Leo Egidius Schiffer (* 1956; † 21./22. Juli 2018 in Bochum) war ein deutscher Serienmörder, der als „Würger von Aachen“ in die Kriminalgeschichte einging. Zwischen 1983 und 1990 ermordete er fünf Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 31 Jahren und missbrauchte drei davon sexuell. Seine Taten wurden als „Anhaltermorde“ bzw. „Discomorde“ bekannt. 1985 wurde auch in der Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst nach ihm gefahndet.
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Serienmörder-Prozess "Wie kann man fünf Frauen töten und einfach weiterleben?"
Mehr als 20 Jahre lang soll er ein entsetzliches Geheimnis gehütet haben: Egidius S. steht wegen fünffachen Mordes vor dem Aachener Landgericht. Der 51-Jährige soll zwischen 1983 und 1990 fünf Anhalterinnen erdrosselt haben. Eine DNA-Spur überführte ihn. Er streitet alles ab.
Mittwoch, 16.04.2008 13:12 Uhr
Aachen - Dieser Prozess wird das Doppelleben eines Biedermannes enttarnen: Egidius S. betritt schüchtern den Schwurgerichtssaal des Aachener Landgerichts, erträgt stoisch das Blitzlichtgewitter, blickt ruhig in die Kameras.
Der gebürtige Nordrhein-Westfale, 1,90 Meter groß, grau melierter Vollbart, akkurater Seitenscheitel, soll zwischen 1983 und 1990 fünf Anhalterinnen im Alter von 15 bis 31 Jahren ermordet haben.
Damals war der heute kräftige Mann sportlich und durchtrainiert. Mit seinem Ford Cabrio oder seinem Mercedes soll er sich vorsätzlich auf die Suche nach Opfern gemacht haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft immer nach dem gleichen Schema: Er lauerte den Frauen in der Aachener Region auf, wenn sie einsam am Straßenrand standen und eine Mitfahrgelegenheit suchten. Handschellen, einen Strick oder Damenstrumpfhose und Folterutensilien hatte er griffbereit im Wagen.
Anstatt die Tramperinnen nach Hause zu fahren, fuhr er laut Anklage mit ihnen an einen abgelegenen Ort, fesselte sie und versuchte, sie zu vergewaltigen. Bei vier von ihnen, sagt die Staatsanwaltschaft, gelang es ihm, er erwürgte oder erdrosselte die Frauen. Ihre nackten Leichen verscharrte er im Wald oder entsorgte sie wie Müll. Der unbekannte Serienmörder beunruhigte damals die Bevölkerung. Die brutalen Gewaltverbrechen wurden als "Disco-" bzw. "Anhaltermorde" bekannt. Die Boulevardpresse nannte ihn den "Würger von Aachen". Anzeige
Egidius S. selbst muss sich in den vergangenen Jahrzehnten sicher gefühlt haben. Warum sonst hätte der ehemalige Versicherungsvertreter im März 2007 eine Speichelprobe abgegeben? Wegen eines banalen Diebstahls von Altmetallen im Raum Heinsberg war er gefasst worden. Freiwillig hatte er eine DNA-Probe abgegeben - und die Folgen scheinbar unterschätzt. Der Abgleich mit der DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes war ein Volltreffer. Seine Gendaten stammen mit Tatort-Spuren aus einem der Morde überein, die erst im Jahr 2003 in die Datenbank aufgenommen worden waren.
"Ich habe mit den Vorwürfen nichts zu tun", schreibt S.
Kurz nach seiner Festnahme gesteht Egidius S. im Verhör den Mord, bei dem seine DNA-Spuren sichergestellt worden waren. Einen Tag später auch die weiteren vier.
Dabei soll er Wissen offenbart haben, das nur der Mörder gehabt haben kann, sagen die Ermittler.
Im Januar 2008 widerruft S. jenes Geständnis jedoch. "Ich habe mit den Anklagevorwürfen nichts zu tun", erklärte der Familienvater in einem Brief an den Vorsitzenden Richter Gerd Nohl. Seinem Verteidiger Rainer Dietz zufolge habe es bei den Verhören "Unregelmäßigkeiten" gegeben.
"Mein Mandant hat Neigungen zu Sado-Maso-Sex-Praktiken", sagt Dietz SPIEGEL ONLINE. "Dabei ist er immer der Sklave und möchte bestraft werden." Die krude Theorie des Strafverteidigers: Ein Masochist kann keine sadistischen Taten begehen. Auch sei noch zu klären, inwieweit ihn seine Veranlagungen zu einem Geständnis veranlasst haben. Außerdem: "Mein Mandant hat seinen Neigungen in der JVA genüge getan. Es wird Zeit, dass er wieder freikommt."
Eine Ohrfeige für die Angehörigen der fünf Opfer, die als Nebenkläger in dem Prozess auftreten. "Ich ringe nach Worten", sagt ein Verwandter und wischt sich die Tränen fort.
Seine Frau hält zu S. - er galt als fürsorglicher Familienvater
Nebenklage-Vertreter Sven Peitzner sieht es nüchtern-professionell. "Es ist das gute Recht des Verteidigers, alles für seinen Mandanten zu versuchen. Ich erinnere an Friedrich Dürrenmatts 'Das Versprechen': Es wäre also nichts Neues, wenn ein Täter ein Ventil für sein gewohntes Leben sucht", sagt er SPIEGEL ONLINE. Hinweise, dass Egidius S. bei den Verhören unter Druck gesetzt worden sei, habe er keine, so Peitzner.
Der Polizei gelang es mehr als 20 Jahre nicht, den Mörder der Anhalterinnen zu fassen. Sieben Jahre lang konnte Egidius S. aus dem nordrhein-westfälischen Niederkrüchten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft unentdeckt morden und sich hinter der Fassade eines Biedermannes verstecken: Der gelernte Krankenpfleger arbeitete bis Ende der Neunziger als Versicherungsmakler.
Immer wieder versuchte er, sich selbständig zu machen. Er lebte in einem modernen Bungalow in Brüggen, spielte Tennis, fuhr teure Autos und eine Harley-Davidson. Irgendwann liefen die Geschäfte schlecht. Der Familienvater, in dritter Ehe verheiratet, musste sein Haus versteigern. Am Tiefpunkt seiner Karriere endete abrupt die Mordserie.
Mit seiner dritten Frau hat er einen achtjährigen Sohn. Den goldenen Ehering trägt er noch immer an der rechten Hand. Nach Angaben seines Verteidigers hält seine Frau trotz der Vorwürfe zu ihm. Er galt als fürsorglicher Ehemann und liebevoller Vater.
Als er im August 2007 von der Kripo in seinem Haus in Elmpt bei Viersen am Niederrhein wegen Mordverdachts in fünf Fällen verhaftet wird, ist sein Umfeld schwer erschüttert. "Die Familie ist aus allen Wolken gefallen", sagt Verteidiger Dietz. "Seine Eltern und seine Frau sind fassungslos. Keiner traut ihm solch eine Tat zu." Niemand vermutet hinter dem Biedermann einen brutalen, systematisch vorgehenden Serienkiller.
Er fesselte seine Opfer und vergewaltigte sie brutal
Der erste Mord, der Egidius S. zugeschrieben wird, ereignet sich im Juli 1983 in der Nähe von Alsdorf. Die 18-jährige Marion G. steigt an einer Bushaltestelle in das Cabrio des Täters. Als er sie angreift, wehrt sie sich mit ganzer Kraft. In Todesangst zertritt sie die Windschutzscheibe. Sie kann zwar eine Vergewaltigung verhindern, doch sie muss sterben, so rekonstruiert es die Polizei, weil sie dem Täter droht, ihn anzuzeigen. Sie wird mit einem Strick erdrosselt. Ihre gefesselte, nackte Leiche in einem Angelweiher gefunden.
Im Februar 1984 überfällt Egidius S. nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die 15 Jahre alte Andrea W. in der Nähe von Würselen, als sie gewohnheitsmäßig nach einem Besuch in einer Diskothek nach Hause trampt. Er vergewaltigt die Schülerin, bevor er sie erwürgt und ihren toten Körper an einem Feldweg wegschmeißt.
Am 31. August 1984 steigt die 17-jährige Angelika S. auf dem Heimweg von der Diskothek "Rockfabrik" an der B 221 nahe Geilenkirchen in den Wagen ihres Mörders. Die Leiche der Schülerin, nur mit einem BH und Strümpfen bekleidet, wird in einem Waldstück entdeckt.
Im Oktober 1987 wird die 18-jährige Marion L. in Aachen verschleppt und getötet. Auch sie hatte an einer Bushaltestelle gestanden. Sie wird brutal vergewaltigt und getötet. Eine Stunde fährt ihr Mörder mit der Leiche im Kofferraum über Land, bis er einen Ablegeort gefunden hat. Ihren entblößten Körper deckt er mit Laub zu.
"Jetzt will ich endlich wissen, wie dieser Mann tickt"
Am 16. Juni 1990 verschwindet Sabine N. bei Niederkrüchten auf dem Heimweg von der Diskothek "Inside". Egidius S. soll die 31-Jährige in seinen Mercedes gezerrt, vergewaltigt und erdrosselt haben. "Sie hatte solche Angst, dass sie keine Gegenwehr leistete", sagt Staatsanwalt Ralf Bücker. Ihre skelettierte Leiche finden Spaziergänger in einem Wald bei Wegberg.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatte Egidius S. "von Anfang an vor, sexuelle Handlungen vorzunehmen und die Opfer zu töten". "Der Angeklagte hat besondere Schwere der Schuld auf sich geladen", so Bücker nach Verlesen der Anklageschrift.
Die Opfer hatten helle, dunkle, lange, kurze, lockige oder glatte Haare - einen festen Frauentyp habe der Täter nicht präferiert, sagen die Ermittler. Wahllos muss er sich Opfer auf der Straße gesucht haben.
Für die Angehörigen beginnt mit dem Prozess ein neuer, schwerer Abschnitt nach jahrzehntelangem Kummer. "16 Jahre lang wusste ich nicht, wer meine Mutter getötet hat und warum", sagt Robert N. SPIEGEL ONLINE. Der 29-Jährige war elf Jahre, als er erfuhr, dass seine Mutter ermordet wurde. "Jetzt will ich endlich wissen, wie dieser Mann tickt. Wie kann man fünf Frauen töten und nach dem Motto 'Friede, Freude, Eierkuchen' einfach weiterleben?"
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Michael Weeke 23.07.2018 - 13:34 Uhr Bei sexueller Stimulation: Würger von Aachen stirbt in Zelle
Bochum. In der JVA Bochum ist der Würger von Aachen, Egidius S. (62), tot in seiner Zelle aufgefunden worden. Er soll sich mit Strom stimuliert haben.
Leo Egidius S., der als „Würger von Aachen“ in die Kriminalgeschichte einging, ist tot. Der 62-Jährige, einer der gefährlichsten und brutalsten Frauenmörder der jüngeren deutschen Nachkriegsgeschichte, starb am Wochenende unter nicht ganz geklärten Umständen in der Bochumer Justizvollzugsanstalt Krümmede.
Am 19. August 2008 hatte ihn das Aachener Landgericht wegen Mordes in fünf Fällen und Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Taten wurden als „Disco- und Anhaltermorde“ bekannt. Am Sonntagmorgen gegen sieben Uhr fanden Justizbeamte den Strafgefangenen, wie berichtet, leblos auf seinem Bett in der Zelle. Egidius S. schloss sich mit Kabeln an das Stromnetz
Nach Informationen der WAZ soll er sich mit mehreren Kabeln ans Stromnetz angeschlossen haben. Die Haftanstalt geht davon aus, dass es sich nicht um Suizid handelt, sondern dass „der Häftling bei autoerotischen Praktiken“ ums Leben gekommen ist.
Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Ermittlungen zu den Todesumständen aufgenommen. Das Ergebnis der gestrigen Obduktion: Der 62-Jährige starb an Herzrhythmusstörungen, ausgelöst durch das Leiten von Strom durch den Körper – das bestätigt die Polizei. Zu den Umständen seines Todes hieß es aus der JVA lediglich, der Häftling habe Kabel einer Lampe in seiner Zelle so umfunktioniert, dass er über die Steckdose Strom in seinen Körper leiten konnte.
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