BGH zu Befangenheit Richter darf nicht über Urteil seiner Frau entscheiden
von Maximilian Amos
26.03.2020
Wenn ein Richter über die Berufung gegen ein Urteil entscheiden soll, das seine Ehefrau gefällt hat, dann ist die Besorgnis der Befangenheit nicht weit hergeholt, monierte ein Beklagter. Das sieht nun auch der BGH so.
Hat die Ehefrau in der ersten Instanz geurteilt, begründet dies unter Umständen die Besorgnis der Befangenheit ihres Mannes, wenn dieser über die Berufung gegen das Urteil der Gattin zu entscheiden hat. Dies stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss klar (Beschl. v. 27.02.2020, Az. III ZB 61/19).
In der Sache ging es um das Urteil einer Einzelrichterin vom Amtsgericht Koblenz in einer Zivilsache. Darin hatte sie den beklagten Mann, nachdem bereits gegen sie ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit abgewiesen worden war, zu einer Zahlung von rund 3.800 Euro zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Mahnkosten verurteilt. Dagegen legte der Mann Berufung ein.
Vor dem Landgericht (LG) Koblenz landete die Sache dann bei der 6. Zivilkammer, deren Mitglied der Ehemann besagter Richterin am Amtsgericht war. Der beklagte Mann lehnte ihn deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit gem. § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) ab. Erstinstanzliche Richterin wegen Prozessführung kritisiert
Dabei ging es nicht bloß darum, dass ein Ehemann nicht neutral und sachlich über das Urteil seiner Frau entscheiden könnte. Vielmehr führte der beklagte Mann an, dass die Berufung gerade auch auf die Person der erstinstanzlichen Richterin ziele. Sie stütze sich nämlich wesentlich auf ihre Art der Prozessführung und Beweiswürdigung. Es könne nicht ausgeschlossen werden, so hieß es in dem Antrag, dass die Eheleute während des zwei Jahre dauernden Verfahrens in erster Instanz über das Vefahren gesprochen, ggf. sogar beraten hätten.
Der abgelehnte Berufungsrichter gab an, seine Frau habe ihm gegenüber zwar den Befangenheitsantrag gegen sie erwähnt. Eine inhaltliche Diskussion über das Verfahren habe aber nie stattgefunden. Von diesem habe er erst im Rahmen der Berufung Kenntnis erhalten.
Das LG lehnte aus diesem Grund den Befangenheitsantrag ab. Man schenkte der Erklärung des Kollegen Glauben: Die bloße Tatsache, dass ein Berufungsrichter mit einer Richterin in der ersten Instanz verheiratet sei, begründe darüber hinaus keine Besorgnis der Befangenheit, fand man dort. BGH distanziert sich nicht klar von früherer Rechtsprechung
Dies sah der III. Zivilsenat des BGH allerdings anders. Für die Besorgnis der Befangenheit brauche es einen Grund, der geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des betreffenden Richters zu rechtfertigen, führte er aus. Eine tatsächliche Befangenheit müsse gerade nicht nachgewiesen werden. Es genüge, dass die Umstände bereits "den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität" erzeugten. Das sah man hier gegeben.
Zwar stellt nach bisheriger BGH-Rechtsprechung die Mitwirkung des Ehepartners eines Rechtsmittelrichters am erstinstanzlichen Urteil keinen generellen Ablehnungsgrund dar. Ob man daran heute noch festhalten würde, ließ der Senat explizit offen, da in diesem Fall - im Unterschied zu früher entschiedenen Fällen - die erstinstanzliche Entscheidung durch die Ehefrau als Einzelrichterin ergangen ist.
Aus Sicht des bekalgten Mannes könne, so der Senat, gerade die alleinige Entscheidung seiner Ehefrau zu einer "zumindest unbewussten Solidarisierungsneigung des abgelehnten Richters" führen, meinte der Senat, weshalb hier - im Unterschied zu Kollegialentscheidungen der Vorinstanz - besonderer Anlass zur Besorgnis der Befangenheit bestehe.
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