Berlin Die unaufgeklärten Morde: Wer klingelte an der Tür der alten Frau? Die 79-jährige Anna Sasse wurde 1997 erstochen
WERNER SCHMIDT
"Wir gehen davon aus, dass Anna Sasse den späteren Täter gar nicht einlassen wollte." Der Unbekannte hat die 79-jährige Rentnerin nach den Erkenntnissen der Kriminalpolizei am 13. Dezember 1997 in ihrer Wohnung an der Adolfstraße 3 in Wedding ermordet. Bis heute gibt es keine Spur von dem Mann, der nach der Tat die Wohnung durchsuchte und vermutlich den Schmuck des Opfers und das im Haushalt vorhandene Bargeld raubte. Was genau dem Mörder in die Hände fiel, ist bis heute nicht geklärt. Von den verschwundenen Schmuckstücken gibt es keine Fotos.
Nach den bisherigen Ermittlungen der 3. Mordkommission klingelte der Täter an der Wohnungstür von Anna Sasse. Als sie öffnet, um nachzusehen, wer der Besucher ist, drückt der Unbekannte nach Erkenntnissen der Fahnder die Tür auf, schiebt damit die Frau in die Wohnung und überwältigt sie. Deshalb ist bisher auch noch ungeklärt, ob Anna Sasse den Besucher kannte, ihn nur nicht bei sich haben wollte, oder ob es womöglich ein völlig Fremder war, der sich aus unerfindlichen Gründen die in geordneten finanziellen Verhältnissen lebende Witwe als Opfer ausgesucht hatte.
Was den Mordermittlern zunächst auffiel, als sie zum Tatort kamen: "Die Wohnung war tip-top aufgeräumt," sagte Kommissariatsleiter Klaus Ruckschnat. Kein Stäubchen war auf den Tischen und Schränken zu sehen, kein falscher Kniff in den Kissen - aber da waren die herausgerissenen Schubladen, die durchwühlten Schränke und die blutverschmierte Leiche. Offenbar war die alte Frau erstochen worden, die Tatwaffe aber war in der Wohnung nicht aufzufinden. Dafür aber hatte der Täter einige Spuren zurück gelassen, die für eine DNA-Vergleichsanalyse ausreichen, falls jemals ein Verdächtiger ermittelt wird.
Die Leiche von Anna Sasse wurde einen Tag nach dem Raubmord von ihrer Tochter gefunden. Beide waren verabredet. Als die als zuverlässig geschilderte Mutter sich aber nicht meldete, machte sich ihre Tochter Sorgen und fuhr zur Adolfstraße.
Die Ermittlungen der Mordkommission zogen sich hin bis nach Bayern. Denn zum Zeitpunkt des Mordes waren Mitarbeiter eines bayerischen Umzugsunternehmens im Haus. Sie wurden überprüft. Vergeblich. Dann wurden alle Hausbewohner im Gemeinschaftsraum des Mehrfamilienhauses zusammengerufen. Sie erhielten von den Kriminalbeamten einen Fragebogen, den es auszufüllen galt: "Wo waren Sie zum Tatzeitpunkt? Welche Zeugen können das bestätigen? Haben Sie etwas Verdächtiges gehört oder gesehen? ..." und so weiter und so weiter.
Schließlich wurden alle Männer des Hauses zum Gen-Test gebeten. Aber wie auch die Untersuchungen der Möbelpacker in Bayern verliefen auch alle Tests der Berliner Mitbewohner negativ. Dabei bestand zunächst noch Hoffnung, denn einer der Hausbewohner benahm sich nicht nur auffällig, sondern im höchsten Grade verdächtig: Er verweigerte die Probe für den DNA-Test. Die Mordkommission musste den Mann schließlich sogar mit einen Gerichtsbeschluss zwingen, die Probe abzugeben. Das Ergebnis der Probe aber war negativ.
Ein Fall für die Profiler Rentnerin vergewaltigt und getötet
(XY-Sendung vom 14. Dezember 2016)
Die 79-jährige Rentnerin Anna Saße lebt allein und zurückgezogen in einer kleinen Wohnung in Berlin-Wedding. Zeitlebens hat sie Angst, Opfer von Verbrechern zu werden. Sie ist sehr vorsichtig. Dennoch gerät sie in die Fänge eines skrupellosen Mannes, der sich an ihr vergeht und sie zu Tode quält.
Am Morgen des 12. Dezember 1997 kommt es wenige hundert Meter von Anna Saßes Wohnung entfernt zu einem seltsamen Vorfall. Ein junger Mann klingelt in einem Mehrfamilienhaus an der Tür einer Frau. Er stellt ungewöhnliche Fragen zur Wohnsituation der Mieterin. Schließlich wird es der Frau zu bunt und sie schließt die Tür. Durch den Türspion sieht sie aber, dass der Unbekannte sein Glück an der Nachbarstür versucht.
Besteht ein Zusammenhang? Gibt es einen Zusammenhang mit dem Verbrechen an Anna Saße?
Fest steht: Am 13. oder 14. Dezember 1997 öffnet auch Anna Saße einem Mann die Tür. Er überfällt die 79-Jährige und drängt sie ins Schlafzimmer. Dort stürzt er sich auf sie. Verzweifelt versucht Anna Saße sich zu wehren – ohne Erfolg.
Der Täter würgt die Rentnerin, fesselt sie mit der eigenen Strumpfhose und geht mit einem Küchenmesser auf sie los . Er vergeht sich mehrfach an der Rentnerin, die die Tat nicht überlebt. Penibel räumt der Mörder den Tatort auf. Wie lange er sich in der Wohnung aufgehalten hat, ist ungewiss. Stunden später findet die Tochter die Leiche ihrer Mutter.
Profil des Täters Jahre nach der Tat durchleuchten Spezialisten der Polizei – so genannte „Profiler“ – die Tat und ziehen Rückschlüsse auf den Mörder. Sie vermuten, er war 1997 ein Außenseiter, der von anderen eindeutig als Randfigur wahrgenommen wurde. Er lebte vermutlich sozial isoliert und dürfte über einen ausgeprägten Ordnungssinn verfügt haben.
Wahrscheinlich war er zum Tatzeitpunkt erst 16 bis 20 Jahre alt und noch in der Phase „sexueller Orientierung“. Er dürfte sexuell völlig unerfahren gewesen sein, könnte Azubi oder Handlanger auf dem Bau gewesen sein. Er dürfte damals – so die Annahme der Experten – unter starker sozialer Kontrolle gestanden haben. Und die Profiler meinen: Der Mord an Anna Saße war seine erste schwere Sexualstraftat.
Der Tatort lag in Berlin-Wedding.
Personenbeschreibung: Der Mann, der am 12. Dezember 1997, gegen 9.30 Uhr an einer Haustür in Berlin-Wedding geklingelt und seltsame Fragen gestellt hat, war Mitte 20, etwa 1,78 m groß und schlank, er trug einen Oberlippenbart und hatte ein schmales Gesicht. Kleidung: glatte, dunkle Lederjacke, blaue Jeans, schwarze Schuhe, dunkelblaue Wollmütze, die rundherum hochgekrempelt war.
Fragen nach Zeugen:
Wo ist der unbekannte Mann noch aufgefallen? Wo hat er vielleicht ebenfalls geklingelt?
Wer kannte 1997 einen etwa 16 bis 20 Jahre alten Mann, der in einem oder mehreren Punkten zum durch die Spezialisten der Polizei erstellte Täterprofil passen könnte und der sich plötzlich ohne erkennbaren Grund verändert hat?
Wer hat am 13. oder 14. Dezember 1997 in der Adolfstraße in Berlin-Wedding eine Beobachtung gemacht, die mit der Tat in Verbindung stehen könnte?
Eine 79-jährige Frau telefoniert mit ihrer Tochter. Sie verabreden sich – und sprechen nie wieder miteinander. Die Rentnerin wird wenig später tot in ihrer Wohnung in Berlin aufgefunden. Brutal ermordet. Jetzt, 19 Jahre nach der schrecklichen Tat, gibt es neue Erkenntnisse in dem Fall. Die Polizei bittet um Hinweise.
Potsdam/ Berlin. Am Sonntag, den 14. Dezember 1997, wird die alleinlebende 79-jährige Anna Saße in ihrer Wohnung in der Adolfstraße in Wedding ermordet.
Kurz zuvor, gegen 12 Uhr, hatte die Rentnerin noch mit ihrer Tochter telefoniert und sich verabredet. Wenig später ruft die Tochter nochmals bei ihrer Mutter an. Doch Anna Saße nimmt den Hörer nicht ab. Die Tochter versucht es weitere Male. Wieder erfolglos. Dann steigt sie Auto und fährt zur Wohnung ihrer Mutter.
Um kurz vor 15 Uhr ist die damals 51-Jährige in der Adolfstraße. Sie öffnet die Wohnung und findet ihre Mutter teilweise unbekleidet, erdrosselt und erstochen im Bett des Schlafzimmers.
Aufgrund der Auffindesituation und der festgestellten Verletzungen geht die ermittelnde 3. Mordkommission von einem Sexualmord aus.
Außerdem gehen die Ermittler inzwischen davon aus, dass der Täter vermutlich ein junger Mann war, der unter anderem aus sexueller Neugier gehandelt hat.
Die Fragen der 3. Mordkommission
. Wer hat damals Beobachtungen gemacht, die er bislang noch nicht der Polizei mitgeteilt hat?
. Wer kannte einen jungen Mann, dessen Verhalten sich ggf. nach dem Dezember 1997 auffällig verändert hat?
. Möglicherweise hat sich der Täter damals ganz oder zumindest teilweise einem anderen Menschen anvertraut. Wer hat Informationen hierzu?
. Wer kann sonstige sachdienliche Hinweise geben, die helfen dieses schwere Verbrechen endlich aufzuklären?
Hinweise nimmt die 3. Mordkommission des Landeskriminalamtes in der Keithstraße 30 in Tiergarten unter der Telefonnummer (030) 4664 - 911 333 oder per E-Mail an LKA113-Hinweis@polizei.berlin.de entgegen. Selbstverständlich können sich Zeugen auch an jede andere Polizeidienststelle wenden.