Neugeborenes in Badewanne ertrunken: Eltern vor Gericht 01.12.2016
Die minderjährige Mutter bringt ihr Baby in der Badewanne zur Welt und lässt es dort ertrinken. Der Vater ist dabei und greift nicht ein. Über Jahre tappen die Ermittler im Dunklen. Doch dann offenbart sich die Mutter.
Frankfurt/Main. Mehr als sechs Jahre nach dem Tod eines neugeborenen Mädchens müssen sich von Freitag (2. Dezember) an die damals 16 Jahre alte Mutter und der gleichalterige Vater des Kindes vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Die Anklage wirft ihnen Totschlag durch Unterlassen vor. Der Fall war erst im März dieses Jahres ans Tageslicht gekommen, nachdem die Mutter von der Polizei in hilflosem Zustand aufgegriffen worden war und die Tat gestand.
Der tote Säugling war im Mai 2010 in einem Plastikbeutel in der Nähe des Niddaufers in Bad Vilbel (Wetteraukreis) von einem Fahrradfahrer gefunden worden. Bei der Suche nach der Mutter des Kindes tappte die Polizei lange im Dunkeln. Auch eine großangelegte Aktion, bei der rund 2 800 Frauen aus der Umgebung Speichelproben abgaben, führte nicht zum Erfolg. Zwischenzeitlich war die Leiche des Neugeborenen, das den Namen Magdalene erhalten hatte, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt worden.
Erst knapp sechs Jahre später offenbarte sich die Frau bei der Polizei. Den Ermittlungen zufolge wusste sie bereits seit Ende 2009 von ihrer Schwangerschaft. Obwohl sie das Kind niemals austragen wollte, unternahm sie zunächst nichts. Im Frühjahr 2010 war es schließlich für einen Schwangerschaftsabbruch zu spät. Die Frau gebar das kleine Mädchen in einer gefüllten Badewanne, in der sie das Neugeborene kurze Zeit später ertrinken ließ. Der Vater des Kindes stand dabei neben der Wanne und griff nicht ein.
Weil die beiden Angeklagten zum Tatzeitpunkt noch Jugendliche waren, findet der Prozess vor der Jugendstrafkammer vollständig unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dies sei im Gesetz so vorgeschrieben und dem Schutz der Persönlichkeitssphären der Angeklagten geschuldet, hieß es bei Gericht. Bei insgesamt drei geplanten Verhandlungstagen ist die Urteilsverkündung für den 19. Dezember vorgesehen.
Grausiger Fund am Nidda-Ufer Getöteter Säugling Magdalene: Mutter und Vater verurteilt 22.12.2016 VON MATTHIAS GERHART
Gut drei Wochen verhandelte das Frankfurter Landgericht hinter verschlossenen Türen in Sachen Magdalene, dem neugeborenen Mädchen, das im Mai am Vilbeler Niddaufer tot in einem Plastikbeutel gefunden worden war. Am Mittwoch kam nun das Urteil – ebenfalls unter Ausschluss jedweder Öffentlichkeit.
Bad Vilbel/Frankfurt. Am Höchstgrad einer möglichen Bewährungsstrafe bewegt sich das Urteil der Jugendstrafkammer am Frankfurter Landgericht gegen die damals 16 Jahre alte Mutter, die ihr Kind im Mai 2010 in einer Badewanne einer immer noch unbekannten Wohnung in Bad Vilbel ertränkt und es danach in einem Müllbeutel am Niddaufer in der Nähe der Kläranlage deponiert hatte. Ein Radfahrer hatte die Leiche schließlich am 27. Mai 2010 entdeckt.
Gerichtssprecher Werner Gröschel teilte auf Anfrage immerhin die Strafmaße aus dem nicht-öffentlichen Prozess mit: Die heute 23 Jahre alte Mutter erhielt 22 Monate auf Bewährung und zudem diverse nicht näher präzisierte Auflagen.
Der gleichaltrige Vater wurde zu 14 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Auch er hat Bewährungsauflagen zu erfüllen. Beide Eltern wurden wegen Totschlags durch Unterlassen verurteilt. Mehr wollte Gröschel zum Verlauf des Prozesses nicht sagen.
Die beiden Eltern waren zum Tatzeitpunkt im Mai 2010 erst 16 Jahre alt – vermutlich war dieses jugendliche Alter auch der Grund dafür, dass das Kind nicht zur Welt kommen sollte. Die Mutter gebar es schließlich in einer Badewanne unter Wasser und ließ es nur einmal kurz nach Luft schnappen, ehe es im Wasser ertrank. Der Vater stand zu diesem Zeitpunkt neben der Wanne und griff nicht ein.
Strafmildernde Umstände Wer das Mädchen schließlich in die Plastiktüte packte, die ein Radfahrer später am Niddaufer fand? Die Öffentlichkeit wird dies wohl niemals erfahren, da alles – einschließlich des Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen, der Schlussvorträge und der Urteilsbegründung – in nichtöffentlicher Sitzung vor sich ging.
Dem Prozessfahrplan mit insgesamt nur vier Verhandlungstagen ist allerdings zu entnehmen, dass es während des Verfahrens wohl zu keinen größeren Meinungsverschiedenheiten gekommen sein muss. Lediglich das Gutachten des Sachverständigen zog sich etwas in die Länge, so dass das Urteil nicht wie vorgesehen bereits am Montag verkündet werden konnte. Unklar blieb gestern auch, ob die Entscheidung der Jugendstrafkammer rechtskräftig geworden ist.
Trotz der Verurteilung wegen Totschlags durch Unterlassen sind die beiden Angeklagten somit glimpflich vor Gericht davon gekommen und müssen nicht ins Gefängnis. Insbesondere ihr damaliges jugendliches Alter von 16 Jahren dürfte sich dabei strafmildernd ausgewirkt haben, dazu der bereits lange zurückliegende Tatzeitpunkt vor mehr als sechs Jahren.
Es verging so lange Zeit, weil die Mutter bis März diesen Jahres nicht bekannt war. Sie wurde in Frankfurt als „hilflose Person“ aufgegriffen. Im weiteren Verlauf der polizeilichen Behandlung beichtete die junge Frau ihre Tat. Ob sie ansonsten jemals gefunden worden wäre, bleibt im Dunkeln. Denn die Polizei hatte nach der Tat intensiv nach der Mutter gefahndet. Ein fünfköpfiges Ermittlungsteam ging zunächst davon aus, dass sich die Frau an der Nidda in Bad Vilbel auskannte, ermittelten in diese Richtung. Doch trotz der intensiven Nachforschungen ohne Erfolg. Rund 2800 Frauen zwischen 15 und 35 Jahren gaben später bei einem Massen-Gentest Speichelproben ab. Ohne Erfolg.
Nicht mit Arzt gesprochen Das von Mitarbeitern der Stadtverwaltung und eines örtlichen Bestattungsinstitutes auf den Namen Magdalene getaufte Mädchen wurde am 8. Juni 2010 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung im Gräberfeld F auf dem Friedhof Lohstraße beerdigt. Noch immer wird das Grab mit einem kleinen betenden Engel von Bad Vilbeler Bestattungsunternehmen gepflegt. Ein Umstand, den Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) immer wieder würdigt.
Das Jugendstrafrecht weist eine Menge Besonderheiten auf, um auf die mangelnde Lebenserfahrung und die Psyche der Täter eingehen zu können: Die persönlichen und familiären Verhältnisse schlagen sich in vergleichbaren Fällen regelmäßig im Strafmaß nieder, darüber hinaus die fehlende sexuelle Erfahrung des Pärchens.
So hatte die junge Frau es lange Zeit versäumt, mit einem Arzt über einen möglichen Schwangerschaftsabbruch zu sprechen – im Frühjahr war es schließlich dafür zu spät. Geständnisse und positive persönliche Zukunftsprognosen sind ebenfalls häufig die Basis für Bewährungsstrafen.
Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht, bei dem ein Totschlag bis zu 15 Jahre Haft, in besonders schweren Fällen sogar lebenslanges Gefängnis nach sich ziehen kann, steht beim Jugendstrafrecht der erzieherische Gedanke und nicht nur die Erwartung einer Sühne im Vordergrund. All dies könnte zu den moderaten Strafen der beiden Angeklagten geführt haben.
Alter bei Tat zählt Das Jugendstrafrecht gilt für Jugendliche (14 bis einschließlich 17 Jahre) und Heranwachsende (18 bis einschließlich 20 Jahre). Maßgebend für die Anwendung von Jugendstrafe und sonstigen