eine Vollbremsung hätte ein Zusammenstoß vermieden werden können. Wenige Sekunden hätten sich der Wagen der Frau und der Peugeot nur wenige Zentimeter voneinander entfernt gegenüber gestanden. "Dabei habe ich gesehen, dass er vorn völlig demoliert war, auch die Frontscheibe war kaputt", so die Frau.
Viel wichtiger aber: Im Auto hätte sie nicht nur einen, sondern zwei Männer erkannt, die sie mit Worten und Gesten beschimpften. "Der Fahrer war ein Mann mit Bart, der Beifahrer ein recht junger Mann. Ich hatte dann Angst und bin schnell weitergefahren."
Die Frage, ob sie in einem der beiden Männer den Angeklagten erkannte, wurde weder von Richtern noch vom Staatsanwalt gestellt. Ohnehin hegen Beobachter Zweifel an der Aussage der Zeugin. Denn die Frau und der Angeklagte kennen sich. "Ich arbeite mit seiner Mutter im gleichen Unternehmen, auch er selbst hat dort schon einmal ausgeholfen", sagte die Frau im Zeugenstand über die Verfasserin der Aushänge und deren Sohn. Vom Kriminalfall bei Breitenau habe sie bislang kaum etwas gewusst. "Die Mutter des Angeklagten wollte nie über diesen Fall sprechen", sagte die Frau. Sie habe sich lediglich auf die Zeugensuche hin gemeldet.
Zufällige Begegnung einer Bekannten des Angeklagten mit den wahren Tätern oder inszenierte Aussage? Nicht nur diese Frage, die sich Beobachter gestern stellten, macht die Urteilsfindung schwierig. Auch die Verbindungen des Toten und des Angeklagten zur Chemnitzer Auto-Tuning-Szene sowie das angeblich zwielichtige Privatleben des Opfers standen immer wieder im Mittelpunkt der Vernehmungen. Die Fortsetzung ist am 10. August.
Die Frage, ob sie in einem der beiden Männer den Angeklagten erkannte, wurde weder von Richtern noch vom Staatsanwalt gestellt. Ohnehin hegen Beobachter Zweifel an der Aussage der Zeugin. Denn die Frau und der Angeklagte kennen sich. "Ich arbeite mit seiner Mutter im gleichen Unternehmen, auch er selbst hat dort schon einmal ausgeholfen", sagte die Frau im Zeugenstand über die Verfasserin der Aushänge und deren Sohn. Vom Kriminalfall bei Breitenau habe sie bislang kaum etwas gewusst. "Die Mutter des Angeklagten wollte nie über diesen Fall sprechen", sagte die Frau. Sie habe sich lediglich auf die Zeugensuche hin gemeldet.
Zufällige Begegnung einer Bekannten des Angeklagten mit den wahren Tätern oder inszenierte Aussage? Nicht nur diese Frage, die sich Beobachter gestern stellten, macht die Urteilsfindung schwierig. Auch die Verbindungen des Toten und des Angeklagten zur Chemnitzer Auto-Tuning-Szene sowie das angeblich zwielichtige Privatleben des Opfers standen immer wieder im Mittelpunkt der Vernehmungen. Die Fortsetzung ist am 10. August.
Breitenau-Prozess: Angeklagter bleibt in Untersuchungshaft
Erschienen am 14.08.2018
Im Totschlagsprozess von Breitenau am Landgericht Chemnitz haben die Verteidiger des Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen alle drei Berufsrichterinnen gestellt. Die Verhandlung am Freitag wurde aber mit der Anhörung von Zeugen fortgesetzt. Die Entscheidung über den Befangenheitsantrag hätte eine Unterbrechung erfordert, sagte die Sprecherin des Landgerichts, Marika Lang. Ein Antrag des Angeklagten auf Haftprüfung ergab die Fortdauer der Untersuchungshaft. Dem Mann aus Mittelsachsen wird vorgeworfen, in der Nacht zum 4. April 2017 auf einem Feld bei Breitenau einen 38-jährigen Chemnitzer überfahren zu haben. Das Urteil und damit der Abschluss des Verfahrens ist für den 29. August geplant. (mbe)