Anschlag in München geplant: Ali Reza K. (36) wollte auf Marienplatz viele Menschen töten
FOCUS OnlineAnschlag in München geplant: Ali Reza K. (36) wollte auf Marienplatz viele Menschen töten
Samstag, 10.07.2021, 11:26
Nur mit Glück entging München im Mai 2020 einer Katastrophe: Ein 36-jähriger Afghane wollte mit einem PS-starken Auto in die Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz rasen und ein Blutbad anrichten. Jetzt begann der Prozess gegen den psychisch kranken Mann, der aus islamistischen Motiven gehandelt haben soll. Die Parallelen zum Messer-Attentat von Würzburg sind erschreckend.
Am 10. Mai 2020 entging die bayerische Landeshauptstadt München offenbar nur knapp einer Katastrophe. Nach den Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München wollte der heute 36 Jahre alte Ali Reza K., der im Iran geboren wurde und afghanischer Staatsbürger ist, in der Innenstadt ein Blutbad anrichten. Er hatte geplant, mit einem PS-starken Auto in die Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz zu rasen und möglichst viele Menschen „durch Überfahren zu töten“.
Das Vorhaben scheiterte, weil es dem Mann trotz mehrerer Versuche nicht gelang, ein Tatfahrzeug gewaltsam zu kapern. Bewaffnet mit einem etwa 30 Zentimeter langen Küchenmesser und vermutlich mit einem massiven Eisenhammer, überfiel er insgesamt vier Autos, die an einer roten Ampel warteten. Dabei soll er mehrere Male „Allahu Akbar“ („Gott ist am Größten“) gerufen und auf die Scheiben der Autos eingeschlagen haben. Doch die Fahrer konnten flüchten – und so Schlimmeres verhindern.
Er plante Anschlag in München und rief "Allahu Akbar" Für die Generalstaatsanwaltschaft steht fest: „Der Beschuldigte handelte aus islamistischen Motiven.“
An diesem Freitag begann am Landgericht München der Prozess gegen Ali Reza K., der psychisch krank ist und seit über einem halben Jahr in einer Fachklinik behandelt wird. Er leidet unter einer paranoiden Schizophrenie, hat Wahnvorstellungen. Vieles deutet darauf hin, dass er die Tat im Zustand der verminderten - wenn nicht gar aufgehobenen - Schuldfähigkeit beging. Er war höchstwahrscheinlich nicht in der Lage, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Im Prozess geht es deshalb nicht um die Frage, wie lange der Täter bei einer Verurteilung ins Gefängnis muss. Vielmehr wird das Gericht darüber entscheiden, ob er dauerhaft in eine psychiatrische Einrichtung gehört.
Ermittler: Beschuldigter ist "für die Allgemeinheit gefährlich" Für die Generalstaatsanwaltschaft besteht daran kein Zweifel. Sie ist überzeugt, dass von dem Beschuldigten auch künftig „erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist“. Eine abschließende Bewertung bleibt freilich dem renommierten psychiatrischen Gutachter Matthias Hollweg vorbehalten, der den Beschuldigten untersucht hat und den gesamten Prozess über beobachten wird.
Das Medieninteresse an dem Verfahren ist groß, offenkundig wegen der Parallelen zum tödlichen Messerangriff von Würzburg am 25. Juni 2021. Auch dort soll der Täter ein psychisch kranker Zuwanderer gewesen sein, der während seines Verbrechens „Allahu Akbar“ rief - für die Ermittler ein Hinweis auf mögliche islamistische Motive. Ob dem wirklich so ist, wird sich noch zeigen - in Würzburg wie in München.
Verteidigerin Beer: "Keinen Kontakt zur Terrororganisation IS" Kurz nach 9 Uhr wird der Beschuldigte in den Verhandlungssaal A 101 geführt. Ein eher kleiner, nicht allzu kräftiger Mann, weiße Turnschuhe, Jeans, hellbrauner Pulli, die dunklen Haare am Hinterkopf und an den Seiten rasiert. Neben ihm sitzt eine Dolmetscherin, die auf Dari übersetzt, eine der beiden Amtssprachen in Afghanistan. Hinter ihm hat seine Pflichtverteidigerin Ruth Beer Platz genommen.
Beer gibt zu Beginn der Verhandlung eine Erklärung ab. Dabei räumt sie die Vorwürfe gegen ihren Mandanten im Kern ein. In einem zentralen Punkt widerspricht sie jedoch: „Die Tat hat keinen islamistischen Hintergrund.“ Ali Reza K. habe „keinen Kontakt zum IS“, also zur Terrororganisation Islamischer Staat und habe auch nicht „Alahu Akbar“ gerufen, wie die Ermittler behaupten. Beer benennt ein anderes Motiv für die Tat. Ihr Mandant leide an „Wahnvorstellungen“.
Wahnvorstellungen: Italienische Mafia tötete seine Familie So sei er schon längere Zeit vor der Tat von dem Gedanken besessen gewesen, die italienische Mafia habe „seine Familie getötet“ und „seine Schwester entführt“. Deswegen sei Ali Reza K. sogar zur Polizeiinspektion München-Laim gegangen und habe versucht, die nur in seinem Kopf existierenden Verbrechen anzuzeigen. „Die Polizei hat ihm nicht geholfen“, so Rechtsanwältin Beer. Allerdings sei ihr Mandant später wegen seiner massiven Wahn- und Angstvorstellungen mehrere Tage in einer Münchner Klinik stationär behandelt worden.
Die Verteidigerin bestätigte, dass es Ali Reza K. bei seinem – letztlich gescheiterten – Attentatsversuch vornehmlich auf „Christen“ abgesehen hatte. Er sei nämlich davon ausgegangen, dass Angehörige der italienischen Mafia christlichen Glaubens seien. Laut Beer wollte er sich für die angeblichen Gräueltaten gegen seine Familie „rächen“. Dabei habe er eigenständig und spontan gehandelt.
Schockierter Zeuge berichtet: "Der war außer Rand und Band" Wie dramatisch die Situation für die Opfer war, deren Autos der Beschuldigte kapern wollte, machte ein älterer Herr deutlich, ein Ingenieur im Ruhestand mit Brille und dunkelblauer Jacke. Er saß am Steuer eines Audi Q3, neben ihm seine Frau. Das Paar wartete an einer roten Ampel. Plötzlich bemerkten sie einen Mann, der sich aus der Fußgängergruppe löste und direkt auf sie zukam. „Er rüttelte am Türgriff der Fahrertür und hat immer wieder auf die Scheibe eingeschlagen. Dabei hat er geschrien“, berichtete der Zeuge. Zum Zustand des Angreifers sagte er: „Der war außer Rand und Band und ist immer aggressiver geworden.“
Er und seine Frau hätten kurzzeitig „unter Schock“ gestanden, erzählte der Mann, dann habe er jedoch schnell reagiert und „einfach Gas gegeben“. Obwohl die Ampel noch Rot zeigte, fuhr er über die Kreuzung. „Das war richtiges Glück“, so der Zeuge. Im Rückspiegel sah er, wie der Attentäter auf ein anderes Auto losging.
Junge Frau wollte aussteigen - Mutter hielt sie zurück Auch andere Betroffene schilderten zum Prozessauftakt erschreckende Szenen. Der Beschuldigte habe versucht, „die Autotür aufzureißen“ und „sehr stark gegen die Scheibe geschlagen“. Sie hätten, als der Mann an ihr Auto herantrat, laute Knallgeräusche gehört und seien erschrocken. Eine junge Frau wollte eigentlich aussteigen, doch ihre ebenfalls im Auto sitzende Mutter riet ihr dringend davon ab - „eine gute und richtige Entscheidung", wie der Vorsitzende Richter bemerkte.
Dass der Beschuldigte schnell gefasst wurde und seinen „blutrünstigen Plan“ (Zitat Richter) nicht umsetzen konnte, ist einem glücklichen Umstand zu verdanken: Zwei Polizisten in Zivil observierten gerade die Umgebung rund um den Tatort. Aus ihrem Auto heraus hielten sie Ausschau nach Reifenstechern, die das Viertel seit geraumer Zeit unsicher machten.
Großes Glück: Zivilpolizisten zufällig in Nähe des Tatorts Plötzlich sahen sie einen Mann – den jetzt Beschuldigten – sehr schnell an ihrem Wagen vorbeilaufen, an seinem Gürtel hing ein langes Messer. Die Beamten stiegen aus und forderten Ali Reza K. auf, „sofort“ stehenzubleiben und sich hinzulegen. Dabei drohten sie auch den Schusswaffengebrauch an. Erst bei der zweiten Aufforderung reagierte der Mann. Die Polizisten fesselten ihn und nahmen ihm das Messer ab.
Bei seiner ersten kurzen Befragung erklärte der Überwältigte, er wollte es „für den IS tun“ – also den Islamischen Staat – und sich „an Christen rächen“. Einem Polizisten bestätigte er, während der Tat „Alahu Akbar“ gerufen zu haben. Hinweise auf tatsächliche Kontakte zu Terroristen, etwa auf dem Mobiltelefon des Mannes, fanden die Ermittler nicht. Bei seinen Angaben gegenüber der Polizei erwähnte Ali Reza K. auch die angebliche Verfolgung seiner Familie durch die italienische Mafia. Einige seiner Angehörigen seien nach Griechenland und in die Niederlande entführt und dort „enthauptet“ worden, so der Mann.
Trotz der aufgeheizten Situation wirkte der Afghane nach seiner Festnahme merkwürdig ruhig und gefasst, beinahe gelöst. Ein Polizist vor Gericht: „Er hat gelächelt.“
Bislang keine Angaben zu Einreise-Umständen und Asylstatus Ali Reza K.s Vorhaben, in der Münchner Innenstadt zahlreiche Menschen zu töten, schlug fehl und wird von der Justiz deshalb auch nicht verfolgt. Die Vorwürfe beschränken sich auf „versuchten räuberischen Angriff auf Kraftfahrer“ in vier Fällen sowie Sachbeschädigung.
Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigen kamen am ersten Verhandlungstag noch nicht zur Sprache, etwa Fragen zu seiner Einreise nach Deutschland und seinem Asylstatus. Das soll bei der Fortsetzung des Prozesses am kommenden Montag nachgeholt werden.
Anschlagspläne in München? 26-Jähriger vor Gericht
Ein 26-Jähriger soll geplant haben, mit einem gestohlenen Auto durch die Münchner Fußgängerzone zu rasen und Menschen zu töten. Jetzt muss sich der Mann vor Gericht verantworten. Einen islamistischen Anschlag habe er nicht geplant, so seine Anwältin.
Mit einem Geständnis des Angeklagten begann heute am Landgericht München der Prozess gegen den 26-Jährigen. Der Mann hatte im vergangenen Jahr erfolglos in München mehrmals versucht, ein Auto in seine Gewalt zu bringen, um dann möglichst viele "Christen" zu töten. Dem Vorwurf er habe einen islamistischen Anschlag geplant, widersprach der Angeklagte allerdings in seinem Geständnis.
Angeklagter: Spontane Tat gegen die Mafia Über seine Anwältin ließ der Angeklagte mitteilen, dass er zum Zeitpunkt der Tat geglaubt habe, seine Familie sei von der italienischen Mafia entführt worden. Da die Mafia überwiegend aus Christen bestünde, habe er aus Rache viele Menschen christlichen Glaubens töten wollen, so die Verteidigerin. Deswegen hätte sich der Angeklagte vergangenen Mai spontan zu dem Versuch entschlossen, an einer Münchner Kreuzung bewaffnet mit einem Messer ein Auto in seine Gewalt zu bringen, was aber misslang.
Zeuge bestätigt Aussagen über Mafia Einem islamistischen Anschlagsziel widersprach der 26 Jährige. Ein Zeuge, der den Mann bis zur Festnahme verfolgt hatte, bestätigte, dass der Angeklagte immer wieder wirr von der Mafia und seiner Familie gesprochen habe. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft leidet der Angeklagte an paranoider Schizophrenie. Der Prozess soll bis nächsten Mittwoch dauern und könnte damit enden, dass der Mann dauerhaft in die Psychiatrie kommt.
Am Landgericht München wird gegen einen 26-jährigen Mann verhandelt, der einen islamistischen Anschlag geplant haben soll. Noch ist aber unklar, inwieweit der gebürtige Iraner schuldfähig ist.
Prozess zwei Wochen nach Attentat von Würzburg Der Prozess begann genau zwei Wochen, nachdem ein 24-jähriger Somalier in einem Kaufhaus in Würzburg drei Frauen erstochen und sieben Menschen verletzt hatte: Am Landgericht München wird jetzt gegen einen 26-jährigen Mann verhandelt, der im Mai 2020 einen islamistischen Anschlag geplant haben soll. Zuvor hatte sich der Mann wiederholt psychisch auffällig gezeigt. Wie in Würzburg halten Ermittler auch hier islamistische Motive für "naheliegend".
Mit Hammer auf Autos eingeschlagen Laut Generalstaatsanwaltschaft wollte der Münchner Angeklagte ein Auto stehlen und damit in der Münchner Fußgängerzone Menschen überfahren. Um an ein Fahrzeug zu kommen, soll der gebürtige Iraner vier Autofahrer an einer roten Ampel mit einem Messer und einem Hammer bedroht haben. Mit dem Hammer soll er auch auf die Autos eingeschlagen und dabei "Allahu Akbar" ("Allah ist groß") gerufen haben. Die Fahrer haben aber Gas gegeben und sind davongerast.
Angeklagter möglicherweise schuldunfähig Zehn Minuten nach Beginn der Attacken war der 26-Jährige festgenommen worden. Angeklagt ist er nun wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer und Sachbeschädigung. Noch ist unklar, inwieweit der gebürtige Iraner überhaupt schuldfähig ist.