Raubmord in Marbach Spur zu Marbacher Raubmord nach 25 Jahren Von Christian Kempf 11.05.2021 - 15:04 Uhr
Anna Frank aus Marbach ist vor 25 Jahren in ihrer Wohnung Opfer eines Raubmords geworden. Jetzt hat die Polizei einen Tatverdächtigen im Visier.
Marbach - Der Marbacher Eichgraben ist ein eher ruhiges Fleckchen Erde. In dem Wohngebiet kennt im Prinzip jeder jeden. Ausgerechnet hier trug sich vor 25 Jahren allerdings ein außergewöhnlich brutales Verbrechen zu. Die allein lebende Anna Frank wurde am 19. Dezember 1996 nach ersten Erkenntnissen der Polizei von mehr als einem Täter stundenlang in ihren eigenen Wänden festgehalten, geschlagen, misshandelt – und schließlich mit einem Messer getötet.
Die Mörder der 83-Jährigen waren augenscheinlich auf Geld aus gewesen, vermuteten offenbar irgendwo ein Versteck, weshalb sie die Frau wohl auch so drangsalierten. Die Polizei suchte seinerzeit mit Hochdruck nach den Tätern. Für Hinweise, die zur Ermittlung von Franks Peinigern führen würden, war sogar eine Belohnung von 5000 DM ausgesetzt. Aber die Verantwortlichen wurden nie gefasst. Nun, 25 Jahre später, keimt neue Hoffnung auf, den Fall doch noch aufzuklären.
Hinweis aus dem Ausland Die Ermittler verfolgen inzwischen eine Spur, die zu einem Tatverdächtigen geführt hat. Zu verdanken habe man das der Polizei aus dem Ausland, berichtet Yvonne Schächtele, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Von dort habe man die Nachricht erhalten, dass ein Mann wegen eines anderen Vergehens im Gefängnis sitze, auf dessen Konto auch ein Tötungsdelikt in Deutschland gehen könnte. In welchem Staat er seine Haftstrafe verbüßt, dazu hält sich Schächtele mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren bedeckt. Fakt sei aber, dass nach dem Hinweis die Polizei in ganz Deutschland ihre ungelösten und infrage kommenden Kapitalverbrechen durchforstete. Dabei wurde auch der Cold Case von Anna Frank nochmals unter die Lupe genommen. Und dieser passte in das Muster, nach dem man gesucht hatte – sodass plötzlich, nach 25 Jahren, ein Tatverdächtiger gefunden war.
DNA-Spuren sichergestellt „Das heißt bislang aber nur, dass die Ermittlungen gegen den Mann intensiviert werden. Ihn hatte man damals nicht auf dem Schirm, wie es überhaupt seinerzeit nicht gelang, einen Verdächtigen zu ermitteln“, erklärt Schächtele. In einem nächsten Schritt werde man nun versuchen, über einen DNA-Abgleich zu klären, ob sich der Anfangsverdacht erhärten lässt. Möglich wird das dadurch, dass in der Wohnung von Anna Frank vor 25 Jahren ein „tatrelevanter Gegenstand“ sichergestellt wurde, erklärt die Polizeisprecherin. Und an besagtem Gegenstand befinden sich eben auch DNA-Spuren. Passen diese Überbleibsel zum Erbgut des Verdächtigen, haben die Ermittler ein entscheidendes Puzzleteil gefunden. In der Folge würde dann beispielsweise noch nachgeforscht, ob der Verdächtige zum Zeitpunkt des Mordes Verbindungen in den Raum Marbach unterhalten hat.
Es braucht folglich noch etwas Geduld, bis man weiß, ob der Fall Anna Frank wirklich aufgeklärt werden kann. Es ist übrigens und natürlich nicht der einzige Cold Case, der im Landkreis Ludwigsburg darauf wartet, gelöst zu werden. Insgesamt 17 Verbrechen, die schon längere Zeit zurückliegen, werden von der Polizei bearbeitet – in der Hoffnung, doch noch einen Schuldigen ausfindig zu machen.
Fallpaten für Cold Cases Es gibt beim zuständigen Polizeipräsidium Ludwigsburg zwar keine eigene Einheit, die sich um solche Cold Cases kümmert. Das heißt aber nicht, dass die Beamten an solche Kapitalverbrechen nach einigen Jahren für immer ein Häkchen machen und die Akten für alle Ewigkeit im Schrank verstauben würden. „Wir haben Fallpaten, die für bestimmte Delikte zuständig sind und in regelmäßigen Abständen nach neuen Ansätzen und Erkenntnissen suchen“, erklärt Schächtele.
Mord in Marbach Beim Cold Case ist Geduld gefragt Von Christian Kempf 22.06.2021 - 00:00 Uhr ' Im Fall der vor 25 Jahren in Marbach getöteten Anna Frank verfolgt die Polizei eine neue Spur. Die Ermittlungen brauchen aber ihre Zeit, weil sich der Verdächtige im Ausland aufhält.
Marbach - Einige Schwerverbrechen lassen sich leider nie lösen. Sämtliche Spuren laufen ins Leere. So sehr die Ermittler auch nachbohren, es lässt sich einfach kein Verdächtiger ausmachen. Der brutale Mord an Anna Frank am 19. Dezember 1996 im Eichgraben schien so ein Fall zu sein, der sich einfach nicht aufklären lässt. Inzwischen keimt bei den Strafverfolgungsbehörden aber neue Hoffnung auf. Ein Mann ist nun, 25 Jahre nach der grauenhaften Tat, ins Visier der Polizei geraten. Ob sich die neue Spur erhärten wird, steht allerdings noch in den Sternen.
Rechtshilfeverfahren angestoßen Das Problem ist nämlich, dass sich der Verdächtige im EU-Ausland aufhält. Nach letzten Angaben der Polizei sitzt er wegen eines anderen Vergehens im Gefängnis. Bedeutet: Die deutschen Behörden haben keinen direkten Zugriff auf den Mann. Angestrebt wird aber, einen DNA-Abgleich vornehmen zu lassen. Der ist nur deshalb überhaupt möglich, weil in der Marbacher Wohnung von Anna Frank an einem „tatrelevanten Gegenstand“, wie die Polizei sagte, entsprechende Spuren gesichert worden waren. Um den Abgleich in die Wege zu leiten, habe man inzwischen ein Rechtshilfeverfahren in Richtung des betreffenden EU-Landes angestoßen, erklärt Mareike Hafendörfer, die Heilbronner Pressestaatsanwältin. Solche Anliegen würden heutzutage zwar schneller als früher umgesetzt, es dauere aber dennoch seine Zeit, bis mit einem Ergebnis zu rechnen ist. Das liege unter anderem daran, dass bestimmte Formalitäten zu berücksichtigen seien. Sie könne deshalb auch kein konkretes Datum nennen, bis wann man weiß, ob der Verdächtige tatsächlich mit dem Mord in Marbach in Verbindung stehen könnte.
Hinweis aus dem Ausland Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem Cold Case war der Umstand, dass die hiesigen Behörden aus dem Ausland den Hinweis erhalten hatten, dass dort ein Mann in Haft sei, der auch für ein Tötungsdelikt in Deutschland infrage kommen könnte. Daraufhin wurde in den Polizeipräsidien der Republik überprüft, welche Fälle ins Muster passen könnten. Darunter war auch der Raubmord an Anna Frank aus dem Jahr 1996. Die 83-Jährige war in ihrer Wohnung im Eichgraben erstochen aufgefunden worden. Nachbarn hatten die Polizei alarmiert, nachdem der Briefkasten vollgelaufen war. Zudem waren die Fensterläden der Wohnung tagelang nicht geöffnet worden. Die damals zusammengestellte 17-köpfige Sonderkommission ging davon aus, dass mehr als eine Person für den Tod von Frank verantwortlich war, die sich mehrere Stunden in der Gewalt der Täter befunden hatte.
„Offenbar versuchten sie durch massivste Gewaltanwendung, die Frau zur Preisgabe eines vermutlich nicht vorhandenen Geldversteckes zu zwingen. Dabei schlugen und misshandelten sie die 83-Jährige“, hieß es damals in einem Bericht der Marbacher Zeitung. Die Staatsanwaltschaft hatte 5000 D-Mark für Hinweise zur Ermittlung oder Ergreifung der Täter ausgesetzt, aber diese Belohnung nicht auszahlen müssen: ein Verdächtiger konnte nie ausfindig gemacht werden. Doch vielleicht kann der Cold Case nun doch noch abgeschlossen werden. „Es ist klar, dass man in so tragischen Fällen nichts unversucht lässt“, betont Staatsanwältin Mareike Hafendörfer.