COLD CASES Kriminalität Polizei rollt ungeklärte Fälle auf Wird der Mord an einem Mädchen aus Brambauer nun geklärt?
Sophie Schober Redakteurin 18.05.2023 17:30 Uhr
1970 wurde ein Mädchen in Brambauer ermordet. Die Polizei tappt im Dunkeln. Der Fall liegt bei den Akten. Doch die Beamten hoffen auf späte Aufklärung.
Es gibt Kriminalfälle, an denen beißen sich Polizisten die Zähne aus. Manche begleiten die Beamten nahezu ihre gesamte Ermittlerlaufbahn. Und dennoch werden sie nicht gelöst – Tötungsdelikte beispielsweise. Solche sogenannten Cold Cases gibt es reichlich in Nordrhein-Westfalen. Seit 1970 zählt die Polizei 1143 solcher Fälle in NRW. So soll es aber nicht bleiben, wenn es nach den Beamten geht. Um die Aufklärung der ungelösten Fälle voranzutreiben, hat das Landeskriminalamt 2017 eine Datenbank eingerichtet. Hier sollen langfristig sowie landesweit alle ungeklärten, versuchten und vollendeten Tötungsdelikte ab dem Jahr 1970 erfasst werden.
Bei der Polizeidirektion Dortmund, die auch für Lünen zuständig ist, wurden mehr als 40 Fälle als Cold Cases identifiziert, wie Polizeisprecher Peter Bandermann auf Anfrage der Redaktion erklärt. Neue Ermittlungsmethoden und -ansätze sollen helfen, die alten Fälle aufzuklären. So können beispielsweise noch Jahre später sichergestellte DNA-Proben untersucht werden.
„Für die Aufarbeitung richtet unser KK 11 eine Ermittlungskommission ein, die voraussichtlich im Spätsommer 2023 ihre Arbeit aufnehmen wird. Die sehr umfangreiche Sichtung und Auswertung erfolgt unter kriminalpolizeilichen Gesichtspunkten und ist in allen Fällen mit den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften abzustimmen“, so Peter Bandermann weiter.
Ungeklärter Mord an Zehnjähriger Auch ungelöste Fälle aus Lünen oder mit Bezug zur Lippestadt sind dabei. So auch der bis heute ungeklärte Mord an der zehnjährigen Anita. Sie lebte gemeinsam mit ihren Eltern in der Helmutstraße in Brambauer. Am 5. März 1970 kommt die Schülerin nicht zu ihren Eltern zurück. Die Eltern, der Vater ein Bergmann, geben bei der Polizei eine Vermisstenanzeige auf.
Die Beamten suchen im Lüner Stadtteil nach dem vermissten Mädchen, gehen jedem Hinweis nach. Auch dem von einem Schüler. Er habe gesehen, wie Anita vor der Glückauf-Apotheke an der Königsheide in einen roten Käfer eingestiegen sei. Ermittlungen in diese Richtung blieben aber erfolglos.
Zwei Monate nach dem Verschwinden wird in einem Haus an der Ecke Heinrichstraße/Waltroper Straße eine Leiche entdeckt. Der Verdacht bestätigt sich. Kaum einen Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt liegen die sterblichen Überreste des Mädchens. Die Obduktion lässt vermuten, dass sie mit brutaler Gewalt erschlagen wurde. Und das sehr wahrscheinlich bereits am Tag ihres Verschwindens.
Mord an der Lüner Stadtgrenze Ein zweiter Cold Case, mit dem sich die Polizei noch immer beschäftigt, ist der Mord an Anne Saußen. Die damals 84 Jahre alte Frau wurde in der Nacht zum 24. März 1998 in ihrer Wohnung in Oberaden, unweit der Lüner Stadtgrenze, überfallen, nachdem sich der oder die unbekannten Täter vermutlich durch das Badezimmerfenster im ersten Obergeschoss Zugang zur Wohnung verschafft hatten.
Der oder die Täter knebelten Anne Saußen und durchsuchten ihre Wohnung. Das Opfer erstickte und wurde erst am nächsten Morgen tot aufgefunden. Vor einiger Zeit wurde der Fall neu aufgerollt. „Wir vermuten, dass es dem Täter damals um Geld und andere Wertgegenstände ging“, sagt die zuständige Staatsanwältin Sandra Lücke. „Es spricht einiges dafür, dass der oder die Täter sich das Opfer gezielt ausgesucht haben. Wir hoffen durch den erneuten Aufruf in der Öffentlichkeit auf eine heiße Spur in diesem „Cold Case“, sagte die Staatsanwältin damals.
Hoffnung auf Aufklärung Neue Erkenntnisse könne Bandermann zu beiden Fällen nicht berichten, wie er sagt. Doch der Polizeisprecher ist zuversichtlich, dass sich durch neue Ermittlungsansätze und Methoden die alten Fälle, bei denen alle Hinweise ins Leere gelaufen sind, gelöst werden können. „Umfangreiche Ermittlungen führten bereits in der Vergangenheit zu Erfolgen, darunter auch die Verurteilung des Mörders von Nicole Denise Schalla aus Dortmund.“