Landgericht Erfurt Altenfeld: Vater gesteht Tötung seiner Söhne Er soll zwei Kinder getötet und ein drittes lebensgefährlich verletzt haben: Der angeklagte Vater von Altenfeld ließ vor Gericht nun eine Erklärung verlesen. Aus Verzweiflung habe er gemeinsam mit seinen Söhnen sterben wollen.
von Antje Kirsten
Trennungsabsichten als mögliches Tatmotiv in Altenfeld Im Juni 2017 soll der Angeklagte zwei Kinder getötet und eines schwer verletzt haben. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK Hinter einem grünen Aktenordner versteckt der 28-Jährige sein Gesicht. Obwohl er am Dienstag vor dem Landgericht Erfurt ein umfassendes Geständnis ablegt, ist von dem Familienvater im Gerichtssaal kein Wort zu hören. Er lässt seinen Anwalt eine zehnminütige Erklärung verlesen. Darin gesteht der Mann, im Juni 2017 in Altenfeld im Ilm-Kreis zwei seiner Söhne erstochen zu haben. Die Kinder waren elf Monate und vier Jahre alt. Der dritte, drei Jahre alte Junge wurde bei der Messerattacke seines Vaters lebensgefährlich verletzt. Er habe mit den Kindern gemeinsam sterben wollen, nachdem ihm klar war, dass er seine Frau und seine Söhne endgültig verloren habe, hieß es in der Erklärung vor Gericht. Seine Kinder sollten nicht im Heim oder in einer fremden Familie aufwachsen, gab er als Motiv für seine Bluttat an. Er habe sich immer mehr in den Gedanken hineingesteigert, dass seine Frau ihm Tabletten ins Essen und den Kaffee mische und ihn verlassen wolle.
Seine Frau krankenhausreif geprügelt Angeklagter neben Anwalt hält sich Heft vor Gesicht Angeklagter beim Prozess am Dienstag. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten Einen Tag vor dem tödlichen Familiendrama hatte er seine Frau krankenhausreif geprügelt, wie er in dem Geständnis einräumt. Auslöser sei die große Angst vor einer Trennung gewesen. Genau die aber habe seine Frau inzwischen wirklich gewollt, nachdem er fremdgegangen war. Dabei habe er seine Familie, seine Kinder, seine Frau über alles geliebt, lässt der Angeklagte verlesen. Sie hätten ein glückliches Familienleben geführt. Das Paar hatte sich in einem Internet-Chat kennengelernt und 2016 geheiratet. Die Familie zog zu den Großeltern nach Altenfeld, wo er auch als aktiver Feuerwehrmann tätig war.
Angeklagt ist der Familienvater nun wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. An das eigentliche Tatgeschehen könne er sich im Detail nicht erinnern, ließ er am Dienstag seinen Anwalt im Gerichtssaal in Erfurt vortragen. Er sei an jenem Morgen im Juni 2017 gegen 6.30 Uhr aufgestanden, habe noch Brote für die Kinder schmieren wollen. Und er wollte seine Tasche packen. Nach den Schlägen vom Vortag sollte er das Haus verlassen. Da sei ihm schlagartig klar geworden, dass er seine Familie verloren habe. Er habe dann das Messer gesehen und seine Gefühle nicht mehr steuern können. Er sei verzweifelt, überfordert und hilflos gewesen.
Angeklagter bekommt starke Medikamente Polizei und Rettungswagen stehen vor einem Wohnhaus Altenfeld am 15. Juni 2017. Bildrechte: MDR/Kathleen Sturm/Wichmann Im Gericht wirkte der Angeklagte am Dienstag sehr bedrückt. Im Haftkrankenhaus in Leipzig bekommt der 28-Jährige derzeit starke Medikamente. Die Situation sei für den Angeklagten im Moment sehr schwierig, sagte sein Verteidiger Stephan Rochlitz MDR THÜRINGEN. Auch für einen Verteidiger sei das Verlesen einer solchen Erklärung nicht leicht, spiegele sie doch den Seelenzustand des Angeklagten wieder, der in diesem Verfahren versuche, soweit es ihm möglich ist, Verantwortung zu übernehmen. In der Erklärung hatte der Familienvater eingeräumt, keinerlei Sinn im Leben mehr zu sehen, er habe alles zerstört.
Die Mutter der getöteten Kinder ist nicht vernehmungsfähig. Den Prozess am Landgericht Erfurt verfolgen auch zwei Gutachter, die unter anderem den psychischen Zustand des Angeklagten einschätzen müssen.
Thüringen Mord von Altenfeld: Keine Ermittlungen gegen Jugendamt Nach dem Doppelmord von Altenfeld an zwei Kindern ist die Kritik am zuständigen Jugendamt zuletzt deutlich gewachsen. Im Grunde teilt die auch die Staatsanwaltschaft Erfurt - und will doch derzeit nicht gegen Mitarbeiter der Behörde ermitteln. Vorlesen
15. Juni Thüringen 15. Juni - Ein Mann sticht in Altenfeld (Ilm-Kreis) auf seine drei Söhne ein und tötet dabei zwei von ihnen. Ein Kind wird lebensgefährlich verletzt. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Trennnungsabsicht seiner Frau der Auslöser gewesen ist. Ein Kindersarg wird aus dem Haus in Altenfeld getragen. Foto: Archiv Erfurt/Altenfeld - Ungeachtet der massiven Kritik an der Rolle des Jugendamtes des Ilm-Kreises im Falle des Doppelmords von Altenfeld im Sommer 2017 hat die Staatsanwaltschaft Erfurt bislang kein Verfahren von Amts wegen gegen Mitarbeiter der Behörde eingeleitet. "Nach derzeitiger Erkenntnislage dürfte das Jugendamt zwar seine Aufgaben nicht richtig wahrgenommen haben, eine strafrechtlich zurechenbare Kausalität zwischen dem möglichen Fehlverhalten des Jugendamtes und den Taten zum Nachteil der Kinder ist aber nicht zu begründen", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft unserer Zeitung. Das meint: Bei allen mutmaßlichen Fehlern des Jugendamtes in dem Fall liegt bei den Mitarbeitern des Amtes aus Sicht der zuständigen Strafverfolger keine unmittelbare Verantwortung für den Tod der beiden Kinder.
In Altenfeld im Ilm-Kreis hatte am 15. Juni vormittags ein Vater zwei seiner drei Söhne mit Messerstichen getötet und seinen dritten Sohn schwer verletzt. Er hat die Tat während der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Erfurt bereits gestanden. Zwei Tage vor der Tat - am 13. Juni - hatte der 28-Jährige seine Ehefrau krankenhausreif geprügelt. Das Jugendamt hatte von diesem Übergriff nach Angaben von Mitarbeitern der Behörde zwar gewusst; ebenso wie davon, dass der Mann seine Frau schon vor Mitte Juni geschlagen hatte. Doch hatte das Jugendamt die Kinder trotzdem nicht aus der Familie genommen, sondern in der alleinigen Obhut des Vaters gelassen. Er hatte auf sie eingestochen, als er alleine mit ihnen zu Hause war.
Dass er überhaupt mit ihnen alleine zu Hause sein konnte, scheint rückblickend umso unfassbarer, da eine Mitarbeiterin des Jugendamtes während ihrer Vernehmung als Zeugin vor Gericht angegeben hat, dass es nach den Richtlinien des Jugendamtes ein "gewichtiger Anhaltspunkt für eine Kindswohlgefährdung" sei, wenn Kinder mitansehen müssen, wie es zu häuslicher Gewalt zwischen ihren Eltern kommt. Hat ein Jugendamt Hinweise auf eine Gefährdung von Kindern, muss die Behörde prüfen, ob sie aus der Familie genommen werden müssen. Allerdings hatten Vertreter des Jugendamtes in der Vergangenheit immer wieder argumentiert, die Mutter der Kinder habe am 13. Juni ihr Einverständnis dazu gegeben, dass die Kinder alleine beim Vater bleiben sollten, während sie ins Krankenhaus zur Behandlung gebracht wurde.
Auf diese Äußerungen der Mutter unmittelbar nach dem Übergriff auf sie verweist auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, um zu begründen, warum es - jedenfalls bislang - kein Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des Amtes gibt. "Das Jugendamt hätte sich am 13. beziehungsweise spätestens am 14. Juni 2017 ein eigenes Bild nach der Gewalthandlung zum Nachteil der Mutter am Abend des 13. Juni 2017 von der häuslichen Situation, insbesondere der der Kinder machen müssen, nachdem klar war, dass die Mutter aufgrund ihrer schweren Gesichtsverletzungen noch am Abend des 13. Juni 2017 in ein Krankenhaus eingewiesen werden musste", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Stattdessen habe sich das Jugendamt auf die Angaben der Hebamme der Familie verlassen; die das Jugendamt nach eigenen Angaben vor Gericht geradezu dazu drängen musste, die Familie Ende Mai überhaupt zu besuchen.
Allerdings, sagte der Sprecher: "Auch wenn am Abend des 13. Juni oder am 14. Juni eine Mitarbeiterin des Jugendamtes einen Hausbesuch gemacht hätte, wäre kaum eine andere Entscheidung als die getroffene Entscheidung - nämlich die Kinder weiterhin beim gewalttätigen Vater zu belassen - getroffen worden." Immerhin hätten sowohl der bis dahin noch nie gegen die Kinder gewalttätig gewordene Vater, als auch die Mutter am Abend des Übergriffs auf die Frau gesagt, "dass die Kinder beim Vater - dem Angeklagten - verbleiben sollen".
Den Einwand unter anderem der Hebamme sowie eines Rettungssanitäters vor Gericht, die Mutter sei nach dem schweren Übergriff durch ihren Mann auf sie doch überhaupt nicht in der Lage gewesen, Entscheidungen zu treffen, teilt man bei der Staatsanwaltschaft Erfurt nicht. "Die Mutter der Kinder hat in ihrer richterlichen Vernehmung beim Amtsgericht Erfurt angegeben, dass sie am Abend des 13. Juni durchaus eine Abwägung zum Verbleib der Kinder getroffen hatte, was gegen eine kognitive Beeinträchtigung am Abend des 13. Juni 2017 spricht", sagte der Sprecher.
Unterdessen zeichnet sich ab, dass die juristische Aufarbeitung der Tat sich noch über Wochen hinziehen wird. Schien zunächst noch ein Urteil im Prozess gegen den Vater Ende Februar möglich, ist nach Angaben eines Sprechers des Landgerichts mit einer Urteilsverkündung nun nicht vor Mitte April zu rechnen.
Lebenslang für Vater nach Mord an Söhnen BRISANT | 13.04.2018 | 17:15 Uhr
Im Prozess um die Ermordung zweier seiner Söhne in Altenfeld in Thüringen ist der angeklagte Familienvater zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht entschied zudem, dass der Mann nach 15 Jahren nicht freikommen kann.
Ein "Massaker" an seinen Kindern verübt Im Prozess um die Bluttat von Altenfeld ist der angeklagte Familienvater zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht Erfurt stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Das heißt, der Mann kann nach 15 Jahren Haft nicht freikommen. Der 28 Jahre alte Angeklagte wurde wegen Mordes in zwei Fällen, versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener verurteilt. Der Vorsitzende Richter sagte, der Angeklagte habe ein "Massaker" an seinen Kindern verübt.
Geständnis abgelegt Das Gericht folgte mit dem Urteil den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Der Angeklagte hatte im Sommer vergangenen Jahres in Altenfeld im Ilm-Kreis seine ein und vier Jahre alten Söhne mit einem Messer umgebracht und einen dritten lebensgefährlich verletzt. Der Dreijährige überlebte schwer verletzt. Zwei Tage zuvor hatte er seine Frau krankenhausreif geprügelt. Sie wollte ihren Mann verlassen und die Söhne mitnehmen.
Vor Gericht hatte der Mann im Januar ein Geständnis abgelegt. Er sagte, er habe mit den Kindern gemeinsam sterben wollen, nachdem ihm klar war, dass er seine Frau und seine Söhne endgültig verloren habe. Als Motiv für seine Tat gab er an, seine Kinder hätten nicht in einem Heim oder in einer fremden Familie aufwachsen sollen.