EuGH urteilt - Deutsche Pkw-Maut verstößt gegen EU-Recht
Dienstag, 18. Juni 2019
Die geplante Pkw-Maut ist ein Prestige-Projekt der CSU - und sie ist äußerst umstritten. Österreich sieht ausländische Autofahrer diskriminiert und klagt. Der Europäische Gerichtshof gibt Wien recht.
Die deutsche Pkw-Maut ist nicht mit EU-Recht vereinbar. Die Abgabe sei gegenüber Fahrzeughaltern aus dem Ausland diskriminierend, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Der EuGH gibt damit einer Klage von Österreich gegen die Pkw-Maut in Deutschland statt. Die Einführung der Maut nach dem jetzigen Modell ist somit nicht möglich. imago89120803h.jpg
Die Maut ist nach dem Urteil zumindest in der geplanten Form vom Tisch.
(Foto: imago/Sven Simon)
Die geplante Abgabe sei diskriminierend, weil die wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich bei Autofahrern aus anderen EU-Staaten liege, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Sie verstoße zudem gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs im EU-Binnenmarkt. Sie könne den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr aus anderen EU-Staaten etwa dadurch behindern, da sich Transportkosten für Lieferanten und damit letztlich auch die Preise ihrer Produkte erhöhten. Die Maut beeinträchtige damit deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem deutschen Markt.
Geplant war, dass alle inländischen Autobesitzer eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird und sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors richtet. Für Autobesitzer aus dem Ausland sollte es neben einer genauso berechneten Jahresmaut auch zwei Kurzzeittarife je nach Motoreigenschaften geben - für die Dauer von zehn Tagen oder zwei Monaten. Richter bemängeln Einseitigkeit
Die Richter äußerten aber auch dabei Bedenken. Es gebe keine Möglichkeit für Halter in Deutschland, eine Kurzzeitmaut zu wählen, die der tatsächlichen Nutzung der Straßen möglicherweise besser entspräche. Das Benutzerprinzip bei der Finanzierung gelte somit nur für Halter von in anderen EU-Staaten zugelassenen Fahrzeugen. In Deutschland gelte weiter das Steuerfinanzierungsprinzip. Nach Abzug der Kosten sollte die Maut laut Verkehrsministerium etwa 500 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur einbringen. An den Zahlen gibt es allerdings Zweifel.
"Die Koalition hatte eine finanzielle Mehrbelastung der heimischen Autofahrer ausdrücklich ausgeschlossen", sagte ein ADAC-Sprecher. Nun müsse ein vollständiger Verzicht auf die Abgabe folgen. *Datenschutz
Die Grünen begrüßten das Urteil. "Andreas Scheuer kommt nicht durch mit seiner wahnwitzigen Idee einer Zahlung für alle, die ihre Steuern nicht in Deutschland zahlen", sagte ihr Verkehrsexperte im Europaparlament, Michael Cramer, über den Verkehrsminister. "Das Urteil ist eine Klatsche für die Bundesregierung", sagte der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter. "Scheuer sollte jetzt endlich das Projekt Quatsch-Maut beerdigen und sich ernsthaft um eine vernünftige Verkehrspolitik kümmern", sagte Hofreiter. "Politisches Desaster"
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Frank Sitta, sagte, die Maut sei von Beginn an ein "politisches Desaster" gewesen. "CDU und SPD haben sich von der CSU einen vermeintlichen bayrischen Wahlkampfschlager aufs Auge drücken lassen." Die Liberalen hätten auch immer wieder auf die europarechtlichen Risiken hingewiesen, sagte Sitta. "Nach dem Urteil des EuGH sind viele Millionen Steuergeld, die bereits für die Einführung ausgegeben wurden, endgültig zum Fenster rausgeworfen."
Die Maut war vor allem ein Prestigeprojekt der CSU. Sie sollte auf Bundesstraßen und Autobahnen ab Oktober 2020 kassiert werden. Inländische Autobesitzer sollten im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit.
Die Maut war in Deutschland 2015 beschlossen worden. Die EU-Kommission gab ihre Bedenken nach langem Ringen und leichten Änderungen 2016 auf. Österreich gab sich damit jedoch nicht zufrieden und zog vor Gericht. Das Land argumentierte, die sogenannte Infrastrukturabgabe diskriminiere verbotenerweise ausländische Fahrzeugbesitzer, weil inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll entlastet würden. Bei der Klage wurde Österreich von den Niederlanden unterstützt. Dänemark unterstützte hingegen Deutschland.
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