Vorwurf an Polizei und Spital, beim Opferschutz versagt zu haben Eine 28-Jährige Wienerin wurde getötet, obwohl sie selbst Stunden zuvor den Notruf gewählt hatte
24. Februar 2021, 16:59 427 Postings
Mehrere Funkstreifen waren bei der Suche nach dem Tatverdächtigen eingesetzt. Er blieb aber untergetaucht und kehrte später in die Wohnung seiner Freundin zurück, wo er sie dann erstochen haben soll.
Wien – Die Polizei begann am Mittwoch mit der Einvernahme des 29-jährigen Mannes, der seine 28-jährige Freundin aus Polen getötet haben soll. Der Fall wirft die Frage auf, ob die Polizei es verabsäumt hat, das Opfer zu schützen. Denn schon Stunden zuvor hatte die Frau die Polizei gerufen, weil der Mann handgreiflich geworden sein soll.
Als die Polizei eintraf, war der Mann aber schon weg, die Rettung brachte die leicht verletzte Frau ins Spital. Währenddessen suchten mehrere Funkstreifen-Teams den Mann – ohne Erfolg. Wann die Frau nach Mitternacht aus dem Spital nach Hause kam, war Mittwoch noch unklar. Jedenfalls dürfte der wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Mann sie schon erwartet haben. Dienstag, zeitig in der Früh, läutete der Österreicher mit nordafrikanischen Wurzeln schließlich bei Nachbarn und gestand die Tat. Später ließ er sich widerstandslos festnehmen.
Vermittlung an Frauenhaus Laut Maria Rösslhummer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser hätte die Polizei die Frau nach deren Anruf schützen müssen, solange der Verdächtige nicht gefasst war. Sie kritisiert, dass auch im Spital keine gängigen Schutzmaßnahmen getroffen worden seien, wie etwa die Vermittlung der Frau an ein Frauenhaus.
Die Polizei betont, dass bei derartigen Schritten die betroffenen Frauen zustimmen müssen. Laut Gewaltschutzgesetz kann die Polizei sofort ein Betretungsverbot aussprechen. Gewalttätige Männer müssen dann 100 Meter von der Wohnung Abstand halten, bei einem Annäherungsverbot auch von der zu schützenden Person in der Öffentlichkeit.
Als gefährlich bekannte Personen Grundsätzlich überwacht die Polizei die verhängten Maßnahmen mit täglichen Kontaktaufnahmen mit den zu schützenden Personen, es gibt persönliche polizeiliche Ansprechpartner oder auch zum Schutz abgestellte Polizisten. In vielen Fällen werden derartige Maßnahmen aber abgelehnt, weil Frauen Angst vor ihren gewalttätigen Partnern haben. Der Verein AÖF fordert deshalb, dass gegen als gefährlich bekannte Personen schärfer vorgegangen werden soll.
Beim Bezirksgericht kann – auch ohne vorheriges Einschreiten der Polizei – eine einstweilige Verfügung beantragt werden, um Gewalttäter bis zu einem Jahr (unter Umständen auch länger) von zu Hause fernzuhalten. Bei schwerer Gewalt raten Hilfsorganisationen aber dringend dazu, die bisherige Wohnung zu verlassen und etwa Schutz in einem der Frauenhäuser zu suchen. (simo, 24.2.2021)
Jene 28-jährige Frau, die am Dienstag in Favoriten getötet worden ist, ist erwürgt worden. Sie starb also nicht an einem Bauchstich, ergab die vorläufige Obduktion. Der tatverdächtige Lebensgefährte ist nicht geständig.
Der 29-Jährige habe seine Freundin nach einem Spaziergang leblos vorgefunden, gab er in einer ersten Einvernahme an. Am Mittwoch soll die zweite Einvernahme des 29-Jährigen erfolgen, sagte Polizeisprecher Christopher Vernhjak. Da sollen die noch offenen Fragen geklärt werden.
Das Paar kannte sich zumindest seit dem Jahr 2019 und führte ersten Ermittlungen zufolge eine On-Off-Beziehung. Beide wurden im Zuge ihrer Beziehung „kriminalpolizeilich aktenkundig“, so Vernhjak. Es habe in der Vergangenheit „mehrfache polizeilich relevante Vorfälle“ gegeben. Dabei wurde gegen beide mehrmals Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Es ging um Körperverletzungen, Drohungen und Nötigungen. Auch Alkohol dürfte dabei eine Rolle gespielt haben.
Der 29-Jährige habe seine Freundin nach einem Spaziergang leblos vorgefunden, gab er in einer ersten Einvernahme an. Am Mittwoch soll die zweite Einvernahme des 29-Jährigen erfolgen, sagte Polizeisprecher Christopher Vernhjak. Da sollen die noch offenen Fragen geklärt werden.
Das Paar kannte sich zumindest seit dem Jahr 2019 und führte ersten Ermittlungen zufolge eine On-Off-Beziehung. Beide wurden im Zuge ihrer Beziehung „kriminalpolizeilich aktenkundig“, so Vernhjak. Es habe in der Vergangenheit „mehrfache polizeilich relevante Vorfälle“ gegeben. Dabei wurde gegen beide mehrmals Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Es ging um Körperverletzungen, Drohungen und Nötigungen. Auch Alkohol dürfte dabei eine Rolle gespielt haben.
Die Polizei machte sich auf die Suche nach dem Mann, der das Appartement verlassen hatte. Ihm gegenüber sollte ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen werden. Er ist bereits wegen Gewaltdelikten amtsbekannt, laut APA-Informationen hat er fünf Vorstrafen wegen Körperverletzungen. Eine Fahndung in der Umgebung blieb allerdings ohne Erfolg, auch an seiner Wohnadresse in Meidling wurde der 29-Jährige nicht angetroffen.
In der Zwischenzeit wurde die verletzte Frau von der Berufsrettung in ein Krankenhaus gebracht. Dort wurde sie ambulant behandelt und in häusliche Pflege entlassen. Wie das Opfer vom Krankenhaus wieder in die Wohnung kam, ist noch Gegenstand von Ermittlungen.
Gegen 5.30 Uhr läutete der 29-Jährige dann bei einem Verwandten der Frau an, der im selben Haus wohnte wie die 28-Jährige. Er sagte ihm, er habe seine Freundin erstochen. Der Verwandte rief daraufhin die Exekutive. Der Mann ließ sich widerstandslos in der Wohnung festnehmen. Eine Waffe – ein Klappmesser – wurde sichergestellt. Die Obduktion ergab zwar, dass die Frau diverse Verletzungen – u.a. einen Messerstich im Bauch – erlitten hatte. Tödlich war aber der Angriff auf den Hals durch Erwürgen.
Was sich in den Stunden zwischen den Schlägen und dem tödlichen Angriff abgespielt hat, wird nun ermittelt. Der Verdächtige, der sich nun nicht mehr geständig zeigt, gab an, in der Zeit spazieren gewesen zu sein. Unklar war auch, wie der 29-Jährige wieder in die Wohnung bekommen ist, ob er einen Schlüssel hatte oder ob er von der Frau hereingelassen wurde. Einbruchsspuren wurden von der Polizei nicht gefunden. Vor allem aber waren die Ermittler am Motiv interessiert.
„Zu dem Ablauf der Tatnacht können wir sagen, dass nach aktuellen Erkenntnissen seitens der einschreitenden Polizisten korrekt gearbeitet wurde“, sagte Polizeisprecher Vernhjak. „Sie haben im Zuge des ersten Einsatzes kurz vor Mitternacht eine Gefahrenanalyse aufgrund des Sachverhaltes durchgeführt und es für notwendig erachtet, gegen den Tatverdächtigen ein Betretungs- und Annäherungsverbot auszusprechen. Das wurde auch aktenkundig gemacht.“
Die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF) zeigten sich am Mittwoch darüber bestürzt. „Dass dieser Mord trotz aller Vorzeichen verübt werden konnte, zeigt, dass Maßnahmen des Opferschutzes wieder einmal versagt haben. Es zeigt, dass das System des Opferschutzes in Österreich nach wie vor unzureichend und lückenhaft ist. Auch die Maßnahmen gegen den Täter, der amtsbekannt war, wurden offenbar seitens Polizei und Behörden zu lax gehandhabt.“
Der Verein appellierte erneut, jede einzelne Frau mit größter Sorgfaltspflicht und bestmöglich zu schützen, die Täter zur Verantwortung zu ziehen, die Gefährlichkeit des Täters einzuschätzen und entsprechend die U-Haft zu verhängen. „Laxes Handeln resultiert in einer ansteigenden Zahl ermordeter Frauen und Kinder“, so die AÖF.