Mit Messer und Tischbein attackiert: Kellner aus Rache auf Heimweg angegriffen
von Stefan Behr Vier junge Schläger sollen einen Kellner mit einem Messer und Tischbeinen attackiert haben, um Rache zu üben. Beim Prozessauftakt vor dem Landgericht geht es zunächst um Sprachbarrieren.
In Hofheim sollen vier Schläger einen Kellner attackiert haben
Mit Messer und einem Tischbein gingen sie auf ihr Opfer los
Nun müssen sich die mutmaßlichen Täter vor dem Landgericht Frankfurt verantworten
Hofheim/Frankfurt - Amar A., Irschad G., Mohammed V. und Arman N. sind Männer, die man nicht einladen muss, aber kann. Zum Abiball am Abend des 24. Juni 2019 in der Stadthalle von Hofheim kamen sie, obwohl sie sie nicht eingeladen waren – was auch daran liegen mag, dass die jungen Männer im Alter von 21 bis 24 Jahren nie Abitur gemacht haben. Zu ihrem Prozess vor dem Frankfurter Landgericht, wo sie sich wegen lebensgefährdender Körperverletzung verantworten müssen, sind sie geladen, und sie kommen trotzdem – was auch daran liegen mag, dass sie in U-Haft sitzen und vorgeführt werden.
Am frühen Abend des Schüler-Balls lungern, so die Anklage, Amar A. und Irschad G., die immerhin betrunken wie Abiturienten sind (1,1 und 1,5 Promille), vor der Stadthalle herum und überraschen die männlichen Ballgäste, indem sie sie mit einem ferngelenkten Modellauto anfahren. Den jungen Damen machen sie Komplimente wie „Geiler Arsch!“ und fragen im Rahmen ihrer Möglichkeiten so höflich wie möglich: „Willst du mit mir ficken?“
Landgericht Frankfurt: Nach Angriff auf Sicherheitsmänner in Hofheim - Aus Rache auf Heimweg angegriffen Auf echtes Interesse stoßen sie aber nur bei zwei Sicherheitsmännern und dem Kellner eines benachbarten Restaurants, die das Treiben des dynamischen Duos kritisieren und sich von diesem „Wichser“ und „Arschlöcher“ heißen lassen müssen. Nach einem zum Scheitern verurteilten Versuch, „an die Vernunft der beiden zu appellieren“, kassiert der 42 Jahre alte Kellner von A. einen Faustschlag ins Gesicht, während G. versucht, ihn eine neunstufige Treppe hinunterzuschubsen. Die Sicherheitsmänner werfen die Burschen daraufhin zu Boden und rufen die Polizei.
Vor allem Amar A. ist mit der Gesamtsituation unzufrieden. Er erläutert dem Kellner, dass dieser soeben „einen Fehler gemacht“ habe, man „wisse jetzt, wo er arbeitet“ und werde alsbald wiederkehren, um ihn „zu den Kakerlaken zu schicken“. Die Polizei hält den beiden Wüterichen eine flotte Gefährderansprache und lässt sie wieder laufen.
Prozess am Landgericht Frankfurt: Mit Messer und Tischbein attackiert - Angreifer wird verletzt Tief bewegt von der Ansprache, begibt sich Amar A. in die Flüchtlingsunterkunft in Kriftel, holt dort aus seinem Zimmer ein Einhandmesser und vom Sperrmüll des benachbarten Fußballvereins zwei Tischbeine und kehrt nach Hofheim zurück, wo Irschad G. bereits wartet. Zu den beiden stößt Arman N., der gerade anlässlich seines 21. Geburtstags den Abschied vom Jugendstrafrecht feiert und bereit für neue Erfahrungen ist. Und auch Mohammed V. hat gerade nichts Vernünftiges vor. Zum Quartett angewachsen, wagt man es, dem Kellner auf dessen Heimweg aufzulauern.
Doch als sie diesen nach Mitternacht in der Elisabethenstraße stellen, ist der Kellner in Begleitung eines Kollegen und das Kräfteverhältnis heikel. Zwar gelingt es den vieren, den Kellner zu Boden und seinen Begleiter in die Flucht zu schlagen, und nachdem die Stuhlbeine ihren Dienst getan haben zückt Amar A. sein Messer, um die Sache zu Ende zu bringen.
Angriff in Hofheim: Prozess vor dem Landgericht Frankfurt beginnt Doch der Kellner ist zwar geschlagen, aber nicht besiegt. Am Boden liegend, bietet er A. Paroli, ringt ihn nieder, entreißt ihm das Messer, dreht den Spieß um und ruft laut nach der Hilfe des befreundeten Wirts einer nahen Shisha-Bar. Doch bis der eintrifft, heißt es einer gegen alle. Der Ausgang der Partie überrascht: Der Kellner erleidet zwei Schnittverletzungen an der Hand, Amar A. wird sechs Mal von seinem eigenen Messer getroffen. Ein Stich trifft Irschad G. in die Lunge. Alle drei kommen ins Krankenhaus.
Der erste Gerichtstag gerät am Dienstag zum linguistischen Tribunal. Arman N.s Verteidigerin bemängelt, dass ihr Mandant kein Wort der Anklage verstünde, weil diese auf Farsi und nicht in N.s Muttersprache Dari verfasst wäre. Zwar versichern die anwesenden Dolmetscher fast schon verzweifelt, dass Dari lediglich der in Afghanistan gebräuchliche Ausdruck für dasselbe sei, was im Iran Farsi genannt werde, nämlich die persische Sprache, aber es mag auch so sein, dass keine Sprache der Welt N. begreiflich machen kann, was er eigentlich falsch gemacht haben soll.