ist ein deutscher Serienmörder, der zwischen 1952 und 1968 vier Menschen getötet hat und der zu dreimal lebenslänglicher Freiheitsstrafe zuzüglich 15 Jahren verurteilt wurde. Obgleich wegen Mordes verurteilt, versuchte er, die Bezeichnung als Mörder in der Boulevardpresse mit der Begründung zu unterbinden, er habe lediglich getötet und nicht gemordet.
************************************************************************* *Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht* Mark Aurel *What goes arount - comes arount * Critical questioning never harms* *********************************************************************************** *Hervorhebung in Kommentaren durch den Verfasser *Äusserungen zu Fällen sind rein spekulativ*
Kollegen konnten über den Gelegenheitsarbeiter und Verkaufsfahrer Josef Ludy, 35, aus Hamburg "wirklich nichts Schlechtes" sagen. Vorgesetzte lobten "den Fleiß" des zurückhaltenden, stets pünktlichen krausköpfigen Junggesellen.
Und Fleiß besonderer Art ist es auch, den Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei im holsteinischen Kreisstädtchen Itzehoe jetzt an dem Untersuchungshäftling schätzen: Seit Josef Ludy vor drei Wochen wegen Mordverdachts verhaftet wurde, "arbeitet er mit", wie die Kripo ·die auffällige Mitteilsamkeit ihres Delinquenten nennt. Der Tischlersohn und einzige Junge unter zehn Geschwistern bezichtigte sich in gestelzter Ausdrucksweise
> des Mordes an dem Hamburger Schüler Gerald Landwehr, 7, der am 18. Februar 1968 in einem Rohbau im schleswig-holsteinischen Bokel erschlagen aufgefunden worden war;
> des Doppelmordes an dem Paar Otto Grimm/Gisela Schneider -- erschossen in einem VW am 28. September 1961, in einem Forst nahe dem badischen Schwetzingen, sowie
> mehrerer Mordversuche und über 100 Unzuchthandlungen an Knaben.
Kein Gewaltdelikt schockt die deutsche Öffentlichkeit so sehr wie ein Sexualverbrechen. Nichts erregt die Deutschen mehr als Untaten an ihren Kindern -- wieder einmal ließen deshalb die Itzehoer Geständnisse viele Bürger an Polizei und Justiz zweifeln.
Denn Ludy wurde bereits 1951 zum erstenmal verurteilt (acht Jahre Jugendstrafe), weil er den 12 Jahre alten Helmut Grether aus nicht eindeutig geklärtem Motiv mit einer Mistgabel erstochen hatte. 1960 wurde ein erstes Verfahren gegen Ludy wegen Unzucht mit einem Kind aus Mangel an Beweisen eingestellt. 1962 erhielt er wegen Unzucht mit mehreren Kindern zwei Jahre Gefängnis, 1964 wegen einer gleichen Tat acht Monate.
Und so schrieb jetzt der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete und Pädagoge Carl Damm Hamburgs Justizsenator Peter Schulz, SPD, in einem offenen Brief, ihn quäle "der Gedanke, daß wir als Gesetzgeber nicht für eine ausreichende gesetzliche Handhabe gesorgt haben könnten, um Triebverbrecher wie Josef Ludy wirklich daran zu hindern, weitere Sittlichkeitsverbrechen zu begehen, nachdem sie einmal einschlägig bestraft worden sind.
Der Gesetzgeber -- im Dilemma, einerseits die Gesellschaft vor dem Triebtäter, andererseits den Triebtäter, der für seine abartige Veranlagung nichts kann, vor dem gesunden Volksempfinden schützen zu müssen -- kennt keine Maßnahme, mit der Sexualtäter schon zu Beginn einer häufig mit Gewaltverbrechen endenden Laufbahn isoliert werden könnten.
Die sogenannte Sicherungsverwahrung, die als Maßnahme gegen abartige Triebtäter ohnedies umstritten ist, setzt voraus, daß der Delinquent von seinen Richtern als "gefährlicher Gewohnheitsverbrecher" klassifiziert wird -- in der Regel gleichbedeutend mit einem Lebenslänglich unter Zuchthaus-ähnlichen Bedingungen.
Gegen den bereits neunfach, darunter wegen Exhibitionismus vorbestraften Landstreicher Richard Ludwig Strack, der 1958 in Köln wegen vollendeter und versuchter Unzucht mit Kindern abgeurteilt wurde, ordneten die Richter entgegen dem Antrag des Staatsanwaltes keine Sicherungsverwahrung an, weil ein Rückfall nicht wahrscheinlich sei. Nach Verbüßung einer Zuchthausstrafe tötete Strack am 14. Oktober 1965 zwei elfjährige Mädchen und schändete ihre Leichen.
Bei Josef Ludys letzter Verurteilung hätten dagegen Vorstrafen und Strafmaß nicht ausgereicht, ihn zum gefährlichen Gewohnheitsverbrecher zu stempeln.
Einzig das Bundesland Hamburg hat Konsequenzen gezogen. Es baut eine spezielle Bewahrungsanstalt für Rückfall-gefährdete Sextäter, die, so Hamburgs Justizsenator Schulz, die "Lücke zwischen den Möglichkeiten einer befristeten Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung" ausfüllen soll.
Das Land Hamburg war es auch, das 1967 ein Bundesgesetz über die freiwillige Entmannung von Triebtätern vorschlug. Denn einerseits haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, daß die Rückfallquote bei entmannten Triebverbrechern 2,5 Prozent beträgt, bei nicht entmannten dagegen 70 Prozent. Andererseits sind die Rechtsgrundlagen für einen solchen Eingriff fragwürdig: In einigen Ländern gilt nach wie vor das Erbgesundheitsgesetz von 1935, das eine freiwillige Kastration gestattet. In anderen Ländern ist der Körperverletzungs-Paragraph 226 a des Strafgesetzbuches einschlägig. Er verbietet die Operation, wenn sie "gegen die guten Sitten verstößt".
Unbefriedigend ist beides -- die Anwendung nationalsozialistischen Rechts wie eine sittenrichterliche Entscheidung. So klar es ist, weshalb der zurückhaltende Junggeselle Ludy, der zuletzt im Holsteinischen Limonaden ausfuhr, schänden und töten konnte, so rätselhaft erscheint vorerst noch, weshalb er es tat. Weder das kriminalistische Klischee vom feigen, die Gewalttätigkeit scheuenden Homosexuellen paßt auf Ludy, noch das landläufige Bild vom Lustmörder, der seine Opfer zerstückelt und sich am Blutbad berauscht.
Zumal die Obduktion ergab, daß Ludy sein letztes Opfer, Gerald Landwehr, nicht mißbraucht hat, bevor er es mit einem Rohrstück erschlug, hat die Staatsanwaltschaft Itzehoe auch jetzt "noch kein Bild, wie Ludy einzuordnen ist".
Möglicherweise tötete er aus Angst vor Entdeckung. Für wahrscheinlicher jedoch halten es Kriminologen wie der Mainzer Professor und Präsident der Deutschen Kriminologischen Gesellschaft Armand Mergen, daß der "aggressive Triebtäter" Ludy im Töten seines Opfers den "Höhepunkt der Lust" empfand.
Und in einem anonymen, jetzt als Ludy-Brief identifizierten Schreiben an die Mannheimer Kripo teilt der Täter in krakeligen Zügen und entstellter Orthographie mit, er habe drei Jungen, die er in sein Auto lockte, ursprünglich "totmachen" wollen. Aber: "Immer Kinder haben Glük."
Ludy selbst "hate Glük", als er am 28. September 1961 bei Schwetzingen mit seiner 7,65-Millimeter-Pistole das Paar Otto Grimm/Gisela Schneider überraschte: "Beide tot". Diese Tat, die scheinbar gar nicht zum Kinderschänder Ludy paßt, deutet Mergen so: "Kann sein, daß er Haß auf alles Normale hat."
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