Einsatz Verdacht auf Tötungsdelikt in Leipzig: Frau stirbt und Kind verletzt 19. August 2025, 09:18 Uhr
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Teilen Die Polizei und die Staatsanwaltschaft Leipzig ermitteln nach einem mutmaßlichen Tötungsverbrechen.
Wie die Polizei mitteilte, wurden Montagabend in einer Wohnung im Stadtteil Reudnitz ein Kind und eine Frau mit schweren Verletzungen gefunden.
Die 42-Jährige sei im Krankenhaus gestorben. Der zehn Jahre alte Junge sei "inzwischen außer Lebensgefahr", werde aber weiter in einer Klinik behandelt, hieß es.
Ein 37 Jahre alter Mann sei als Tatverdächtiger vor Ort in der Fritz-Hanschmann-Straße festgenommen worden, teilte die Polizei weiter mit. Weitere Einzelheiten könnten noch nicht genannt werden.
20.08.2025 05:55 11.773 Blutiges Drama in Leipzig: ER zerstach ein Familienglück Von Alexander Bischoff
Leipzig - Welcher Hass hat diesen Mann getrieben? In Leipzig ist ein 37-Jähriger mit einem Messer auf seine ehemalige Lebensgefährtin (42) und den gemeinsamen Sohn (10) losgegangen. Die Frau überlebte die Attacke nicht. Das schwer verletzte Kind konnte von Ärzten gerettet werden.
Eine gepflegte Arbeitersiedlung im Leipziger Südosten ist Montagnacht zum Schauplatz einer schrecklichen Tragödie geworden. Anwohner der Fritz-Hanschmann-Straße bemerkten gegen 22.30 Uhr eine blutüberströmte Frau vor einem der Wohnhäuser und machten eine Polizeistreife darauf aufmerksam, die in der Gegend gerade zu einem anderen Einsatz unterwegs war.
Die Beamten riefen sofort Verstärkung. Das Bild, das sich ihnen bot, war verstörend. Neben der um ihr Leben ringenden Frau befand sich noch ein durch Messerstiche schwer verletztes Kind in der Erdgeschosswohnung im Haus Nummer 1. Dessen Vater Nick W. soll sich ebenfalls dort befunden haben - mit wirrem Blick und einem Messer in der Hand.
Mit gezogenen Waffen zwangen die Polizisten den Mann auf den Boden, ihre zur Verstärkung angerückten Kollegen holten den Jungen aus der Wohnung.
Nach Angaben der Polizei wurde die Mutter vom Rettungsdienst sofort ins Krankenhaus gebracht. Dort erlag Susann K. jedoch ihren schweren Stichverletzungen.
Die Wahnsinnstat war offenbar das blutige Finale eines Trennungsdramas.
Nick W. und Susann K. waren mal ein Paar, der Junge ist ihr gemeinsames Kind. Ende 2016 bezogen sie die schicke Erdgeschosswohnung, dem Familienglück schien nichts mehr im Wege zu stehen. Wie Nachbarn berichteten, soll es später aber immer wieder zum Streit gekommen sein. Schließlich zog Nick W. aus.
Susann K. und Nick W. waren jedoch nicht nur ein Elternpaar, sondern auch Kollegen im Städtischen Klinikum St. Georg.
Was letztlich zu der Wahnsinnstat führte, ist auch den Ermittlern der Mordkommission noch unklar. Fest steht nur: Ein kleiner Junge verlor in dieser Nacht auf brutalste Weise sein Familienglück. Er muss nun ohne Mutter und Vater aufwachsen.
Gegen Nick K. wurde Haftbefehl wegen vollendeten und versuchten Mordes erlassen.
Sohn (10) schwer verletzt: Mutter (42) erstochen, Ex-Freund verhaftet
Johannes Proft
20.08.2025 - 08:42 Uhr
Leipzig – Während Susann K. (42) mit dem Tode rang, war ihr Sohn (10) noch in der Gewalt des Messerstechers und schrie um Hilfe.
Am Tag nach dem Femizid in der Reudnitzer Fritz-Hanschmann-Straße, schildert nun ein Augenzeuge die dramatischen Szenen. „Es war wie ein furchtbarer Film, was sich da abspielte“, sagt Ibrahim Becker (22), der direkt neben der Tatwohnung in Leipzig lebt, zu BILD.
Nach seiner Schilderung war es kurz nach 22 Uhr, als er trotz Kopfhörern bemerkte, wie jemand gegen die Nachbartür trat. Der Security-Mitarbeiter habe dann auch Hilferufe gehört: „Als ich dann die Tür öffnete, hatte sich Frau K. blutend ins Freie geschleppt. Sie sackte am Bordstein zusammen“, erzählt er. Schnell seien zwei Polizisten vor Ort gewesen, die sich um die Frau kümmerten.
Täter soll mit Messer angegriffen haben Nach BILD-Informationen war die Frau mit einem Messer lebensbedrohlich verletzt worden. Das Schlimmste: Während die Mutter draußen in ihrem Blut lag, war der Sohn (10) drinnen noch in der Gewalt des Mannes!
„Der Junge schrie vor Angst, die Polizisten gingen jedoch nicht gleich in die Wohnung, sondern warteten auf Verstärkung“, sagt der Augenzeuge. Das SEK, das Minuten später eintraf, befreite schließlich den Jungen. „Er hatte auch Verletzungen an Po und Rücken“, so Becker.
21.08.2025 06:00 771 Mutter und Kind niedergestochen: War der Frauen-Mörder von "Vernichtungswillen" getrieben? Von Alexander Bischoff
Leipzig - Nach dem brutalen Frauenmord und dem versuchten Mord an einem zehnjährigen Jungen in Leipzig herrschen Entsetzen und Wut. Während Mittwochabend Frauenrechtlerinnen am Tatort gegen Femizide demonstrierten, fragen sich Freunde und Bekannte des Opfers, warum Susann K. (†42) ihrem späteren Mörder noch einmal die Tür öffnete.
Schon am Dienstagabend hatten sich Nachbarn und Freunde von Susann K. vor deren Wohnhaus an der Fritz-Hanschmann-Straße versammelt, um der getöteten Mutter zu gedenken und ihrem schwer verletzten Sohn in Gedanken beizustehen.
Sie habe mit ihrem Ex-Partner immer wieder heftigen Streit gehabt, ist von einer Bekannten zu erfahren. Trotz der Trennung sei Nick W. noch immer eifersüchtig gewesen. Auch um den Umgang mit dem gemeinsamen Sohn habe es seit Jahren Zoff gegeben.
Die Frage, die alle beschäftigt: Wie hat es der 37-Jährige an jenem verhängnisvollen Montag geschafft, dass ihn Susann noch einmal in die einst gemeinsam bewohnte Wohnung ließ?
Eine Antwort darauf hat auch die Mordkommission noch nicht. Allerdings gehen die Ermittler von einer gezielten Tötungsabsicht und nicht von einer Spontantat im Affekt aus.
Ungewöhnlich, dass Frauenmörder auch seinen Sohn umbringen wollte
Wie aus Ermittlerkreisen zu erfahren war, soll die Spurenlage in der Wohnung auf ein planvolles Vorgehen des Täters und einen regelrechten Vernichtungswillen hindeuten.
Ungewöhnlich sei jedoch, dass der Vater auch seinen eigenen Sohn habe töten wollen, erklärte ein Beamter.
In diesem Zusammenhang interessieren sich die Mordermittler auch für seine Verbindungen in die schwarze Subkultur. Sein Handy, Computer und Datenträger wurden von der Kripo sichergestellt und sollen schnellstmöglich ausgewertet werden. Sowohl Nick W. als auch Susann K. sollen in der Gothic-Szene unterwegs gewesen sein.
Mittwochabend wurde das tragische Geschehen dann auch politisiert. Nach einem Aufruf der linken Frauenorganisation Zora demonstrierten über 150 Menschen vor dem Mordhaus gegen Femizide.
Interview Mutmaßlicher Femizid in Leipzig - "Häufigste Art ist sogenannte Trennungstötung" 21. August 2025, 17:02 Uhr
In Leipzig soll ein Mann seine Ex-Partnerin und den gemeinsamen Sohn schwer verletzt haben; die Frau stirbt. Wenige Tage zuvor wird in Weißenfels eine Frau mutmaßlich von ihrem Freund mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und angezündet. In beiden Fällen liegt ein sogenannter Femizid nahe. Der Begriff ist juristisch zwar nicht definiert, aber zentral in der Forschung zu Gewalt gegen Frauen. MDR-Journalistin Julia Cruschwitz beschäftigt sich intensiv mit dem Thema.
von MDR AKTUELL
Teilen Julia, vielleicht müssten wir zunächst einmal klar definieren, was überhaupt als Femizid bezeichnet wird.
Julia Cruschwitz: Ein Femizid ist ein Mord an einer Frau, weil sie eine Frau ist, aus geschlechtsspezifischen Gründen. Man könnte sagen, dass es etwas ist, was eher einer Frau passiert als einem Mann. Darunter fallen zum Beispiel – im Zusammenhang mit Menschenhandel, also organisierter Kriminalität, Prostitution – Frauen, die da umgebracht werden. Frauen, die infolge von Zwangsverheiratung sterben, bei Mitgiftangelegenheiten umgebracht werden, Embryonen, die schon im Mutterleib getötet werden, in Kriegshandlungen, wenn Frauen systematisch vergewaltigt und getötet werden. Das sind alles Femizide, weil sie eben eher Frauen als Männern passieren.
Und die häufigste Art von Femiziden, auch gerade hier in Deutschland oder in allen westeuropäischen Ländern, ist die sogenannte Trennungstötung. Also ein Mann tötet seine Frau, wenn sie sich trennen möchte. Oder im Grunde in einer Beziehung, wenn sie nicht das tut, was er möchte, sieht er keine anderen Ausweg. Oder er nimmt sich das Recht heraus, ihr das Leben zu nehmen. Meist aus einer Kontrolle heraus, weil er sehr stark dominiert und die absolute Kontrolle über eine Person ist eben, wenn man sie tötet. Das ist meist der Hintergrund von den Femiziden in Deutschland.
Julia Cruschwitz
Gefühlt haben solche Taten, also Femizide, in Deutschland zugenommen. Wie sehen denn die Zahlen aus?
Wenn wir diese Trennungstötungen oder Tötungen in oder nach Partnerschaften anschauen: Da gibt es Zahlen der Kriminalstatistik. Die werden seit 2015 erhoben und sind mehr oder weniger gleich. Man hat um die 130 Tötungen pro Jahr. Ich habe mir die Zahlen noch einmal rausgesucht, von 2019 an. Da waren es 117 Frauen, die durch den Partner oder Ex-Partner getötet wurden. 2024 waren es 133. Wir hatten 2023, ich sage jetzt mal, einen traurigen Rekord von 155. Aber so 130 bis 150 sind es pro Jahr. Und das heißt: Jeden zweiten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner in Deutschland umgebracht. Das ist seit Jahren so.
Was tun denn die Behörden gegen diese Entwicklung in Mitteldeutschland, aber auch in Deutschland insgesamt. Wer fühlt sich da überhaupt verantwortlich? Das ist ein sehr komplexes Thema. Denn Beziehung, Partnerschaft, Familie ist ein äußerst komplexes System, wo verschiedenste Behörden mit eingreifen. Es gibt auch die Istanbul-Konvention, ein internationales Regelwerk, wo genau beschrieben wird, was, wie, wo gemacht werden muss, um diese Femizide zu verhindern.
Es hat sich in den letzten Jahren etwas getan, aber natürlich nicht genug, wie man an den Zahlen sieht. Es gibt ein sogenanntes Hochrisikomanagement, wo Polizei, Jugendämter, die Familiengerichte, wenn's gut läuft Staatsanwaltschaften und so, sich zusammensetzen und solche Risikofälle ermitteln. Man muss ja präventiv vorgehen. Das ist noch nicht in allen Bundesländern eingeführt.
In Thüringen gibt es das immer noch nicht. Sachsen hat es eingeführt, Sachsen-Anhalt hat es letztes Jahr eingeführt. Und alleine im Einzugsbereich der Polizeidirektion Leipzig gibt es 300 Hochrisikofälle, wo die Polizei davon ausgeht, dass ein Tötungsdelikt geschehen kann. Das sind quasi alles tickende Zeitbomben. Es ist schon sehr bedauerlich, dass nicht alle Bundesländer, zum Beispiel Thüringen, so ein Hochrisikomanagement eingeführt haben.
BKA-Lagebericht Gewalt gegen Frauen nimmt in allen Bereichen zu Wie wird denn das Thema in anderen europäischen Ländern angegangen? Kann man sich da vielleicht Vorbilder suchen?
Das absolute Vorreiterland ist Spanien. Die hatten eine sehr, sehr hohe Anzahl von Femiziden, viel, viel höher als bei uns pro Einwohner gerechnet. Und die haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket erlassen, einen nationalen Sicherheitspakt geschlossen, Milliarden Euro freigemacht. Und die haben es geschafft, die Zahl der Femizide um 40 Prozent zu reduzieren. Ein Beispiel wird immer genannt: die elektronische Fußfessel. Das ist aber immer nur ein Bestandteil von einem umfangreichen Maßnahmenpaket.
Ganz wichtig wäre eben, das Umgangs- und Sorgerecht zu verschärfen für Täter häuslicher Gewalt. Da ist es immer noch so, dass viele Täter häuslicher Gewalt Zugang zu ihren Kindern und dadurch wieder Zugriff auf die Frauen haben. Es ist immer noch so, dass die Frauenhausplätze viel zu wenig sind. Es ist immer noch so, dass Strafanzeigen im Sande verlaufen, dass sie nicht richtig verfolgt werden. Und da gibt es zum Beispiel in Spanien eine Frist: Sechs Wochen nach der Tat muss Anklage erhoben werden. Es gibt spezielle Staatsanwaltschaften und auch spezielle Gerichte, die sich nur damit befassen. Das wäre schon mal zum Beispiel eine erste Maßnahme.