Rekonstruktion beginnt mit einem Schädel Von THORSTEN MOECK 09.07.07, 00:00 Uhr
Die Ähnlichkeit ist zwar nicht zwingend, aber doch einigermaßen verblüffend. Das im Labor rekonstruierte Gesicht der sogenannten „Teppichleiche“ hat ein rundes, weiches Kinn, eng anliegende Ohren, und ein deutliche erkennbares Grübchen unterhalb des Mundes.
Genau so hat der Lette Ralf Krumins (44) ausgesehen, bevor er mit 30 Messerstichen getötet, in einen Teppich gerollt und an einem Baggersee in Porz abgelegt worden ist. Mit Hilfe der Nachbildung hat ein Bekannter des vor vier Jahren in Porz entdeckten Mordopfers jetzt die Identifikation des Toten ermöglicht. „Nur das Kinn ist etwas lang, ansonsten bin ich mir sicher“, teilte der Informant der Polizei mit.
Die Gesichtsrekonstruktion ist eine Kunst, die nur wenige Spezialisten beherrschen. Schwierig wird die Nachbildung eines Gesichts vor allem dann, wenn die Leiche monatelang im Freien gelegen hat und bereits stark verwest ist - so wie die „Teppichleiche“, die rund vier Monate am Seeufer gelegen hat. „Bei starkem Zerfall wird der Schädel mazeriert.
Das heißt, er wird in 90 Grad heißes Wasser gelegt, so dass sich alle Weichteile lösen“, sagt Professor Richard Helmer, der bis 2003 an der Bonner Universität gelehrt hat. Der so präparierte Totenschädel liefert den Experten wichtige Hinweise zur Rekonstruktion des Gesichts. Der Zahnersatz lässt Rückschlüsse auf die Herkunft der Leiche zu, die Ränder der Nasenmuschel auf die Nasenform. „Auch die Ränder der Augenhöhlen sind wichtig. An ihrem Profil lässt sich die Lage der Augäpfel und der Pupillen bestimmen“, erklärt Helmer. Anschließend werden die Weichteile mit Wachs rekonstruiert.
Die Ermittler der Mordkommission „Flokati“ hatten eigens eine Expertin des Landeskriminalamts (LKA) in Brandenburg mit der Nachbildung des Gesichts beauftragt. Manchmal lassen sich die Fahnder bei der Gesichts-Findung auch von Computern helfen. „Der Schädel wird eingescannt, anschließend werden die Datenbanken nach vergleichbaren Schädelformen durchsucht. Dann werden virtuell die Weichteile montiert“, sagt Richard Helmer. Vor Jahren hat der Experte einen „Weichteil-Katalog“ entworfen, in dem zum Beispiel Körperfettwerte registriert sind. Unverzichtbar ist aber offenbar die Erfahrung der Rechtsmediziner. „Ich habe schon fürchterliche Ergebnisse gesehen, die mit menschlichen Gesichtern nicht viel zu tun hatten. Meine ersten Rekonstruktionen waren auch nicht so toll“, sagt Helmer.
Die Arbeit der Experten hat der Polizei nun die Identität und ein Originalfoto des Toten beschert. Inzwischen wissen die Ermittler, dass Ralf Krumins in Lettland geboren wurde und sich in der Zeit vor seinem gewaltsamen Tod illegal in Deutschland aufgehalten hat. Das Mordopfer soll in Porz gelebt haben und dort unter dem Namen „Roman“ bekannt gewesen sein. Der Mann habe Kontakte nach Russland und Lettland gehabt, über die Motive seines Todes weiß die Polizei noch nichts. Die Leiche soll nun nach Lettland überführt und dort bestattet werden. Die Polizei erhofft sich nun neue Informationen über den Toten.