Zwillinge misshandelt – Prozess gegen Vater (32) beginnt am 13. Oktober vor dem Schwurgericht Totes Baby: Mutter wird nicht angeklagt
Von Jens Heinze Bielefeld (WB). In drei Wochen wird das für Verbrechen gegen das Leben zuständige Schwurgericht den gewaltsamen Tod eines dreieinhalb Monate alten Säuglings und die Misshandlung seiner Zwillingsschwester verhandeln. Vor dem Prozess gibt es bereits eine faustdicke Überraschung: Der ermittelnde Staatsanwalt Veit Walter klagt nur den Vater, einen 32-jährigen Bielefelder, an.
Verfahren gegen die Mutter ruht Dagegen ruht derzeit das Ermittlungsverfahren gegen die Mutter (35). Die Bielefelderin galt über Monate hinweg ebenfalls als Beschuldigte in diesem Verfahren. Ihr Rechtsanwalt Ulrich Schmücker rügte bereits bei der Staatsanwaltschaft die »überlange Verfahrensdauer«.
Nun die überraschende Wende: »Momentan besteht kein konkreter Tatverdacht gegen die Mutter«, erklärte Staatsanwalt Walter. Ob die Ermittlungen gegen die 35-Jährige wieder aufgenommen würden, das sei abhängig von Zeugenaussagen und eventuellen neuen Beweisen beim anstehenden Prozesses gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten.
Anklageschrift umfasst 964 Seiten Im Klartext heißt das, dass der Bielefelderin mehr als zehn Monate nach dem Babytod am 14. November vergangenen Jahres nicht bewiesen werden kann, ihre Zwillingsbabys misshandelt, das geduldet oder davon gewusst zu haben. Dabei waren die Ermittler der Staatsanwaltschaft und der achtköpfigen Mordkommission nicht faul. Sie trugen 964 Seiten Akten für die Anklage zusammen
Als das Verbrechen bekannt wurde, sorgte das Delikt für Schlagzeilen und Entsetzen weit über Bielefeld hinaus. Am 14. November 2015 wurde ein dreieinhalb Monate alter Säugling tot in der elterlichen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Bielefelder Ortsteil Gellershagen gefunden. Bei der ebenfalls dort lebenden Zwillingsschwester des verstorbenen Säuglings stellten Mediziner später schwere Misshandlungen (Knochenbrüche an Rippen, Oberschenkel und Schädel) fest.
Erst die Obduktion brachte Klarheit über die Todesursache Der wegen Rauschgift-, Betrugs- und Untreuedelikten vorbestrafte Vater legte ein auf die Ermittler zunächst wirr wirkendes Geständnis ab. Er will im Drogenrausch nachts im dunklen Schlafzimmer seinen Sohn auf den Boden fallen lassen haben und sei dann auf den Säugling getreten. Statt sofort Notarzt und Rettungswagen zu rufen, will der 32-Jährige das Baby wieder ins Bett und sich selbst im Wohnzimmer zum Schlafen auf ein Sofa gelegt haben.
Gegen den Bielefelder erging Haftbefehl wegen Totschlags durch Unterlassen. Dann vier Monate später die erste große Überraschung: Rechtsmediziner stellten fest, dass das Sturzgeschehen im Schlafzimmer nicht die Ursache für den Tod des Babys war. Der Sohn des 32-Jährigen war wie seine Schwester schwer misshandelt worden. Der kleine Junge starb letztlich an einer Lungenentzündung als Folge der Misshandlungen. Das stellten erst die Rechtsmediziner fest. Unmittelbar nach seinem Tod wirkte das Baby äußerlich nämlich fast unverletzt.
Familie stand unter Betreuung des Jugendamts Kenner des Falls gehen davon aus, dass der anstehende Schwurgerichtsprozess gegen den Vater von einer sehr schwierigen Beweislage geprägt sein wird. Beide Eltern haben über ihre Anwälte versichern lassen, ihre Kinder geliebt und nie misshandelt zu haben. Zeugen für Übergriffe gibt es offenbar bislang nicht. Die Familie stand seinerzeit unter der Betreuung des Jugendamtes. Weder eine Hebamme noch eine Familienhelferin stellten Hinweise auf Missbrauch, Vernachlässigung oder Gewalt gegen die Kinder fest.
Der Prozess gegen den Vater beginnt am 13. Oktober vor dem hiesigen Schwurgericht. Es sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil soll am 28. November fallen.
PROZESS IN BIELEFELD Vater vor Gericht: Säugling tot, Schwester schwer verletzt
Bielefeld. Ein Mann soll seine neugeborenen Zwillinge fallen gelassen haben und über sie gestürzt sein. Den Arzt schaltete er erst ein, als es zu spät war: Der Sohn lag tot im Bettchen, seine Schwester war schwer verletzt. Nun steht der Vater vor Gericht.
Nach dem Tod eines dreieinhalb Monate alten Babys steht in Bielefeld der Zwillingsvater vor Gericht. Seine Kinder sollen schwere Kopf- und Hirnverletzungen erlitten haben, weil er sie fallen ließ, als er sie füttern wollte.
Schwere Verletzungen Der 32-Jährige soll über seinen Sohn gestürzt sein und ihn getreten haben, so die Staatsanwaltschaft. Der Junge und das Mädchen erlitten schwere Hirn- und Schädelverletzungen, das Mädchen hatte einen Oberschenkelbruch. Doch der Angeklagte soll beide schwer verletzten Säuglinge nach dem Vorfall zurück in ihre Betten gelegt haben – ohne einen Arzt einzuschalten oder seine Ehefrau zu informieren.
Auch ältere Verletzungen Der Junge war schließlich an einer Lungenentzündung noch in der Nacht gestorben. Bei der späteren Obduktion stellten die Mediziner auch ältere Verletzungen fest. Angeklagt ist der Vater wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen und fahrlässiger Körperverletzung.
Auch gegen die 35 Jahre alte Mutter ermittelt die Staatsanwaltschaft. Sie wurde jedoch nicht angeklagt und gibt an, zur Tatzeit geschlafen zu haben. Es sind bislang fünf Prozesstage angesetzt.