Der „liebevollste Vater“ vor Gericht Baby starb an Schädelbruch Baby 13. August 2019 um 18:53 Uhr
43 Minuten jedenfalls kämpften die Rettungskräfte an jenem Tag im März in Alsdorf-Mariadorf um das Leben des Säuglings – vergeblich, wie der Notarzt am Dienstag vor dem Landgericht Aachen aussagte.Der verzweifelt wirkende Vater, die Geschwister der Kindsmutter und deren Eltern – „in der ganzen Wohnung war tiefe Trauer“, schilderte ein Polizist die damalige Situation beim Prozessauftakt.
Angeklagt ist der 37-jährige Vater. Er wird beschuldigt, sein Kind getötet zu haben, als die Kindsmutter wegen eines Eingriffs im Krankenhaus war: entweder mit massiven Schlägen gegen den Schädel des Kindes – oder er habe den Säugling gegen die Wand oder einen Gegenstand geschlagen, heißt es in der Anklage. Der Säugling starb demnach an den Folgen eines Schädelbruchs. Der Vater steht wegen Totschlags vor Gericht. Er habe den Tod des Jungen billigend in Kauf genommen, lautet die Anklage.
Der Angeklagte bestreitet die Tat. Sein Bonner Anwalt Uwe Krechel, bekannt aus einer RTL-Gerichtsshow, verlas eine entsprechende Mitteilung. Er verwies auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten. Demnach hätte das Kind schon mehrere Stunden zuvor verletzt worden sein können und die tödlichen Folgen erst mit Zeitverzögerung eingetreten sein. Der Angeklagte selbst betonte, er könne sich nicht erklären, wie es zu dem Schädelbruch gekommen sei. Der Schlosser und Maschinenführer schilderte, wie er bereits zwei Söhne aus erster Ehe groß gezogen habe. Noch heute – nach der Trennung – gebe es einen guten Zusammenhalt.
Die 29-jährige Mutter des Jungen hatte für ihren Lebensgefährten nur gute Worte. Zur Kammer gerichtet zeigte sie auf den Angeklagten und sagte unter Tränen: „Das ist der liebevollste Vater, den ich kenne. Der macht das nicht.“ Dem Mann auf der Anklagebank war in dem Moment anzusehen, wie schwer für ihn der Schmerz seiner Freundin zu ertragen war. Das Paar hatte sich 2016 kennengelernt. Er war für sie 2017 von Neuwied nach Alsdorf gezogen. Die junge Frau schilderte vor Gericht, dass sie zwei Mal schwanger geworden sei, zwei Mal habe sie ihr Kind verloren. Dann kam Ben zur Welt, „ein Wunschkind“.
Ein zum Teil deformierter Kopf
Der Junge habe allerdings einen zum Teil deformierten Kopf und eine Schiefhaltung. Um das zu behandeln, seien sie zur Physiotherapie gegangen – auch am Dienstag in der Todeswoche. Die Therapeutin habe bei dieser Behandlung stark den Halsbereich des Kindes gedehnt, berichtete die Mutter. „Seit da an hat Ben nicht mehr gelacht“, sagte die 29-Jährige.
Als sie am Freitag in die Klinik musste, brachten die beiden den Jungen erst einmal zur Schwiegermutter. Dort leben auch noch die Schwestern und der Bruder der 29-Jährigen. Die 22-jährige Schwester schilderte vor Gericht, dass Ben schon zu diesem Zeitpunkt sehr unruhig gewesen sei.
Der Vater blieb bis zur Narkose bei seiner Freundin in der Klinik. Dann habe er Einkäufe erledigt, die Wohnung aufgeräumt und das Kind abgeholt. Ben sei es nicht so gut gegangen. Am Nachmittag fuhren Vater und Sohn zur Mutter ins Krankenhaus. Dann war der Vater die erste Nacht allein mit dem Kind. Fieberschübe und Brechdurchfall
Das Kind war unruhig, litt unter Fieberschüben und Brechdurchfall, wie der Angeklagte vor Gericht angab. Erstaunen klingt aus der Stimme des Mannes, als er in einer vorgespielten Sprachnachricht an die Freundin über die Mengen von Erbrochenem und Darminhalt spricht. Er habe den Sohn sauber gemacht, eingepackt, aber jetzt suche er das Fieberthermometer, sagte der 37-Jährige in der Nachricht. Nach Mitternacht schickte er ihr nach eigenen Angaben ein Video, wegen der Schnappatmung des Jungen: Im Gerichtssaal ist die unterbrochene Atmung des Säuglings zu hören. Der Junge sei dann aber eingeschlafen, schilderte der Vater.
Am Samstag habe er auf der Fahrt in die Klinik mit der Mutter telefoniert, als es dem Kleinen immer schlechter ging. Das Baby habe plötzlich begonnen, schwer zu atmen; noch schwerer, als am Tag zuvor. Sie habe ihn unverzüglich über das Handy angewiesen, sofort umzudrehen, nach Hause zu fahren und den Notarzt zu alarmieren.
Der Vater tat, wie ihm geheißen. Keine acht Minuten später sei der Notarzt eingetroffen, hieß es übereinstimmend, doch er konnte Ben nicht mehr helfen. Die Mutter erhielt die Todesnachricht noch im Krankenhaus, machte sich auf den Weg zu ihrem Sohn. In einer bewegenden Aussage schilderte sie tränenüberströmt: „Da waren so viele Leute, ich durfte Ben noch nicht einmal auf dem Arm halten, das durfte ich nicht“, schluchzte sie.
Der Prozess wird am morgigen Donnerstag ab 9 Uhr im Saal A.009 des Aachener Landgerichts fortgesetzt.
Säugling totgeschlagen? Vater wird psychiatrisch untersucht Weitere Prozesstage bis Mitte Oktober Verteidigung fordert neues Gutachten der Rechtsmedizin
Vor dem Aachener Landgericht sollte am Dienstag (10.09.2019) der Prozess um den Tod eines Säuglings zu Ende gehen. Doch statt des geplanten Urteils wird nun weiterverhandelt. Auf Antrag der Verteidigung soll der angeklagte Vater psychiatrisch untersucht werden. Fall sorgte bundesweit für Bestürzung
Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen und Bestürzung gesorgt. Ein Vater soll im März seinen sechs Monate alten Sohn in Alsdorf so massiv geschlagen oder gegen einen Gegenstand geschleudert haben, dass der kleine Ben einen Schädelbruch erlitt. Als der Vater später den Notarzt rief, war das Kind tot.
Zwölf Jahre Haft gefordert
Die Staatsanwaltschaft geht von Totschlag aus und hat vor Gericht bereits zwölf Jahre Gefängnis für den angeklagten Vater gefordert. Nur er habe dem Säugling die schwere Kopfverletzung zufügen können, denn er sei damals mit dem Jungen allein in der Wohnung gewesen.
Liebevoller Vater gewesen
Ein schwerer Tatvorwurf, der laut Verteidiger gar nicht zu seinem Mandanten passe. Viele Zeugen im Prozess beschrieben den Angeklagten als fürsorglichen, liebevollen Vater, der nie aggressiv geworden sei. Auch die Beziehung zur Mutter seines Sohnes sei harmonisch gewesen. Sie und der Angeklagte machten auf andere einen verliebten Eindruck, der kleine Ben war ein „Wunschkind“. Alkohol- oder Drogenprobleme gab es nicht, scheinbar auch keine finanziellen Sorgen.
Angeklagter psychisch krank?
Nun soll ein psychiatrisches Gutachten klären, ob der 37 Jahre alte Vater möglicherweise unter einer bislang nicht erkannten psychischen Störung leidet. Dabei geht es auch um die Frage nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten, der die Tat vehement bestreitet. Er habe „den Kleinen“ nie geschlagen.
Neues Gutachten der Rechtsmedizin gefordert
Die Verteidigung stellte am Dienstag (10.09.2019) einen weiteren Antrag, der vom Gericht aber erst noch entschieden werden muss. Der Anwalt fordert darin ein neues rechtsmedizinisches Gutachten. Sein Mandant lehne die im Prozess gehörte Sachverständige wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Die Frau sei nicht auf dem neuesten Stand der Wissenschaft.
Andere Todesursache möglich?
Ein Säugling könne sich einen Schädelbruch durchaus auch nach einem Sturz vom Wickeltisch zuziehen, zitierte der Anwalt einen Medizinprofessor. Demnach könnte es ein Unfall gewesen sein.
Der Prozess wird am 26. September 2019 fortgesetzt. Bislang hat das Landgericht weitere Prozesstage bis Mitte Oktober terminiert.
Baby fahrlässig getötet: Vater zu sieben Jahren Haft verurteilt Prozess um getötetes Baby in Aachen Aachen - Ein Vater ist nach einem tödlichen Schädelbruch seines Säuglings zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
Die Richter sprachen den 37-Jährigen am Montag der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen schuldig.
Es sei naheliegend, dass das sechs Monate alte Kind die Schädelverletzung durch einen Sturz erlitten habe als der Vater mit dem Kind allein war, stellten die Richter am Aachener Landgericht fest.
Trotz einer zunehmenden Verschlechterung des Zustands habe der Vater keine ärztliche Hilfe für das Kind gerufen.
"Er war nicht bereit, Verantwortung für das Geschehene zu übernehmen", sagte die Vorsitzende Richterin Judith Sander.
Sie sprach vom "Totalversagen" eines Vaters, der sein Kind geliebt habe.
Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft wegen Totschlags gefordert, die Verteidigung Freispruch.
Der Vater selbst hatte immer wieder gesagt, er habe keine Erklärung für den Schädelbruch.
Er war im März allein mit dem erkälteten Kind in der Wohnung der Familie in Alsdorf bei Aachen, während die Mutter im Krankenhaus war. Immer wieder hatte er laut Gericht der Mutter Nachrichten, Bilder und Videos von dem Kind geschickt.
Säuglingstod: Aachener Landgericht verurteilt Vater zu sieben Jahren Haft
Stand: 02.12.2019, 14:29
Im Prozess um den Tod eines Säuglings hat das Landgericht Aachen den angeklagten Vater zu sieben Jahren Haft verurteilt – wegen fahrlässiger Tötung und versuchten Mordes durch Unterlassung.
Am letzten Prozesstag vor der Urteilsverkündung hatte der Staatsanwalt für den Angeklagten zwölf Jahre wegen Totschlags gefordert. Danach hatte es laute Proteste gegeben. Sie stammten von der Mutter des verstorbenen Säuglings und deren Familie, die von der Unschuld des 37-Jährigen überzeugt sind. Der hatte die Tat vehement bestritten, er habe dem "Kleinen" nie etwas antun können.
Aus Überforderung Sohn geschlagen?
Möglicherweise habe der Vater aus Überforderung die Kontrolle verloren, hatte der Staatsanwalt gesagt. Der 37-Jährige war damals mit dem kranken Jungen allein. Auf einem Video, dass er seiner Lebensgefährtin geschickt hatte, ist zu sehen ist, wie das Kind unkontrolliert den Kopf bewegt und Schnappatmung hat. Als später der Notarzt kam, war der Junge schon tot.
Schädelbruch durch tragischen Sturz?
Die Verteidigung hatte einen Freispruch für den Vater gefordert. Der Säugling könnte den Schädelbruch auch durch einen Sturz aus geringer Höhe erlitten haben. Auch zwei Gutachter hielten das für möglich.
"Totalversagen" des Vaters
Die Vorsitzende Richterin sagte heute, ein Sturz sei tatsächlich die naheliegendste Erklärung, dann habe der überforderte Vater das Kind aber sterben lassen, ohne rechtzeitig Hilfe zu rufen. Es sei das "Totalversagen" eines Mannes, der sein Kind geliebt habe.