Seit zehn Jahren wird die junge Britin Louise Kerton nach einem Besuch bei ihrem Verlobten in Swisttal vermisst. Nun ist die Akte geschlossen - gelöst ist der Fall jedoch noch immer nicht. Der Vater der Frau glaubt längst an den Tod seiner Tochter.
Von Markus Bierlein und Bernd Zimmermann
SWISTTAL/EUSKIRCHEN. Die Akte ist geschlossen. "Vorläufig", wie Staatsanwaltschaft Jost Schützeberg aus Aachen betont. Zehn Jahre nach dem Verschwinden der Krankenschwester Louise Kerton auf der Heimreise von Swisttal-Straßfeld in die englische Grafschaft Kent fehlen neue Ermittlungsansätze. "Den vorhandenen Spuren sind wir allen nachgegangen", sagt Schützeberg der Rundschau.
Vor wenigen Tagen hat der Vater, Philip Kerton, in einem BBC-Interview die Hoffnung geäußert, dass die Ermittler eines Tages neue forensische Methoden finden, mit denen sie Indizien neu bewerten können, die sie gesammelt haben. Kerton, der nach dem Verschwinden seiner Tochter mehrmals in Deutschland war und die Behörden zu intensiveren Nachforschungen aufforderte, sagte, seine Familie habe entschieden, dass ihre Tochter tot sein müsse. Louise Kerton verbrachte im Juli 2001 einen sechswöchigen Urlaub in Straßfeld bei der Familie ihres Verlobten und wollte nach England zurückkehren - doch dann verschwand die damals 24-jährige Krankenschwester aus New Ash Green in der Grafschaft Kent auf der Fahrt von Aachen nach Ostende. Seit dem 30. Juli 2001 fehlt von der zierlichen Frau mit den dunklen Haaren jede Spur.
An jenem Tag, so die Erkenntnisse der deutschen Polizei, habe die Mutter ihres Verlobten Louise Kerton in einem Peugeot nach Aachen zum Zug gebracht. Von dort sollte Louise mit dem Schnellzug 420 um 12.04 Uhr in Richtung Küste abfahren, um dann mit der Fähre von Ostende auf die britische Insel zu gelangen. Doch Louise kam nie an. Niemand weiß, ob die Verschwundene tatsächlich den Aachener Bahnhof betreten hat, ob sie tatsächlich den Schnellzug erreicht hat, ob sie Opfer eines Verbrechens wurde oder ob sie einfach nur untergetaucht ist.
Der "Fall Louise Kerton" wurde von der Aachener Polizei als Vermisstenfall registriert, während in Kent die Familie der jungen Krankenschwester schon bald an ein Verbrechen glaubte. Unter dem zunehmenden Druck der Medien wandelte sich die Haltung der Ermittlungsbehörden. Gut ein Jahr nach dem Verschwinden initiierte die Aachener Staatsanwaltschaft eine groß angelegte Suchaktion in Kiesgruben rund um Straßfeld. Ergebnislos.
Die ZDF-Sendereihe "Aktenzeichen XY" veröffentlichte einen Beitrag über den Vermisstenfall. Doch damals wurden Bilder aus einem Fotoapparat, den man gefunden hatte, irrtümlich dem Fall zugeordnet. Die "verheißungsvollen Hinweise" verpufften.
Bis heute kreisen die Gedanken von Philip Kerton darum, was passiert sein könnte - und er wird zornig. Teilweise sei es einfacher, sich seine Tochter tot vorzustellen, als am Leben, aber in einer qualvollen Lage. "Es gibt immer noch Hoffnung, und eines Tages werden wir erfahren, was passiert ist", sagt er. Die Spuren verlieren sich in Straßfeld, dem damaligen Urlaubsort von Louise Kerton. Die Familie ihres Ex-Verlobten ist inzwischen von dort weggezogen.