In Romanshorn wird seit dem 10. Januar 2004 Günther Neururer vermisst.
Der verheiratete Mann entfernte sich um 17 Uhr von seinem Wohnort an der Sonnenhofstrasse in Romanshorn zur Fuss in unbekannte Richtung. Günther Neururer ist gesundheitlich angeschlagen.
Signalement
Der Vermisste ist zirka 182 cm gross und schlank, hat grau melierte Haare und eine Stirnglatze. Er trug blaue Jeanshosen, einen weinroten Pullover und eine dunkelblaue Stoffjacke.
Zeugenaufruf
Hinweise über den Verbleib von Günther Neururer sind erbeten an die Kantonspolizei Thurgau, Telefon 058 345 22 22 (aus dem Ausland: +41 58 345 22 22), ?E-Mail oder jede andere Polizeidienststelle.
Der Romanshorner Günther Neururer verschwand vor fünf Jahren spurlos und hinterlässt eine grosse Ratlosigkeit. Seine Familie glaubt nicht, dass er tot ist und hofft jeden Tag aufs neue auf eine Rückkehr.
Andrea Kern
21.2.2009, 01:02 Uhr
An einem Samstagnachmittag machte sich Günther Neururer zu einem Spaziergang auf und kehrte nicht mehr zu seiner Frau und seinen beiden Kindern zurück. «Er wollte am Bahnhof eine Zeitung holen», erzählt Michelangelo Arcuri, der in Italien lebende Schwager des Verschwundenen. Ob er die Zeitung gekauft habe und was danach geschehen sei, wisse niemand. Verschwunden ist Günther Neururer am 10. Januar vor fünf Jahren.
Ein vorbildliches Leben
«Die fünf Jahre sind schnell vorbeigegangen», sagt Michelangelo Arcuri nachdenklich. «Es ist immer noch gleich, wie am ersten Tag. Man könnte meinen, es sei gestern passiert.» Keinerlei Anzeichen habe es gegeben, dass etwas im Leben von Günther nicht stimmen könnte, führt der Schwager aus. Ein vorbildliches und gewissenhaftes Leben habe er geführt, sowohl innerhalb der Familie als auch bei der Arbeit. «Jeder hätte gerne solch einen Vater gehabt. Wir fragen uns noch immer, wieso er einfach verschwunden ist.»
«Sozialhilfe ist wichtig»
Nach dem Verschwinden von Günther Neururer habe das Sozialamt Romanshorn sowohl psychologisch als auch finanziell geholfen, sagt Michelangelo Arcuri. «In solch einem Fall lernt man, wie wichtig die Sozialhilfe ist, und man muss zufrieden sein, dass man in einem Land wie der Schweiz lebt, wo die Sozialhilfe so gut funktioniert», lobt der Schwager das schweizerische System. Denn so etwas könne jedem passieren.
Auch das persönliche Umfeld habe die Familie von Anfang an unterstützt, führt Arcuri dankbar aus. «Die Nachbarn helfen uns auch jetzt noch und unterstützen uns, wenn wir Hilfe brauchen.» Der Schwager selber kommt regelmässig aus Italien in die Schweiz zu Besuch, um die Familie seiner Schwester zu unterstützen.
Vorwärts schauen
Vor allem die Kinder, die ja mittlerweile erwachsen seien, aber auch die Ehefrau, warteten jeden Tag darauf, dass er nach Hause kommt. Es sei hart für die Familie, sagt der Schwager, der selber auch zwei Kinder hat, betrübt. «Meine Schwester versteht noch immer nicht, was passiert ist. Das Verschwinden des Ehemannes und Vaters hinterlässt ein grosses Fragezeichen.» Niemand habe eine Erklärung. «Trotzdem musste sie vorwärts schauen und die Kinder erziehen.»
«Dann brennt wieder ein Licht»
Zu Beginn des Jahres wurde vom Bezirksgericht Arbon das Verschollenheitsverfahren öffentlich bekanntgemacht. Falls Günther Neururer bis zum 28. Februar in einem Jahr nicht auftaucht und auch keine Hinweise mehr eingehen, wird er als verschollen erklärt. Dadurch können an die Familie Sozialversicherungsrenten ausbezahlt werden, falls Anspruch darauf besteht. «Rechtlich ändert sich zwar etwas, aber auf der emotionalen Ebene wird sich kaum was ändern», ist sich Michelangelo Arcuri bewusst.
«Man kann von niemandem Abschied nehmen, solange man nicht genau weiss, was passiert ist.» Die Familie habe noch keinen Augenblick daran geglaubt, dass Günther Neururer nicht mehr leben könnte. Die Hoffnung, dass der vermisste Familienvater plötzlich wieder vor der Türe stehen werde, verschwinde nie.
Hoffnung gibt den Angehörigen laut Arcuri auch der Fall der verschwundenen Frau aus Deutschland, die kürzlich in einem Wald im Kanton Bern aufgetaucht ist. Da habe es zwölf Jahre gedauert. «In solch einem Moment brennt wieder ein Licht», beschreibt er seine Gefühle und fügt an: «Irgendwann wird er vielleicht wieder auftauchen.»
Im Januar 2004 ist der Romanshorner Günther Neururer von einem Tag auf den anderen nicht mehr nach Hause gekommen. Auch nach zehn Jahren fehlt jede Spur von ihm. Er ist nur einer von mehreren vermissten Personen in den Kantonen Thurgau und St.Gallen.
Christa Kamm-Sager
29.1.2014, 07:24 Uhr
vermisst aufgeführt – eine von ihnen ist Günther Neururer. Der Romanshorner verschwand vor zehn Jahren spurlos. Der damals 46jährige Buchhalter verliess das Haus an einem frühen Samstagabend zu Fuss und kam nie mehr zurück.
Diese Fälle verjähren nicht
Maximal 15 Jahre lang bleiben vermisste Personen auf internationalen Fahndungslisten ausgeschrieben. Im Gegensatz dazu verjähren bei der Kantonspolizei Fälle von vermissten Personen nicht. "Eine Vermisstmeldung bleibt aufrecht erhalten, hier gibt es keine Ablauffrist", sagt Mediensprecher Ernst Vogelsanger von der Thurgauer Kantonspolizei auf Anfrage. Auch Jahre nach dem Verschwinden einer Person würde man allfälligen Hinweisen nachgehen – sofern es neue Spuren seien. Allerdings sei das selten – im Falle des vermissten Günther Neururer seien schon lange keine Hinweise mehr bei der Polizei eingegangen.
Bluthunde und Taucher
Das Verschwinden von Günther Neururer bleibt ein grosses Rätsel. Am Samstagabend des 10. Januar 2004, gegen 17 Uhr, machte sich der damals 46-Jährige auf zu einem Spaziergang. Das war ungewöhnlich für den von seinen Angehörigen als äusserst pflichtbewusst und pünktlich beschriebenen Mann. Er sei selten alleine und zu Fuss aus dem Haus gegangen, liessen sich die Angehörigen vor zehn Jahren zitieren.
Als er nicht zurückkehrte, fing seine Familie an, ihn zu suchen und wollte ihn auf dem Handy erreichen. Es läutete zwar, aber niemand meldete sich. Alles Suchen blieb ergebnislos. Am nächsten Morgen setzte die mittlerweile alarmierte Polizei die Suche nach dem Vermissten mit verstärkten Mitteln fort. Ein Bluthund wurde eingesetzt, er folgte einer Fährte, die am Seeufer endete. Es wurde im See nach dem verschwundenen Mann getaucht, Wälder der Umgebung wurden abgesucht, und die Vermisstmeldung kam im Fernsehen und in verschiedenen Zeitungen. Ohne Ergebnis. Bis heute.
Ratlose Frau und zwei Kinder
Ohne vorheriges Anzeichen verschwand auch der Weinfelder Eduard Näf. Am 22. Juni 2010 war sein letztes Lebenszeichen ein SMS. "Das Auto steht in Lugano-Paradiso. Sorry für alles, ich bin schuld", schrieb er und liess eine ratlose Frau und zwei Kinder zurück.
Verschollenerklärung
Ist eine Person vermisst, aber nicht als tot erklärt, bleibt für die Angehörigen vieles im Unklaren, beispielsweise rund um Versicherungs- oder Sozialleistungen. Wird eine Person nach "hoher Todesgefahr" - beispielsweise nach einer Naturkatastrophe - vermisst, kann nach einem Jahr ein Gesuch gestellt werden, die Person als verschollen zu erklären. Nach einem weiteren Jahr ist die Verschollenerklärung möglich.
Der andere Fall ist laut Zivilgesetzbuch (ZGB) die lange nachrichtenlose Abwesenheit. In diesem Fall kommt eine Verschollenerklärung erst fünf Jahre nach der letzten Nachricht plus einem weiteren Wartejahr in Betracht. Nach der Verschollenerklärung können gemäss ZGB alle aus dem Tode abgeleiteten Rechte geltend gemacht und beispielweise eine Ehe aufgelöst werden.
14 Personen bleiben gesucht
Seit Oktober 2010 ist der Segler Alexander Schwyn aus Romanshorn nach einem Segeltörn nicht wieder heimgekehrt. Er ist einer von sechs Personen, die auf der Website der Kantonspolizei Thurgau aufgeführt sind. Auch vom Weinfelder Eugen Näf fehlt seit Juni 2010 jede Spur - sein Auto wurde im Tessin gefunden. Seit November 2007 gibt es kein Lebenszeichen mehr von Alois Koch. Das Auto des Unternehmers wurde auf dem Areal der ehemaligen Papierfabrik Bischofszell gefunden, alle Suchaktionen der Kantonspolizei Thurgau mit Einsatz von Hunden und Tauchern blieben ergebnislos. Von Peter Rieder aus Wigoltingen fehlt seit einem Studienaufenthalt auf Zypern jede Spur. Am 28. Juli 1999 wurde er das letzte Mal gesehen, und bis heute fehlt gemäss Vermisstmeldung auf der Webseite der Kapo Thurgau jeder Hinweis auf seinen Verbleib. Ebenfalls noch aufgeführt ist der Fall des verschwundenen Mädchens Edith Trittenbass. Das damals achtjährige Kind aus Wetzikon kam am 3. Mai 1986 nie im Schulhaus Wolfikon an und wird seither vermisst.
Auch die Kantonspolizei St.Gallen führt auf ihrer Website Personen auf, die vermisst sind und nie gefunden wurden. Unter den acht Vermisstmeldungen fehlt am längsten jede Spur von Janine Berger und Margaretha Franceschi-Poletti. Beide sind seit 1999 spurlos verschwunden. Seit 2001 fehlt von Manuel Fernando aus Vilters jedes Lebenszeichen. Im Mai 2008 wurde Pamela Nauer aus Wil das letzte Mal gesehen. Nie zurückgekehrt von einer Bergtour im Engadin sind im August 2008 Petra Cermak und Jakob Bacchini. Hans-Peter Bietenhader aus Waldkirch verschwand im September 2012, und Anton Rinderer wurde seit dem 1. Juni 2013 nie mehr gesehen – sein Heimweg ging entlang des Dorfbachs, der an diesem Tag Hochwasser führte. (chs)