Der Fall Joachim Szieleit, der sich selbst nur der „Tote“ genannt hat.
Er lebte gut von einem illegalen Kfz-Handel und privatem Geldverleih gegen Wucherzinsen. Er war nirgends angemeldet oder versichert. Die Mietwohnung lief auf einen anderen. Die Miete wurde ein Jahr im Voraus bezahlt.
Auf der Bank hatte er nur ein Bankschließfach. Seine Spur verliert sich am 6. Mai 1993. Er wollte einen Mercedes 500 ankaufen und hatte aus seinem Bankschließfach 80.000 Mark abgeholt.
Bis heute fehlt von ihm jede Spur. Wir gehen von einem Raubmord aus. (Fred Lenhoff, Chef der Mordkommission)
Vermisst: Manche Schicksale werden nie geklärt - Fälle aus Akten der Kripo 23.03.2012 - 11:30
Kassel. Fast alle Menschen, die in Kassel Stadt und Land vermisst werden, tauchen zeitnah wieder auf. Es gibt aber auch Einzelfälle, die für die Angehörigen eine quälende Ungewissheit bedeuten.
Dieser Artikel gehört zu: - Jährlich verschwinden Hunderte von Menschen in Stadt und Kreis Kassel In den Akten der Kasseler Kripo geht es um ganz unterschiedliche Schicksale von Vermissten. Diese Menschen können Opfer eines Verbrechens oder Unfalls geworden sein, manche haben sich vermutlich selbst getötet, wieder andere haben vielleicht irgendwo ein neues Leben begonnen.
So wird zum Beispiel seit mehr als 30 Jahren Renate Schildt aus Kassel vermisst. Am 23. September 1979 verschwand die damals 29-jährige Frau aus ihrer Wohnung in Helleböhn. Die Kripo geht davon aus, dass die Frau Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Als Renate Schildt damals verschwand, gab es Straßenarbeiten an der Heinrich-Schütz-Allee. Mit Hunden und Sensoren wurde damals vergeblich nach der Frau gesucht.
Seit dem 6. Mai 1993 wird der Autohändler Joachim Szieleit aus Kassel vermisst. Der Mann hatte einen Tag zuvor von einem Unbekannten das Angebot bekommen, einen Mercedes 500 in Kassel für 80 000 D-Mark zu kaufen. Der 32-jährige Szieleit willigte in das Geschäft ein. Er wurde zum letzten Mal lebend gesehen, als er sein Schließfach bei der Stadtsparkasse Kassel öffnete. Die Kripo geht davon aus, dass Joachim Szieleit Opfer eines Raubmordes wurde.
Getötet wurde vermutlich auch Elfriede Heinemann, die seit dem 26. Mai 2000 verschwunden ist. Die Kasselerin wollte mit ihrem Mann im Wohnmobil in den Urlaub fahren. Ihr Mann erklärte später der Polizei, dass er und seine Frau auf der Autobahn 4 Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls geworden seien. Seitdem fehlt jede Spur von Elfriede Heinemann. Ende 2011 wurde Elfriede Heinemann auf Antrag ihres Ehemanns Karl-Heinz Heinemann offiziell für tot erklärt.
Seit dem 30. März 1993 wird Anneliese E. (Jahrgang 1939) aus Lohfelden von ihrer Familie vermisst. Die Frau hatte 77 000 D-Mark von ihrem Konto abgehoben. Es gab Hinweise, dass sie sich im Ausland einer Sekte angeschlossen haben könnte. Die Ermittler gehen zwar davon aus, dass die Frau damals freiwillig verschwunden ist, können aber nicht ausschließen, dass sie später Opfer einer Straftat geworden ist.
Der damals 27-jährige Detlef S. aus dem Landkreis wird seit dem 13. Mai 1988 vermisst. Die Polizei geht davon aus, dass er im Indischen Ozean ertrunken ist. Der Mann wurde zum letzten Mal bei einem Tauchgang auf den Malediven gesehen.
Beim Baden im Indischen Ozean in Mosambik ist vermutlich auch Ernst J. (69) aus dem Landkreis am 4. Mai 2010 ertrunken.
Am 23. Juni 1981 verschwand ein fünfjähriger Junge aus Bettenhausen. Er war noch in Nähe des Dorfplatzes am Bachlauf gesehen worden. Die Kripo geht davon aus, dass der Fünfjährige im Hochwasser der Losse ertrunken ist.
Konrad B. aus Kassel, der heute 73 Jahre alt wäre, verschwand am 22. September 1996 nachts aus der Wohnung, in der er mit seiner Frau wohnte. Der Mann, der psychisch krank war, habe im Vorfeld gegenüber Angehörigen Selbsttötungsabsichten geäußert.
Am 9. August 2006 verschwand die damals 74-jährige Gerlinde Bodenhausen aus dem Krankenhaus in Wolfhagen. Die Frau galt als orientierungslos. Sämtliche Suchaktionen der Polizei blieben ohne Erfolg. (use)
Der "Tote" verschwindet - Polizei vermutet heimtückischen Mord
(XY-Sendung vom 8. April 2015) Seit dem 6. Mai 1993 wird Joachim Szieleit aus Kassel vermisst. Der 32-Jährige nannte sich selbst "Der Tote" und führte ein Leben im Verborgenen. Vermutlich, so glaubt die Polizei, hatte er 80.000 Mark bei sich, wurde in eine Falle gelockt und ermordet.
Kassel 1993: Joachim Szieleit handelt mit gebrauchten Fahrzeugen. Er kauft sie meist über Zeitungsinserate und stellt sie zum Verkauf bei Autohändlern unter - gegen Zahlung einer Provision. Szieleit wohnt unter falschem Namen in einem anonymen Mietshaus in der Innenstadt von Kassel.
Nicht gemeldet, keine Steuern Er ist polizeilich nicht gemeldet und zahlt auch keine Steuern. Seine Geschäfte wickelt er meist mit Helfern ab, die er stunden- oder tageweise für die Überführung von Fahrzeugen einstellt. Nebenbei verleiht Szieleit auch Geld - zu gepfefferten Konditionen.
All diese Geschäfte protokolliert er in einem kleinen Heftchen, das er immer bei sich trägt. Da der Autohandel in bar abgewickelt wird, hat Szieleit stets viel Geld dabei. Er trägt es immer wieder öffentlich zur Schau, wie die Polizei später herausfindet.
Mysteriöser Anruf Am 5. Mai 1993 ist Szieleit mit zwei Helfern unterwegs. Unter anderem kaufen sie ein Auto in Hameln. Auf der Hinfahrt, so sagen seine Begleiter später aus, bekommt Szieleit auf seinem Funktelefon einen Anruf. Mit dem vermeintlichen Verkäufer eines Mercedes SL soll er sich auf den Verkaufspreis von 80.000 Mark geeinigt haben. Das Geld solle Szeileit am nächsten Tag in bar mitbringen - zu einem Treffpunkt an der Kfz-Zulassungsstelle in Kassel.
Am 6. Mai gegen 10 Uhr gibt es ein letztes Lebenszeichen von Szieleit. Er geht an sein Schließfach bei einer Kasseler Sparkasse. Vermutlich holt er sich dort das Geld zum Kauf des Mercedes SL. Seit diesem Zeitpunkt gilt er als vermisst.
Personenbeschreibung (zum Zeitpunkt des Verschwindens): 1,80 m groß, kräftig, starker Bauchansatz, kurze dunkelbraune Haare, Oberlippenbart, Brillenträger, bekleidet meist mit Jogging- oder Armeehosen.
Fragen nach Zeugen: - Wer hat Joachim Szieleit nach dem 6. Mai 1993, 10 Uhr noch gesehen? - Wer kann etwas zu dem weißem Mercedes SL sagen, den Szieleit angeblich am Tag seines Verschwindens kaufen wollte? Ist ein solches Fahrzeug damals irgendwo gestohlen oder weiteren Interessenten zum Kauf angeboten worden? - Wer kann etwas zu Szieleits Verschwinden sagen und hat sich bisher nicht der Polizei anvertraut?
Viele Gläubiger und Geschäftspartner hatten nach den Erkenntnissen der Kripo damals kein Interesse an der Aufklärung des Falls. Da Szieleits Notizheft ebenfalls verschwunden war, konnte man ihnen nicht nachweisen, sich Geld von ihm geliehen zu haben oder dass er Autos bei ihnen untergestellt hatte. Einige sollen das damals ausgenutzt haben, um sich zu bereichern. Diese Delikte sind jedoch längst verjährt und interessieren die Polizei nicht mehr. Den Ermittlern geht es nur noch um die Aufklärung des Vermisstenfalls.
- Wer hat am 6. Mai 1993 an folgenden Orten in Kassel Beobachtungen gemacht, die mit dem Verschwinden von Joachim Szieleit zu tun haben könnten: an der Wohnung im Grünen Weg 21, an der Sparkasse in der Wolfsschlucht, am Parkplatz der Zulassungsstelle an der Leipziger Straße, am Parkplatz in der Nähe des Hochhauses an der Holländischen Straße 206? (Hier wurde der weiße VW Golf mit dem Hamelner Kennzeichen HM-RZ 101 gefunden, den der Vermisste am 5. Mai in Hameln gekauft hatte.)
Kasseler Mordfall Szieleit: Neue Hinweise nach Fernsehsendung 09.04.15 10:20
Kassel. In der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" wurde am Mittwochabend über den Mord an dem Kasseler Joachim Szieleit berichtet. Jetzt gibt es mehr als zwei Dutzend neue Hinweise - so der Stand am Donnerstagmittag.
Nachdem am Mittwochabend auch bei der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ über den seit dem 6. Mai 1993 spurlos verschwundenen Kasseler Autohändler Joachim Szieleit berichtet wurde, gibt es offenbar neue Spuren und Hinweise. Denen werden jetzt die Ermittler des Kommissariats 11 der Kasseler Kripo nachgehen. Nach Angaben von Polizeisprecher Wolfgang Jungnitsch nahmen die Ermittler nach Ausstrahlung des Fernsehbeitrags mehr als ein Dutzend Anrufe in dem Fall entgegen.
Ein Teil der Hinweise, die bundesweit eingingen, beziehe sich auf mutmaßlich ähnlich gelagerte Fälle in ganz Deutschland, die teilweise bis zu 40 Jahre zurücklägen, so ein Ermittler am Donnerstagmorgen. Dabei seien Autohändler mit vermeintlich günstigen Schnäppchen in Fallen gelockt, ausgeraubt und später ermordet aufgefunden worden.
Auch im Fall des damals 32 Jahre alten Autohändlers Joachim Szieleit vermutet die Kasseler Kripo ein ähnliches Vorgehen der Täter. Ein Zeuge hatte damals ausgesagt, dass Szieleit am Tag vor seinem Verschwinden ein Mercedes SL für 80?000 Mark zum Kauf angeboten worden war. Das Geschäft sollte am 6. Mai, dem Tag des Verschwindens, in Kassel abgewickelt werden.
Szieleit wurde an diesem Tag zum letzten Mal in der Filiale seiner Bank am Schließfach gesehen, wo er sich vermutlich mit dem entsprechenden Bargeld versorgte. Seitdem fehlt jede Spur von ihm. Auch zu dem vermeintlichen Schnäppchen-Angebot verliefen der polizeilichen Ermittlungen damals ins Leere.
Hinweise nimmt das Polizeipräsidium Nordhessen in Kassel unter Tel. 0561/9100 entgegen.
von: JOHN ROTH veröffentlicht am 09.04.2015 - 14:44 Uhr
Kassel/Frankfurt – Es ist einer der mysteriösesten Kriminalfälle Deutschlands: In Kassel verschwindet 1993 der Autohändler Joachim Szieleit (damals 32), als er einen Nobel-Mercedes kaufen will. Dabei hat es diesen Mann nie gegeben – zumindest in den Akten der Behörden.
Sein Fall war am Mittwochabend Thema in „Aktenzeichen XY … ungelöst“.
Auf dem Papier hat Joachim Szieleit (damals 32) nie existiert, dafür hatte er höchstpersönlich gesorgt: Er war nirgendwo gemeldet, seine Wohnung in Kassel lief unter falschem Namen.