Doppelmord: Angeklagter soll nach Pornos Vergewaltigung beschlossen haben
Janet König 16.02.2018 | Stand 16.02.2018, 18:16 Uhr
Detmold. Kaum ist der eine Mörder verurteilt, startet schon der nächste Mordprozess vor dem Detmolder Landgericht. Der 53-jährige Detmolder Thomas T. soll im September eine 24-Jährige und ihren sechsjährigen Sohn mit mehreren Messerstichen in einem Haus in der Immelmannstraße erstochen haben.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Sicherheitsverwahrung für den Angeklagten. Thomas T. hatte schon einmal mehrere Jahre wegen versuchten Mordes im Gefängnis gesessen, berichtet die Lippische Landeszeitung. Jetzt ist die Anklage mit Einzelheiten zum möglichen Tathergang veröffentlicht worden.
Folgendes legt die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last: Thomas T. soll bereits geraume Zeit vor der Tat ein Auge auf die 24-jährige Nachbarin geworfen haben. Am Abend des 9. Septembers 2017 endete seine Obsession tödlich. Der 53-Jährige soll erst Pornos im Internet geguckt und sich dann dazu entschlossen haben, mit der 24-Jährigen Sex zu haben. Da ihm klar gewesen sei, dass dies nur gegen ihren Willen geschehen könne, habe er sich mit einem längeren Küchenmesser bewaffnet und sie dazu gebracht, mit ihm allein in einen Kellerraum zu gehen.
Dort soll er sie zunächst bedrängt haben. Als die junge Frau Widerstand leistete, soll Thomas T. mit dem Messer auf ihren Oberkörper eingestochen haben. Anschließend habe er die noch lebende, aber bewusstlose Mutter aus dem Keller in seine drei Etagen höher gelegene Wohnung getragen, um dort den Geschlechtsverkehr mit ihr ausüben zu können. Als Thomas T. feststellte, dass die Geschädigte noch röchelte, soll er ihr das Messer in den Hals gestoßen haben. An diesen Verletzungen ist das Opfer laut Staatsanwaltschaft gestorben.
Als die Mutter tot war, soll Thomas T. Rufe des damals sechsjährigen Sohnes gehört haben. Das Kind sei auf der Suche nach seiner Mutter durch das Treppenhaus nach oben gekommen. Thomas T. soll den Sohn mit dem Hinweis, seine Mutter wäre bei ihm, in seine Wohnung gelockt haben. Dort soll er das Kind unmittelbar mit etlichen Messerstichen erstochen haben. Alles nur, um die vorangegangene Tötung der Mutter zu vertuschen. So lautet die Anklage.
Anschließend soll Thomas T. das Treppenhaus gereinigt haben und mit dem Zug über Osnabrück, wo er die Tatwaffe entsorgte, nach Hamburg geflohen sein. Dort habe Thomas T. einige Tage auf der Straße gelebt. Nach einer großen Öffentlichkeitsfahnung konnte der Angeklagte dort am 14. September 2017 festgenommen werden. Er befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Angeklagte wird von Rechtsanwalt Wöhler aus Bad Salzuflen verteidigt.
Drei Prozesstage sind für die Verhandlung angesetzt. Der Prozess beginnt jeweils um 9 Uhr in der 1. Großen Strafkammer des Detmolder Landgerichts.
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Landgericht Detmold setzt Prozess um Doppelmord an Frau und Kind fort Zeugin: »Der war nett«
Detmold (WB/ca). Als nett, zuvorkommend und ruhig hat eine Sozialarbeiterin am Montag den Mann beschrieben, der im September in Detmold seine Nachbarin (24) und deren Sohn (6) niedergemetzelt hatte. »Das hätte ich ihm nie zugetraut«, sagte die Zeugin (31) vor dem Landgericht Detmold.
Thomas T. (53) hatte die Morde zum Prozessbeginn in der vergangenen Woche gestanden. Die Nachbarin habe sterben müssen, weil sie ihn nicht habe küssen wollen, sagte er. Und den Jungen habe er getötet, damit der seine blutüberströmte Mutter nicht habe sehen müssen.
Oberstaatsanwalt schließt Planung der Tat nicht aus
Die »Herberge zur Heimat« ist eine Einrichtung in Lippe, die Menschen in sozialen Notlagen hilft. »Thomas war jemand, der Hilfe bei Behördengängen brauchte – zum Beispiel beim Ausfüllen von Anträgen an das Jobcenter«, sagte die Sozialarbeiterin. Sie habe sich eineinhalb Stunden pro Woche mit ihm befasst.?»Wir hatten ein gutes Verhältnis und haben über alles gesprochen. Thomas war ein hilfsbereiter Mensch, der sich um seine Nachbarn kümmerte.« Sie sei auch mal in seiner Wohnung gewesen, sagte die Zeugin. »Aber er hat bei mir nie etwas versucht.« Dass er vorbestraft gewesen sei, (T. hatte 2004 in Bad Salzuflen versucht, eine Frau umzubringen und das Opfer vergewaltigt) habe sie nicht gewusst.
Tage vor den Morden erzählte Thomas T. der Sozialarbeiterin und anderen Menschen, er werde bald nach München fahren. Tatsächlich aber floh er nach der Tat per Bahn nach Hamburg. Oberstaatsanwalt Christopher Imig schließt nicht aus, dass Thomas T. den Mord an der Frau und seine Flucht geplant hatte und eine falsche Spur legen wollte.
»Eingeschränkte Intelligenz«
Allerdings ging dem 53-Jährigen in Hamburg schnell das Geld aus. Fünf Tage nach dem Doppelmord rief er seine Sozialarbeiterin aus einer Telefonzelle an. Während die Frau mit ihm sprach, veranlasste sie geistesgegenwärtig eine Kollegin, die Polizei zu alarmieren. Die Sozialarbeiterin fragte Thomas T., wo er gerade sei, und er antwortete: »St. Pauli.« Auf Bitten der Sozialarbeiterin verließ er die Telefonzelle kurz, um Passanten nach seinem genauen Standort zu fragen. Den gab er durch, und wenig später nahmen Hamburger Polizisten den gesuchten Doppelmörder in der Nähe fest.
Gutachterin Dr. Nahlah Saimeh übergab dem Gericht am Montag ihr vorläufiges schriftliches Gutachten. Danach soll Thomas T. wegen eingeschränkter Intelligenz nicht in der Lage sein, auf Zurückweisungen von Frauen angemessen zu reagieren. Für den Mord an der Nachbarin könne verminderte Schuldfähigkeit deshalb nicht ausgeschlossen werden, meint Dr. Saimeh. Als Thomas T. das Kind umgebracht habe, sei er jedoch voll schuldfähig gewesen.
Der Prozess soll am Dienstag zu Ende gehen. Oberstaatsanwalt Imig sagte am Rande der Verhandlung, er werde voraussichtlich lebenslange Haft, die Feststellung der besonders schweren Schuld und Sicherungsverwahrung fordern.
Bluttat in Detmold Lebenslang und Sicherungsverwahrung für Doppelmord 28.02.18, 16:00 Uhr EMAIL FACEBOOK TWITTER MESSENGER Bluttat in Detmold
Detmold - Wegen des Doppelmordes an einer 24-jährigen Frau und an ihrem kleinen Sohn in Detmold ist ein 53-jähriger damaliger Nachbar zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.
Außerdem stellte das Landgericht Detmold am Mittwoch die besondere schwere der Schuld fest und ordnete Sicherungsverwahrung an. Der 53-Jährige saß bereits wegen versuchten Mordes sechs Jahre lang im Gefängnis. 2004 hatte er eine Nachbarin vergewaltigt und versucht, sie zu töten.
Bluttat in Detmold Tatverdächtiger nach Tod von Mutter und Sohn festgenommen Mit dem Urteil vom Mittwoch schlossen sich die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Der Verteidiger hatte für seinen geständigen deutschen Mandanten eine lebenslange Haftstrafe gefordert (Az: 21 Ks 13/17).
Der Verurteilte hatte im September 2017 die Frau und ihren sechsjährigen Sohn mit jeweils 15 Messerstichen getötet. Von seiner Nachbarin hatte er sich zuvor nach einem verweigerten Kuss abgewiesen gefühlt. Das Kind war nach der ersten Bluttat auf den Täter gestoßen.
Ein sehr moralisches Weltbild Die psychiatrische Gutachterin hatte dem Angeklagten im Prozess eine leichte Intelligenzminderung bescheinigt. Er habe ein sehr moralisches Weltbild, sei naiv und habe Schwierigkeiten, Kontakt zu Frauen aufzubauen. Er habe ein Selbstbild „des hässlichen Trottels“. Nach der Abweisung habe sich seine Wut gegen die Frau gerichtet. Beim Angriff auf die Frau sieht die Gutachterin eine eingeschränkte Schuldfähigkeit. Anders ist ihre Bewertung des Verdeckungsmordes an dem Kind: Voll schuldfähig.
Für das Gericht spielte diese Einschätzung am Ende keine Rolle. Die Tat sei geplant gewesen. Er habe ein Messer dabei gehabt und vor dem Angriff stundenlang Pornos geschaut. Das Gericht bezeichnete die Tat in der Urteilsbegründung als eines der schlimmsten Verbrechen der vergangenen Jahre in der Region. Polizisten, die zuerst am Tatort waren, hatten als Zeugen das Bild mit den blutverschmierten Leichen geschildert.
Wird eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt und außerdem die besondere Schwere der Schuld festgestellt, ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. (dpa)
Detmolder Schwurgericht zieht bei Urteil wegen Doppelmordes alle Register Mehr geht nicht
Von Christian Althoff
Detmold (WB). Das Detmolder Schwurgericht hat den Gelegenheitsarbeiter Thomas T. (53) am Mittwoch wegen Mordes an seiner Nachbarin (24) und ihrem Sohn (6) zu der höchsten Strafe verurteilt, die das deutsche Recht ermöglicht.
Die Kammer unter Vorsitz von Karsten Niemeyer verhängte nicht nur lebenslange Haft. Sie stellte auch eine besonders schwere Schuld fest – damit ist eine Haftprüfung nach 15 Jahren ausgeschlossen. Und sie ordnete außerdem Sicherungsverwahrung für den Fall an, dass die Strafe jemals als verbüßt gelten sollte. Mit diesem Urteil haben die Richter alles getan, damit der Doppelmörder Thomas T. nicht mehr freikommt. Die Gefahr, dass er anderenfalls wieder einen Mord begehe, sei »greifbar«, sagte Niemeyer.
Schon 2004 war Thomas T. mit einem Messer über eine Nachbarin hergefallen, weil die ihn zurückgewiesen hatte. In der Annahme, sie sei tot, hatte Thomas T. die Frau missbraucht. Oberstaatsanwalt Christopher Imig sagte in seinem Plädoyer: »Selbst wenn er damals nicht acht Jahre, sondern länger für den versuchten Mord bekommen hätte, wäre der Doppelmord
13 Jahre später nicht zu verhindern gewesen.«
Opfer hoffte auf ein besseres Leben in Deutschland
Imig erinnerte an das jüngste Opfer, die Bulgarin Hatidzhe B. (24). »Sie kam 2016 mit ihrem Sohn nach Deutschland und hoffte auf ein besseres Leben.« Doch ihr Ehemann sei gewalttätig gewesen. »Deshalb war sie froh, als sie mit ihrem Kind eine eigene Wohung in Detmold fand und bei einem Möbelhändler arbeiten konnte.«
Am 9. September 2017 bat sie ihren Nachbarn Thomas T., ihr beim Transport eines Schranks in den Keller zu helfen. Ihr Sohn Ahmed, gerade sechs Jahre alt geworden, sah »Tom & Jerry« im Fernsehen, während die beiden Erwachsenen den Schrank nach unten trugen. Im Keller soll Thomas T. die Frau um einen Kuss gebeten haben. Als sie ihn zurückwies, stach er wie im Wahn mit einem Messer zu. Dann trug er die schwerverletzte, blutende Frau aus dem Keller in seine Dachgeschosswohnung, wo er den Mord vollendete.
Sechsjähriger wird von 15 Stichen getroffen
Das Gericht geht davon aus, dass Ahmed wenig später nach seiner Mutter rief und Thomas T. zu erkennen gab, dass sie bei ihm sei. »Als der Junge an Ihrer Wohnungstür auftauchte, haben Sie zugestochen, um ihn als Zeugen zu beseitigen«, sagte der Vorsitzende Richter. 15 Stiche hätten den Sechsjährigen getroffen, »der zum Glück schnell tot war«. Niemeyer sprach von einer »unfassbaren Brutalität gegen das völlig unbeteiligte Kind«.
Wie schlimm das Gemetzel gewesen sein muss, deutete der Oberstaatsanwalt an: »Wir haben dem Polizisten, der über Stunden Spuren an dem toten Kind sichern musste, die Zeugenaussage vor Gericht erspart. Er war damals mehrere Tage nicht dienstfähig.« Ein anderer Polizist hatte ausgesagt, er bekomme das Bild des Jungen nicht mehr aus dem Kopf.
Gutachterin: Thomas T. projiziert Selbsthass auf Frauen
Zum Motiv sagte Gutachterin Dr. Nahlah Saimeh, Thomas T. halte sich für einen hässlichen Trottel. »Diesen Selbsthass projiziert er im Moment der Zurückweisung auf Frauen.« Die Ärztin hält den Mann, der einen IQ von 67 hat, für schuldfähig und sagte, von ihm gehe eine hohe Wiederholungsgefahr aus. Von einer Unterbringung in der Psychiatrie riet die Ärztliche Direktorin der Gerichtspsychiatrie Eickelborn ab: »Den Mann kann man nicht therapieren.«
Die Hinterbliebenenanwälte Murat Baspinar und Remzi Yalzin forderten ebenso wie der Oberstaatsanwalt die Höchststrafe, die schließlich auch verhängt wurde. Auch Verteidiger Helmut Wöhler hielt lebenslange Haft für angemessen, sprach sich aber gegen jede weitere Strafverschärfung aus.
Wöhler sagte nach der Urteilsverkündung, sein Mandant habe mit der lebenslangen Haft gerechnet. »Er ist erleichtert, dass er ins Gefängnis kommt und nicht in die Psychiatrie.«
Todesstrafe erwähnt
Anwalt Murat Baspinar, der die Mutter und ihr Kind gekannt hatte, sagte in seinem Plädoyer zum Angeklagten: »Mancher im Publikum hält Sie für ein Monster, ein Krebsgeschwür, das man ausrotten muss. Manche wünschen Ihnen die Todesstrafe, aber die haben wir hier nicht.«
Verteidiger Helmut Wöhler konterte, so dürfe ein Anwalt nicht reden. Der Vorsitzende Richter sagte, Überlegungen zur Todesstrafe hätten in einem deutschen Gerichtssaal nichts verloren. Murat Baspinar bat um Entschuldigung. Er habe aber nicht der Todesstrafe das Wort geredet und sei falsch verstanden worden.