Wir sind der Wahrheit auf der Spur. Tatsachenfeststellung vor Gericht. Lügen lassen sich mit Hilfe von Warnsignale entlarven. Zunächst einmal aber zu einem Kriterium, das überhaupt kein Warnsignal ist, aber oft als solches angesehen wird. Armin Nack:
„Alle kennen ja das Sprichwort: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Nur das Sprichwort wird selten bis zu Ende gesprochen. Denn das Sprichwort geht weiter: 'und wenn er auch die Wahrheit spricht' und will sagen: Die meisten Leute sind so unvernünftig, daß sie jemanden nur deswegen nicht glauben, weil er einmal gelogen hat, auch wenn er diesmal vielleicht die Wahrheit spricht. Also das Sprichwort ist sehr viel klüger, als man es meist versteht. Und das bedeutet, daß eine Lüge in einer früheren Aussage oder in einem Nebenpunkt nicht zwangsläufig bedeuten muß, daß der Zeuge oder Angeklagte diesmal auch lügt. Der Angeklagte kann etwa in einem Punkt lügen, weil es ihm peinlich ist oder er berufliche Schwierigkeiten kriegt.“
Kein Indiz für Wahrheit oder Lüge ist auch die Persönlichkeit, also ob nun jemand z.B. Adliger oder Promineneter ist. Man kann aber mit diesem Wissen abschätzen, ob jemand phantasiebegabt ist, Schriftsteller oder Schauspieler etwa. Ansonsten gilt aber: Ehrenleute sind nicht deshalb glaubhaft, weil sie gesellschaftlich angesehen sind. Ganz im Gegenteil: Wer ständig darauf pocht, die Wahrheit gepachtet zu haben, dem ist Skepsis entgegenzubringen:
"Man kann ja in alten juristischen Büchern nachlesen: 'Die Aussage wurde sicher und bestimmt gemacht.' Dahinter steckt die Theorie: Jemand, der eine Aussage besonders bestimmt macht, besonders laut betont und immer wieder betont, daß seine Aussage wahr ist, daß der besonders glaubhaft ist. Genau das Gegenteil ist meistens richtig: Gerade die Lügner sind oft unsicher, ob man ihnen glaubt und deswegen betonen sie ihre falschen Angaben mit großer Bestimmtheit."
Ein Warnsignal ist es auch, wenn die Auskunftsperson „schlafende Hunde weckt“, also gleich von sich aus erklärt, weshalb sie sich noch ganz genau erinnert und weshalb alles ganz genau so war, wie sie es sagt. Axel Wendler:
"Hier wird quasi einem befürchteten Mißtrauen begegnet. Man will schon vorweg Argumente bringen. Und auch das findet sich als Warnsignal, wenn nun Argumente kommen zu Bereichen, die der Vernehmungsperson noch gar nicht aufgefallen waren. Da werden Rechtfertigungen gebracht, die wir noch gar nicht für verdächtig erachtet haben."
Am lautesten müssen die Alarmglocken klingeln, wenn sich die Auskunftsperson zurückhält, weil sie nicht mehr weiter weiß. Wenn sie im Lügendilemma steckt und nichts anzubieten hat, dann flüchtet sie geradezu weg oder antwortet vage. "Ich weiß nicht mehr", "Ich kann mich nicht erinnern". Armin Nack:
"Sie können auch in der Hauptverhandlung sehen, wenn ein Zeuge in Schwierigkeiten kommt, weil die Aussage genau auf den Punkt kommt und man gibt ihm Gelegenheit, wegzukommen, weg von dem heißen Beweisthema zu flüchten. Der hört gar nicht mehr auf, davon wegzugehen. Dazu gehört etwa, daß er sich in Widersprüche des Gegners verbeißt, daß er den Gegner bestimmt, aber gar nicht mehr zu dem eigentlichen Punkt zurückkommt."
Die Vernehmungsmetoden sind also ganz wichtig. Die richtige Vernehmung ist entscheidend für die Wahrheitsfindung.