1971: Mordfall ist bis heute nicht geklärt Gäste wollten die bei Berg gefundene Frauke Eckert inn Bad Wurzach gesehen haben – Urlaubssperree bei der Kriminalpolizei
Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)4 Dec 2015
BERG (sz) - Ein Mordfall, der bis heute ungeklärt geblieben ist, beschäftigte das Verbreitungsgebiet 1971: „Die Fahndung der Ravensburger Kriminalpolizei nach dem Mörder der 21-jährigen Frauke Eckert, deren Leiche im abgelegenen Eichach-Tobel bei Weiler (Gemeinde Berg) gefunden worden war, geht mit unverminderter Intensität weiter. Von den verfügbaren Beamten sind noch immer 80 Prozent damit beschäftigt, allen Hinweisen nachzugehen, die aus der Bevölkerung eingehen. Kürzlich glaubte sich die Kripo bereits auf einer ganz „heißen" Spur. Sie führte in ein Tanzlokal bei Bad Wurzach.
Es begann mit einem Anruf. Eine Frau teilte der Polizei mit, sie habe in besagtem Tanzlokal ein Mädchen gesehen, das starke Ähnlichkeit mit dem in der „Schwäbischen Zeitung" veröffentlichten Foto von Frauke Eckert gehabt habe. Das sei in der Nacht vom 2. auf 3. Juni gewesen. Sie, die Anruferin, habe zusammen mit ihrem Mann in dem Lokal ihren Hochzeitstag gefeiert, deshalb wisse sie das Datum noch so genau. An einem der Tische habe an jenem Abend eine Gruppe von fünf jungen Leuten gesessen, zwei Männer und drei Mädchen, darunter eines, das ausgesehen habe wie Frauke Eckert.
Sofort begann der Fahndungsapparat der Kriminalpolizei auf Hochtouren zu laufen. In der Nacht auf Mittwoch nach Pfingsten (1./2. Juni) war Frauke Eckert in Ravensburg zuletzt gesehen worden. Einen Tag spätermuß sie noch gelebt haben, wenn sie tatsächlich in dem Tanzlokal bei Bad Wurzach aufgetaucht ist, schlußfolgerten die Beamten. In mehreren Teams gingen sie an die Überprüfung der Aussage des Ehepaares, das seinen Hochzeitstag in dem Lokal gefeiert hatte.
Dort fand an einem Abend eine Art Lokaltermin statt. Das Ehepaar erklärte sich bereit, daran teilzunehmen. Jedes Detail gingen die Männer von der Kripo mit dem Ehepaar durch. Sie ermittelten auch vier junge Leute, die Frauke Eckert ebenfalls an jenem Abend in dem Tanzlokal gesehen haben wollten. Zwei davon schieden bald aus. Die Nachforschungen ergaben, daß sie vom 2. auf 3. Juni Nachtdienst gehabt hatten. Die übrigen zwei blieben bei ihrer Aussage; die Spur wurde damit noch „heißer“.
Von einer Gruppe von acht jungen Leuten, die sich nach Aussagen des Ehepaares am gleichen Abend ebenfalls in dem Lokal aufgehalten hatten und dann zu acht (!) in einem Auto mit Tettnanger Kennzeichen wegge- fahren waren, versprachen sich die Kriminalbeamten weitere Fortschritte. In mühevoller Ermittlungsarbeit machten sie nacheinander alle acht ausfindig.
Ein Mädchen dieser Gruppe konnte sich genau erinnern, daß an dem Tisch, an dem angeblich Frauke Eckeut gesessen hatte, auch ein ihm bekannter Mann saß. Dieser Mann sei ihm in der Fasnachtszeit schon einmal begegnet. In einem anderen Lokal von Bad Wurzach stöberten die Kriminalbeamten nach längerer Suche den Mann auf. Seine Aussage machte der Polizei dann klar, daß sich die Ermittlungen in Bad Wurzach in einer Sack gasse bewegt hatten. Nicht Frauke Eckert hatte an dem Tisch in dem Tanzlokal gesessen, sondern ein ihr stark ähnelndes Mädchen.
So deprimierend diese Feststellung war, die Beamten waren der An- ruferin keineswegs böse. Sie sind dankbar für jeden Hinweis in dieser Mordsache und gehen jeder Spur nach, auch wenn sie in die Irre führen sollte. Die Gefährlichkeit des Täters, von dem angenommen werden muß, daß er auch zu einem zweiten derartigen Verbrechen fähig ist, zwingt zur genauen Überprüfung jeder auch nur halbwegs glaubwürdigen Mitteilung in diesem Fall, an dessen Aufklärung die Bevölkerung stark interessiert ist. Das zeigt sich an der Bereitschaft vieler Mitbürger, die Polizei nach Kräften zu unterstützen.
Auch eine weitere „heiße" Spur führte ins Leere. Durch gewisse Umstände war der Kraftfahrzeugmeister Peter Hecht in Mochenwangen in Verdacht geraten. Die Ermittlungen ergaben jedoch, daß er sich am Abend des Pfingstdienstags bei sei- ner Familie zu Hause aufgehalten hat und somit als Täter nicht in Frage kommt. Spuren von Blut, welche in seinem Auto entdeckt wurden, erwiesen sich bei der Analyse als von einem Reh herrührend. Peter Hecht hatte seinen Wagen kurze Zeit einem För ster geliehen gehabt.
Eine skurrile Begleiterscheinung zeitigte der Mordfall Eckert, als am Donnerstagnachmittag ein nach Gammlerart umherziehender junger Mann am Grab der Erraor deten zur Gitarre Lieder sang. Bei einer Durchsuchung seines Gepäcks förderte die Kriminalpolizei ein Metzgermesser zutage. Sie unterband die pietätlose Darbietung auf dem Friedhof.
Der Leiter des Kriminalkommissariats Ravensburg hat für seine Beamten eine Urlaubssperre verhängt und den lange geplanten Betriebsausflug auf den Herbst verschoben.“