Verbraucherschutz im Rechtsdienstleistungsmarkt Koalition einigt sich auf Erfolgshonorare für Anwälte
von Hasso Suliak
02.06.2021
Mehr Rechtssicherheit für Inkasso-Unternehmen, die Rechtsdienstleistungen anbieten und Erfolgshonorare für Anwälte: Die GroKo hat beim Legal-Tech-Gesetz eine Einigung erzielt. Noch im Juni soll das Gesetz im Bundestag verabschiedet werden.
Einigung in letzter Minute: Das umstrittene Legal-Tech-Gesetz, das offiziell "Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt" heißt, soll noch in dieser Wahlperiode im Bundestag verabschiedet werden. Wie Rechtspolitiker von Union und SPD gegenüber LTO bestätigten, einigte sich die Koalition auf diverse Änderungen im Vergleich zum Ursprungsentwurf, das Gesetzgebungsverfahren soll noch in dieser Legislatur abgeschlossen werden.
Der ursprüngliche Regierungsentwurf war im Rahmen einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages kürzlich äußerst kontrovers diskutiert worden. Vor allem die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte sich massiv gegen die im Entwurf vorgesehenen Erfolgshonorare für die Anwaltschaft oder auch rechtssicherere Rahmenbedingungen für Legal-Tech Unternehmen, die Rechtsdienstleistungen anbieten, ausgesprochen. Beides soll es nun aber gleichwohl – wenn auch mit gewissen Änderungen und wohl auch Zugeständnissen an die BRAK – geben.
Keine Aufspaltung des Gesetzes
Vom Tisch ist damit auch die von einigen erwartete Aufspaltung des Vorhabens in einen Teil zu Legal-Tech-Inkassodienstleistern und einen, der die Anwaltschaft betrifft und der wegen der heftigen Kontroversen erst in der kommenden Wahlperiode hätte neu diskutiert werden sollen. Allerdings wird das Gesetz nun auch nicht, wie ursprünglich von der SPD favorisiert, in unveränderter Form verabschiedet. Wichtige Veränderungen, auf die man sich dem Vernehmen nach am Montag in einer Arbeitsgruppe verständigt hat, betreffen vor allem die Anwälte und Anwältinnen.
Ziel des Legal-Tech-Gesetzes ist es grundsätzlich, mehr Chancengleichheit zwischen Legal Tech-Anbietern und Anwaltschaft zu schaffen. Viele Anwältinnen und Anwälte beklagen schon seit längerem ungleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen und Start-Up-Unternehmen, die, wie zum Beispiel die Betreiber von wenigermiete.de oder flightright.de, Rechtsdienstleistungen für Verbraucher:innen anbieten und dabei an anwaltliches Berufsrecht grundsätzlich nicht gebunden sind. Das Gesetz reagiert nunmehr auf diese Schieflage, indem entsprechende Widersprüche zwischen dem Inkassorecht im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und dem Anwaltsrecht in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) beseitigt werden. Erfolgshonorar ja, aber keine Prozessfinanzierung
Gelockert wird nunmehr definitiv das Verbot für die Anwaltschaft nach § 49a BRAO, Erfolgshonorare zu vereinbaren. Anwält:innen dürfen diese künftig bei außergerichtlichen und gerichtlichen Mandaten bei allen Geldforderungen bis 2.000 Euro verlangen. Im Vergleich zum Vorentwurf aber mit Einschränkungen: "Erfolgshonorare dürfen zukünftig in bestimmten Fällen nicht vereinbart werden, nämlich dann, wenn es um unpfändbare und damit in der Regel höchstpersönliche Forderungen wie etwa familienrechtliche Ansprüche geht", so CDU-Rechtspolitiker Jan Marco Luczak.
Um Waffengleichheit mit den Inkassodienstleistern nach dem RDG herzustellen, sollte ursprünglich der Anwaltschaft in diesem Bereich auch die Prozessfinanzierung erlaubt werden. Das ist nun aber offenbar auf Druck der BRAK aus dem Gesetz gestrichen worden: "Rechtsanwälte müssen auch künftig als Organe der Rechtspflege den Interessen ihrer Mandanten verpflichtet bleiben und unabhängigen Rechtsrat erteilen. Das haben wir sichergestellt, indem wir die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit der Prozessfinanzierung gestrichen haben", bestätigte Luczak.
Auch der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner zeigte sich gegenüber LTO zufrieden: "Die Prozessfinanzierung und das Erfolgshonorar sind – zurecht – sensible Themen, für die wir einen tragfähigen Kompromiss gefunden haben. Erfolgshonorare dürfen nun u.a. bei Forderungen bis 2.000 Euro, aber nicht bei höchstpersönlichen Forderungen vereinbart werden." SPD: "Anwaltliche Core Values bleiben gewahrt" (Grundwerte)
Brunner zufolge sei es Anwältinnen und Anwälten im außergerichtlichen Verfahren, "wo die meisten Fälle abgewickelt werden" fortan möglich, "nun ebenfalls den Verbraucherinnen und Verbrauchern interessante Beratungsmodelle anzubieten". Zum anderen, so Brunner, blieben auch die anwaltlichen Core values gewahrt: "Da im Gerichtsverfahren das finanzielle Risiko steigt, halten wir eine finanzielle Interessentrennung durch das Verbot der Prozessfinanzierung zwischen der Rechtsanwaltschaft und der Mandantschaft hier für den richtigen Weg."
Die BRAK hatte sich in ihrer Stellungnahme massiv gegen Erfolgshonorare und die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung ausgesprochen. Diese führten zu Interessengegensätzen zwischen Rechtsanwalt und Mandant, da der Rechtsanwalt zum Investor des Mandats und damit aufgrund der erheblichen ökonomischen Eigeninteressen gleichsam zur Partei werde. Er sei dann nicht mehr das unabhängige Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO). "Der Rechtsanwalt rückt in den gewerblichen Tätigkeitsbereich, da er nicht mehr nur seine Rechtskenntnisse anbietet, sondern auch sein Kapital (oder das eines Dritten).” Das Recht, so die BRAK, verkomme zur Ware und das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant werde erheblich belastet. Zumindest was die Änderung bei der "Prozessfinanzierung" anbelangt, dürfte die BRAK nun zufrieden sein. Erfolgshonorare konnte sie jedoch nicht verhindern. Union: "Wettbewerbsnachteil für Anwälte beseitigt"
Bei den Koalitionspartnern herrscht angesichts der erzielten Einigung in der Koalition Genugtuung: "Wir gestalten den regulativen Rahmen so, dass auch Rechtsanwälte ihre Geschäftsmodelle fortentwickeln und innerhalb ihrer berufsrechtlichen Pflichten im Wettbewerb mit Inkassodienstleistern bestehen können," erklärte MdB Luczak, der auch als Rechtsanwalt zugelassen ist. "In den letzten Jahren ist die Nutzung von Legal-Tech-Angeboten durch Verbraucher stark angestiegen. Diese Entwicklung geht an den Rechtsanwälten bis heute jedoch weitgehend vorbei, weil das Berufsrecht sie sehr stark reguliert", so Luczak.
Erfreut zeigte sich Luczak insbesondere über die Aussicht, dass Anwält:innen künftig Erfolgshonorare verlangen dürfen. Derzeit hätten Legal-Tech-Anbieter "einen erheblichen Wettbewerbsvorteil" gegenüber Rechtsanwälten, da sie diese vereinbaren dürften. "Der Gesetzentwurf beseitigt diesen Wettbewerbsvorteil und schafft ein Level-Playing-Field. Verbraucher erhalten nun eine größere Auswahl und Rechtsanwälte können Mandanten künftig attraktive Angebote machen." "Weitergehende Pflichten für Legal-Tech-Anbieter"
Um die Wettbewerbsbedingungen anzugleichen, soll es aber nach Angaben der Union auch für Legal-Tech-Anbieter im Vergleich zum Ursprungsentwurf "weitergehende Pflichten" geben: "So sollen zukünftig Inkassodienstleister für ihre Kunden erstreckende Gelder unverzüglich an diese auskehren müssen. Damit reduzieren wir das Insolvenzrisiko für die Kunden von Legal Tech Anbietern", erklärte Luczak.
Mit den nun vorgesehenen Änderungen, so Luczak, werde dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot Rechnung getragen und der regulative Rahmen für Rechtsanwälte und Inkassodienstleister verfassungs- und europafest ausgestaltet.
SPD-Politiker Brunner ergänzte: "Durch das Gesetz stärken wir zum einen Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch Unternehmen, da diese von interessanten Beratungsangeboten der Rechtsanwaltschaft zur Durchsetzung von Forderungen profitieren werden. Zum anderen schaffen wir Rechtssicherheit im Spannungsfeld zwischen Inkassodienstleistern und der Rechtsanwaltschaft, die nun deutlich flexiblere Vergütungsmodelle anbieten kann."
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Es ist noch nicht lange her, da versuchten die Berufsvertretungen der Rechtsanwälte, online Beratungen, wo nach der Zeit abgerechnet wird, zu unterbinden. Begründung : die 1,99 -2,99 EUR / MIn. würden schnell viel teurer für die Ratsuchenden als das Honorar nach der BRAGO (Bundesrechtsanwaltgebührenordnung). Ist aber mittlerweile legitim, die online Rechtsberatung zu nutzen, wobei nur Volljuristen dort sind. Eine schnelle, fachlich Korrekte Rechtsauskunft ist dort im Zeitraum von meistens 10 Minuten ohne Terminvorgabe zu erhalten , auch am Wochenende bis etwa 2200 h . Engagierte Advokaten haben so auch die Möglichkeit, neue Mandanten zu bekommen. Da weiß der Mandant, was es kostet und bekommt nicht wie so oft für ein kurzes Beratungsgespräch eine RE im 300 EUR Bereich.
Nach meinem Kenntnisstand liegt ein Beratungsgespräch bei einem RA laut RVG bei 190 €. In unserem Bundesland (müsste aber überall so sein) gibt es kostenlose Beratung duch RA bei den Amtsgerichten und/oder es werden Beratungsscheine ausgestellt für Menschen mit niedrigem Einkommen oder Leistungsempfängern. Meist werden die Ratsuchenden dann auch durch diese/n RA im Anschluss vertreten oder suchen sich einen Anwalt ihrer Wahl (Beratungsschein).
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Die Beratungsscheine sind weitgehend heruntergefahren worden, auch gg. den Ratschlag der Juristenverbände. Fing damit an, daß bei Trägern, die kostenlose Schulnerberatungen anbieten, jede Menge Leute ohne Jurastudium, meistens Leute mit (sozial) pädagogischen Kenntnissen so Dauer-Arbeitsverhältnise nach Kurz-Schulungen erhalten haben. Ist unter dem Strich um einiges teurer als die Beratungsgutscheine über die Amtsgerichte. Außerdem werden Fristen / Einsprüche / weitergehende Maßnahmen oder die Abwägung, ob ein außergerichtlicher Vergleich für die Betroffenen nicht bedeutend besser ist als die Inso-Zeit mit entsprechenden Lohnabtretungen der bessere Weg ist. Bei YT beschreiben mehrere Juristen dieses Procedere und auch die Kosten. Das ist eben etwas für ausgewiesene Fachleute. Gut gemeint ist wieder einmal nicht gut gemacht................... Ist einfach interessant, newsletter mit allgemeinen Jura Themen zu lesen.
Also die Beratungsgespräche beim Amtsgericht und die Ausstellung von Beratungsscheinen für juristische Beratungen gibt es noch immer und das die Anzahl zurückgegangen ist, merkt man jedenfalls in der Praxis nicht, ganz im Gegenteil. @park.ranger@gmx.net In der Regel wird dann auch Prozesskostenhilfe beantragt und gewährt, sofern Aussicht besteht den Prozess zu gewinnen (Beratungsscheininhaber)
Das von LTO beschriebene Procedere des Erfolgshonorars bezieht sich wohl eher auf aussergerichtlichen Einigungen bei Geldforderungen?.Oder habe ich das missverstanden?
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