Verurteilung eines "Reichsbürgers" wegen versuchten Mordes an Polizeibeamtem bestätigt
Beschluss vom 13. Dezember 2023 – 3 StR 326/23
Der Bundesgerichtshof hat die Revision eines "Reichsbürgers" gegen ein Urteil des Oberlandesgericht Stuttgart verworfen, mit dem der 63-Jährige wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit weiteren Delikten zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden war.
1. Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen radikalisierte sich der Angeklagte ab 2017 in der Szene der Reichsbürger. Er sah sich als Staatsangehöriger des Bundesstaats Großherzogtum Baden und stellte die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede. Entsprechend seiner ideologischen Einstellung, wonach die Gesetze der Bundesrepublik für ihn nicht gelten würden, entzog er sich an einem Abend im Februar 2022 bei einer Trunkenheitsfahrt durch den südbadischen Landkreis Lörrach mehreren Polizeikontrollen. Schließlich fuhr er mit seinem PKW einen ihm zu Fuß entgegenkommenden Polizeibeamten unter Billigung dessen Todes gezielt an und setzte seine Flucht fort. Er fügte ihm auf diese Weise schwere Kopfverletzungen zu, die zu einer andauernden Dienstunfähigkeit führten. Der Angeklagte handelte mit der Gesinnung, er könne sich das erfundene "Recht" nehmen, Polizisten zu töten, wenn sie gegen seine "Fantasierechtsordnung" verstießen.
Das Oberlandesgericht hat die Tat unter anderem als versuchten Mord (§ 211 Abs. 1 und 2 Gruppe 1 Variante 4, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) beurteilt, weil es die in der Reichsbürgerideologie wurzelnden Beweggründe des Angeklagten als niedrig bewertet hat.
2. Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Ohne Erfolg hat der Revisionsführer insbesondere geltend gemacht, die in den Urteilsgründen dargelegte Beweiswürdigung weise durchgreifende Mängel auf. Das Strafverfahren ist damit rechtskräftig abgeschlossen.
Vorinstanz:
OLG Stuttgart – 2 - 2 StE 15/22 – Urteil vom 24. März 2023
Karlsruhe, den 28. Dezember 2023
Maßgebliche Vorschriften:
§ 211 StGB – Mord
(1)Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2)Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
§ 22 StGB – Begriffsbestimmung
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
§ 23 StGB – Strafbarkeit des Versuchs
(1)Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2)Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat ...
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Karlsruhe, den 28. Dezember 2023
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-5013 Telefax (0721) 159-5501
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Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung eines Reichsbürgers wegen versuchten Mordes an Polizisten
Beschluss vom 26. November 2024 - 3 StR 204/24
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart verworfen. Dieses hatte den Angeklagten unter anderen wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Verstößen gegen das Kriegswaffenkontroll- sowie das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten.
Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen beschäftigte sich der Angeklagte seit dem Jahre 2016 mit Verschwörungstheorien, darunter auch mit solchen der sogenannten Reichsbürgerbewegung. Seit Beginn der Corona-Krise war er zudem im sogenannten Querdenkermilieu verhaftet. Infolge seiner zunehmend staatsfeindlichen Geisteshaltung beschloss er nach dem Verlust seiner Wohnung, sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzuziehen. Er ließ sich Ende 2021 auf einem nach außen völlig abgeschotteten Bauernhof in Boxberg-Bobstadt nieder. Dort lebte er isoliert von der Außenwelt als Selbstversorger. Seinen bisherigen Arbeitsplatz gab er auf. Er sah das Gehöft und seine ihm dort zur Verfügung gestellte Wohnung als eigenständiges, jedenfalls nicht der staatlichen Rechtsordnung unterworfenes Gebiet an. Er traf Vorkehrungen, um etwaige Eindringlinge, insbesondere auch Vertreter des von ihm nicht mehr anerkannten Staates von dem Grundstück fernzuhalten und in die Flucht zu schlagen. Zeitgleich mit seiner Radikalisierung begann er, illegale, vorwiegend vollautomatische Schusswaffen nebst dazugehöriger Munition anzuschaffen, darunter die spätere Tatwaffe, eine Replik des Sturmgewehrs Kalaschnikow, ein Maschinengewehr, mehrere Maschinenpistolen und über 5.000 Schuss Munition. Diese funktionstüchtigen Schusswaffen verwahrte er geladen und zugriffsbereit in seinem Haus. Am frühen Morgen des 20. April 2022 begaben sich neun Beamte eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei zur Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses zum Grundstück des Angeklagten. Ihrer Aufforderung, das Haus zu verlassen, kam der Angeklagte nicht nach. Vielmehr feuerte er mit seinem vollautomatischen Gewehr aus unterschiedlichen Positionen seiner Wohnung über 40 Einzelschüsse auf die Beamten, von denen zwei verletzt wurden. Etwa zwei Stunden nach dem letzten Schuss verließ der Angeklagte das Gebäude und wurde festgenommen.
Die durch die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils durch den für Revisionen in Staatsschutzstrafsachen zuständigen 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen lassen. Das Oberlandesgericht hat insbesondere mit Blick auf die staatsfeindliche Tatmotivation des Angeklagten rechtsfehlerfrei das Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe bejaht.
Das Verfahren ist mit der Entscheidung des Senats rechtskräftig abgeschlossen.
Vorinstanz:
OLG Stuttgart - 7 St - 2 StE 17/22 - Urteil vom 15. November 2023
Karlsruhe, den 27. Dezember 2024
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