Nach Faustschlag könnte Jenaer Studentin erblinden: Dringend Zeugen gesucht
Die Studentin versuchte einen Streit vorm Jenaer Paradiesbahnhof zu schlichten und erhielt dafür einen Faustschlag mitten ins Gesicht. Nun erblindet sie möglicherweise auf dem linken Auge. Die 21-Jährige ergreift nun selbst die Initiative bei der Suche nach dem Schläger .
16. November 2016 / 11:37 Uhr
Jena. Die Suche nach dem Frauen-Schläger vom Bahnhofsvorplatz am Paradiesbahnhof hatte bislang keinen Erfolg. Nach Pressebericht und Aushängen wird diesen Sonntag wohl auch über einen Beitrag in der MDR-Reihe "Kripo live" versucht, den Täter zu finden. Das Opfer hat eine Belohnung in Höhe von 500 Euro ausgesetzt für Hinweise, die zur Ergreifung führen. Die 21-jährige Frau hat eine Verletzung des linken Auges davongetragen, es besteht die Gefahr einer Erblindung auf diesem Auge.
Die Sache passierte bereits am frühen Morgen des 22. Oktober, einem Sonnabend. Eine Gruppe von fünf Studenten wurde zwischen 5.30 und 6 Uhr beim Verlassen der Straßenbahn von einer anderen, sichtlich alkoholisierten Gruppe von sieben jungen Männern attackiert. Der spätere Täter soll durch ein besonders aggressives Verhalten aufgefallen sein. Er soll quer über den Platz unter anderen gebrüllt haben: "Ihr Hurensöhne, verpisst euch aus Jena, das ist unsere Stadt!" Dabei soll er sich seine Oberkörperbekleidung ausgezogen haben.
Studentin mit Faustschlag niedergestreckt - 500 Euro für Hinweise auf Täter Die Studentin versuchte nach Zeugenaussagen zu schlichten und erhielt einen massiven Faustschlag ins Gesicht. Sie trug eine schwere Verletzung an der Netzhaut davon, musste im Anschluss sofort operiert werden und verbrachte zehn Tage im Klinikum. Die Freunde des Opfers beobachteten, wie der Schläger kurz danach noch in eine Prügelei verwickelt war, er könnte Prellungen oder Abschürfungen davon getragen haben. Danach entfernte sich die Gruppe in Richtung Stoy-Schule. Der mutmaßliche Täter wird wie folgt beschrieben: Anfang 20, 1,70 Meter groß, dunkles Haar, er sprach hochdeutsch und war bekleidet mit einer dunkelgrünen Jacke, hatte einen grün-grau-karierten Rucksack dabei, vermutlich die Marke "Deacon".
Hinweise bitte an die Polizei unter Telefon (03641)?81?11?23 oder an die private Mailadresse, die auf den Aushängen im Stadtgebiet angegeben ist:
Geschlagen: Frau nach brutaler Attacke fast erblindet
Eine 21-jährige Studentin wurde am Morgen des 22. Oktober 2016 vor dem Paradiesbahnhof in Jena Opfer eines brutalen Schlägers. Sie war dort mit anderen jungen Leuten unterwegs, als ihre Gruppe von einer anderen Gruppe alkoholisierter junger Männer attackiert wurde.
Offensichtlich suchten die Männer, die alle Anfang 20 waren, Streit. Einer war besonders aggressiv. Die Studentin versuchte zu schlichten und erhielt einen massiven Faustschlag ins Gesicht. Dabei trug sie eine schwere Verletzung an der Netzhaut davon, musste im Anschluss sofort operiert werden und verbrachte zehn Tage im Krankenhaus.
Ihre Freunde beobachteten, wie der Täter kurz danach in eine weitere Schlägerei verwickelt war. Dabei könnte er Verletzungen davon getragen haben. Anschließend entfernte er sich mit seiner Gruppe in Richtung Stoy-Schule. Zeugenangabe zufolge ist der Mann Anfang 20, 1,70 Meter groß und hat dunkles Haar. Er sprach hochdeutsch, trug eine dunkelgrüne Jacke und führte einen grün-grau-karierten Rucksack dabei, vermutlich der Marke „DEACON“. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, hat das Opfer eine Belohnung in Höhe von 500 Euro ausgelobt.
Hinweise bitte an die Kripo Jena, Tel.: 03641 81 1123.
Studentin aus Jena zeigt Zivilcourage - und wird verprügelt Den 22. Oktober 2016 behält Caro Müller* in bleibender Erinnerung. In trauriger Erinnerung. Sie hat gehandelt, wo andere weggeschaut hätten. Sie hat Zivilcourage gezeigt - und eine schwere Augenverletzung davongetragen. 23. März 2017 / 05:30 Uhr
Jena. Die Jenaer Medizinstudentin fuhr an jenem Samstag in den Morgenstunden von einer Party heim. Vier Kumpels begleiten sie bei der Fahrt in der Straßenbahn. Am Paradiesbahnhof in Jena steigt die Gruppe aus. Dort lungern einige junge Männer und pöbeln. "Ihr Hipster, verpisst Euch aus Jena", rufen die Angetrunkenen. Oder: "Ihr Spasten" Einer der Angetrunkenen verfolgt die Gruppe, setzt die Beleidigungen fort. "Ein Begleiter hat sich schließlich herumgedreht und gesagt, dass er das lassen soll."
Daraufhin legt der Angreifer seine Jacke und den Rucksack ab und will den Studenten schlagen. "Ich bin dazwischen gegangen, um die Situation zu beruhigen", berichtet die 22-Jährige. "Der Angreifer ist richtig aggressiv geworden und hat mich am Kragen gepackt." Sie habe versucht, ihn mit einer Ohrfeige zurückzudrängen. "Er hat mir daraufhin mit der Faust aufs Auge geschlagen und ist weggerannt."
Schlimme Diagnose: Netzhaut abgerissen
Ihre Freunde verständigen die Polizei, die nach zwei Minuten eintrifft, den Fall aufnimmt, aber den Täter nicht stellt. Der herbeigeeilte Rettungsdienst weist die Frau in die Notaufnahme ein, wo die Ärzte eine schlimme Diagnose treffen.
Die Netzhaut im linken Auge hat sich abgelöst. Bei einer Operation müssen die Mediziner das Auge aushöhlen, um die Verletzung zu versorgen. Zweieinhalb Wochen liegt sie in der Klinik. Weitere vier Wochen muss sie zu Hause Bettruhe halten. Trotz zweier weiterer Laserbehandlungen bleibt das Gesichtsfeld bis heute eingeschränkt, sagt die junge Frau mit ernster Miene.
Neben ihr sitzt Marie-Christin Sommer. Die Rechtsreferendarin am Landgericht Erfurt engagiert sich in ihrer Freizeit beim Weißen Ring in Jena, einer Hilfsorganisation für die Opfer von Kriminalstraftaten. "Ich habe Glück gehabt und bin wohlbehütet aufgewachsen", sagt die Jenaerin, die an der Friedrich-Schiller-Universität Jura studiert hat. "Alle versuchen, den Täter zu schnappen, aber keiner kümmert sich um die Opfer."
Deshalb habe sie sich für die ehrenamtliche Aufgabe entschieden. Nach dem Besuch von Seminaren und regelmäßigen Weiterbildungen betreut jeder Helfer pro Jahr zwischen fünf und acht Fälle. Am häufigsten bitten Opfer von häuslicher Gewalt oder Sexualdelikten, aber auch von Körperverletzungen um Hilfe.
Mit wenig Aufwand viel Hilfe leisten
Der Umfang der Aufgaben unterscheidet sich deutlich. Manchmal bleibt es bei einem Gespräch, in anderen Fällen stehen die Helfer den Opfern über Jahre zur Seite: Das Spektrum reicht von Beratungsgesprächen über die Hilfe bei Behördengängen oder der Begleitung zum Gericht. "Mit wenig Aufwand können wir viel Hilfe leisten", sagt Marie-Christin Sommer.
Caro Müller nickt. "Der Weiße Ring war mein Fels in der Brandung angesichts des Papierkrieges." Ihr Bruder habe sie auf die Idee gebracht, bei der Organisation um Hilfe zu bitten. Unter anderem vermittelte der Weiße Ring die Beratung durch einen Anwalt. Enttäuscht war die junge Frau von der Polizei. Nach dem Vorfall habe sich niemand bei ihr im Krankenhaus nach dem Ausmaß der Verletzungen erkundigt. Auch seien ihre Kommilitonen nicht wegen der Anfertigung eines möglichen Phantombildes gefragt worden. Ein privat initiierter Fahndungsaufruf mit 500 Euro Belohnung brachte nichts.
Bei der Polizei läuft noch das Ermittlungsverfahren in dem Fall, wie Antje Weißmann von der Landespolizeiinspektion Jena bestätigt. Ob der Täter jemals überführt wird, ist offen - die Hoffnung hat Caro Müller aber noch nicht aufgegeben. Sie hofft, dass Zeugen unter Telefon (03641)811123 Hinweise geben, die am 22. Oktober zwischen 5 und 6 Uhr den Täter am Paradiesbahnhof gesehen haben. Er ist Anfang 20, 1,70 Meter groß, hat dunkles Haar und spricht hochdeutsch. Der Mann trug damals eine dunkelgrüne Jacke und hatte einen grün-grau-karierten Rucksack dabei.
Jenaerin kam durch Straftat mit Studium in Verzug
Zumindest finanziell hilft das Opferentschädigungsgesetz. Caro Müller hat bereits einen entsprechenden Antrag gestellt und hofft, dass beispielsweise die notwendige neue Brille gezahlt wird. Die Medizinstudentin kam durch die Straftat mit ihrem Studium in Verzug. "Zum Glück hat sich die Universität sehr kulant gezeigt", sagt Caro Müller, die dank eines Kraftaktes in nur vier Wochen den Stoff eines ganzen Semesters aufgeholt hat - und dafür sogar darauf verzichtete, mit ihrer Familie Weihnachten zu feiern.
Bis heute bereut sie den Einsatz trotz ihrer Verletzung keine Sekunde. Es sei richtig und wichtig gewesen, in dieser Situation Verantwortung zu übernehmen und einzugreifen. Doch wie reagiert die junge Frau, falls sie nochmals Zeuge einer Straftat wird? "Ich wäre vorsichtiger, aber würde wieder eingreifen", antwortet die Studentin.
*Name geändert
Hilfe für Opfer
Der Weiße Ring besteht seit 1993 in Thüringen und hat 800 Mitglieder. In 20 Außenstellen leisten 140 ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter professionelle Hilfe in der Opferarbeit. Die direkten finanziellen Leistungen für Kriminalitätsopfer in Thüringen betragen seit Bestehen des Landesverbandes mehr als drei Millionen Euro. Das Landesbüro Thüringen ist montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 13?Uhr erreichbar unter Telefon (0361)3464646 Ostthüringer Außenstellen befinden sich in allen Landkreisen - die genauen Kontaktdaten finden sich unter thueringen.weisser-ring.de Das Opferschutzgesetz sieht Hilfe nach einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff vor. Bei einem Antrag bis spätestens ein Jahr nach der Tat werden sämtliche Kosten getragen. Eine Strafanzeige ist keine Voraussetzung, um Leistungen zu erhalten.