Ein Angehöriger der Toten hatte die Polizei alarmiert. Gegen den Ehemann wurde Untersuchungshaftbefehl erlassen.
Von Hubert Heinzl und Andreas Allacher
Schwandorf. Was hat sich am Donnerstag in dem schmucken Zweifamilienhaus an der Lindenstraße abgespielt? Was führte zum Tod der 65-jährigen Schwandorferin, von dem die Polizei telefonisch benachrichtigt wurde? Das sind die Fragen, denen die Ermittler von der Kriminalpolizei Amberg nachgehen müssen. Sie tun es seit den Nachmittagsstunden vor Ort: In allen drei Stockwerken des Wohnhauses brennt Licht. Im ersten Stock sind die Rollläden heruntergelassen, zur Straßenfront hin. Was ist passiert? Eine Familientragödie, ein Streit, der irgendwie ausgeartet ist?
Noch jede Menge Arbeit
Klar ist am Abend erst einmal nur eines: Auf die Kripobeamten wartet noch jede Menge Arbeit, nicht nur in dem Zweifamilienhaus. „Die polizeilichen Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang“, bestätigt Kriminalhauptkommissar Dietmar Winterberg, Pressesprecher am Polizeipräsidium Regensburg, der eigens zum Ort des Geschehens gefahren ist.
Gegen 16 Uhr war bei der Polizei der Telefonanruf eines Angehörigen eingegangen, dass sich in dem Wohnhaus an der Lindenstraße eine Tote befinde. Die Beamten der Polizeiinspektion Schwandorf, die umgehend zum Einsatzort beordert wurden, konnten diese Angaben nur bestätigen: In dem Gebäude entdeckten sie eine 65-Jährige, die augenscheinlich Opfer einer Gewalttat geworden war. Der 58-jährige Ehemann, der sich noch in der Wohnung aufhielt, wurde wegen Verdachts auf ein Tötungsdelikt vorläufig festgenommen. Er leistete keinen Widerstand und war nach Angaben von Polizeisprecher Winterberg äußerlich unverletzt, musste allerdings medizinisch betreut werden.
Am Freitag hat der Haftrichter einen Untersuchungshaftbefehl erlassen, der Tatverdächtige ist in eine Justizvollzugsanstalt gebracht worden.
Noch am Donnerstagnachmittag übernahm die Kriminalpolizeiinspektion Amberg in den Lindenstraße die Ermittlungen. Spezialisten von der Spurensicherung untersuchten die Wohnräume nach möglichen Tatspuren; Ermittler des Fachkommissariates K 1 führten zeitnah die ersten Befragungen und Vernehmungen durch. Der Leiter der Staatsanwaltschaft Amberg kam ebenfalls zum Tatort und verschaffte sich ein Bild von der Situation.
Auf Nachfrage der MZ war am Donnerstagabend zu erfahren, dass sich die Frau wohl schon einige Zeit tot in der Wohnung befunden hatte. Am Freitag ist die Obduktion durchgeführt worden. Das erste Ergebnis lautet Tod durch Gewalteinwirkung gegen den Hals. Das Motiv des Mannes dürfte in der gemeinsamen persönlichen/familiären Lebenssituation liegen.
Sohn wohnte im Obergeschoss
Nach den Worten des Polizeisprechers bewohnte das Ehepaar das Erdgeschoss sowie den ersten Stock des Zweifamilienhauses. Im Dachgeschoss wohnte außerdem noch der Sohn der beiden, zu dem inzwischen Kontakt hergestellt wurde. Ob er nähere Angaben zu der Gewalttat machen kann, werden nach Angaben Winterbergs erst die Befragungen durch die Polizei ergeben.
Nach Tötung der eigenen Ehefrau: Besonders Urteil für besondere Tat Es war Mord, doch der Täter muss nicht lebenslang hinter Gitter. Weil die Tötung der Ehefrau nach Ansicht der Richter von besonderen Umständen begleitet war, wichen sie von der "normalen" Strafe ab.
Der 59-jährige Angeklagte nahm die Entscheidung des Schwurgerichts regungslos zur Kenntnis. Das Gericht hat ihn eben zu neun Jahren Haft verurteilt, weil er seine schlafende Ehefrau in Mordabsicht getötet hatte. Der Täter ließ seinen Anwalt Gunther Haberl signalisieren, er werde das Urteil akzeptieren. Die Staatsanwaltschaft hatte elf Jahre Haft verlangt.
"Sie haben heimtückisch gehandelt und die Wehrlosigkeit Ihrer Frau ausgenutzt", unterstrich die Vorsitzende Richterin Roswitha Stöber in der Urteilbegründung und ergänzte, damit sei der Tatbestand eines Mords erfüllt. Im Regelfall müsse der Täter dafür lebenslang ins Gefängnis. "Doch hier hatten wir einen ungewöhnlichen Fall vor uns."
Danach wurde zusammengefasst, was sich in dem Haus an der Schwandorfer Lindenstraße abgespielt hat. Die Richterin beschrieb eine Depression beim Opfer, die plötzlich auftrat. Sie erwähnte, dass die 65-Jährige zwei Hirninfarkte erlitten hatte und danach ein Pflegefall war. Dadurch habe sich ihr Ehemann zunehmend überfordert gefühlt. "Wir glauben ihm das", hob Roswitha Stöber hervor und ließ erkennen, dass der Arbeiter zudem wusste: "Er hätte selber zu einer Schulteroperation ins Krankenhaus gemusst, der Mietvertrag war außerdem gekündigt."
Eine neue Wohnung zu finden, sei dem Mann nicht gelungen, obwohl er sich ehrlich darum bemühte. In dieser Lage habe der Angeklagte den Tötungsplan gefasst und ihn am 21. Februar 2018 gegen 21.30 Uhr umgesetzt. "Sie lag schlafend im Bett und konnte sich nicht wehren". Der 59-Jährige sei unter "erheblichem Alkoholeinfluss" ins Schlafzimmer gegangen und habe das Opfer erwürgt.
Auch was danach geschah, ließ die Richterin nicht unerwähnt. "Er hat versucht, sich mit 60 Tabletten das Leben zu nehmen und schrieb zwei Abschiedsbriefe an den Sohn". Auch daraus habe sich die verzweifelte Lage des Mannes entnehmen lassen. "Ein Mensch, der überfordert war, obgleich er sich anstrengte, Herr der Lage zu werden." Zur Tatzeit sei seine Steuerungsfähigkeit sicher eingeschränkt gewesen. Gleichwohl aber hieß es in der Urteilsbegründung: "Keiner hat das Recht, darüber zu entscheiden, ob ein Leben noch lebenswert ist". Auch nicht in einer solchen Situation der Verzweiflung.