Prozess um sexuellen Missbrauch Angeklagter erscheint nicht – Richter macht klare Ansage
Von Johanna Tüntsch 30.06.2021, 14:09 Uhr Prozess um sexuellen Missbrauch in Köln: Angeklagter erscheint nicht – Richter macht Ansage . Die Mitangeklagte vor Gericht: Sie erschien mit einer rosafarbenen Maske und einer Bluse mit rosa Blüten. (Quelle: Johanna Tüntsch)
In Köln sollte das Verfahren gegen einen Mann und eine Frau beginnen, die ein 13-jähriges Mädchen sexuell missbraucht haben sollen. Doch dazu kam es nicht – der Angeklagte war nicht auffindbar.
Der Beginn des Strafprozesses am Landgericht gegen ein ehemaliges Paar aus Köln, dem die Staatsanwaltschaft Kindesmissbrauch vorwirft, begann zunächst mit dreistündiger Verzögerung. Schließlich wurde der Prozess ganz auf den Freitag vertagt. Der Grund dafür: Der Angeklagte erschien nicht.
Da der 26-jährige Angeklagte keinen festen Wohnsitz hat, dürfte erhöhter Aufwand notwendig sein, um ihn zu finden und aufzugreifen. Strafverteidiger Marc Donay zeigte sich angesichts des Ausbleibens seines Mandanten ratlos. "Ich habe ihn vor einigen Tagen noch gesehen und hatte keinen Grund zu denken, dass er nicht kommt", erklärte er dem Vorsitzenden Richter Christoph Kaufmann. Laut Angabe des Verteidigers saß der Angeklagte zunächst fünf Monate lang in Untersuchungshaft und gestand in einem Haftprüfungstermin zumindest Teile der Anklage. Anders als bei vielen sonstigen Missbrauchsfällen vor dem Landgericht sind die Angeklagten in diesem Fall auf freiem Fuß gewesen.
Post erreiche den Angeklagten über dessen Großvater. Er selbst lebe aber wohl in einem Zelt am Rheinufer im Kölner Süden. Dort soll laut Angaben des Gerichts auch der schwere mehrfache Missbrauch stattgefunden haben, von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht. Opfer soll ein damals 13-jähriges Mädchen gewesen sein. Die heute junge Frau ist im Verfahren als Nebenklägerin anwaltlich vertreten.
Richter: "Das war wirklich blöd!
Erfolglos versuchte der Verteidiger, den Angeklagten auf dessen Handy zu erreichen. "Schicken Sie ihm eine SMS, dass wir hier einen Haftbefehl gegen ihn prüfen", empfahl Kaufmann sichtbar verärgert, der als nächstes überlegte, ob der Mann an seiner Arbeitsstelle aufzuspüren sei. "Die Adresse vom Arbeitgeber habe ich mir blöderweise nicht geben lassen", musste Donay einräumen, woraufhin Kaufmann deutlich wurde: "Das war wirklich blöd! Vielleicht googeln Sie ihn mal, wir schicken sonst die grüne Minna los."
Die 26-jährige Mitangeklagte erschien zum Verfahren hingegen überpünktlich. "Was würden Sie tun, wenn Sie den Mann dringend erreichen müssten?", fragte Richter Kaufmann die Frau. Sie behauptete, keinen Kontakt mehr zum Angeklagten zu haben. Er soll sich aber oft bei seiner aktuellen Freundin aufhalten, die in einer Mutter-Kind-Einrichtung lebe. Die Mitangeklagte gab auch den Kontakt seiner Mutter an den Richter weiter. Sie sei eine weitere Kontaktmöglichkeit.
Kammer erlässt Haftbefehl
Als nach der Prozess einer Pause wieder eröffnet wurde, fehlte der Angeklagte immer noch. In dem Gebiet, wo der Man kampieren soll, hätten Polizeibeamte ihn nicht finden können. "Die haben dort kein Zelt gefunden und keinen Hinweis darauf, dass kürzlich eines dort gestanden hätte", so der Vorsitzende Richter.
Auch über den Telefonanschluss der Mutter habe man niemanden erreicht. Das Gericht habe nun einen Haftbefehl gegen den 26-Jährigen erlassen. "Außerdem möchte ich Rechtsanwalt Donay bitten, dass er sich bemüht, seinen Mandanten zu finden – auch in dessen Interesse", so Kaufmann.
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