POL-HL: OH-Neustadt in Holstein / Tötungsdelikt in Neustadt - Korrekturmeldung Änderung des Alters von 56 auf 46 Jahre
Lübeck (ots) - Am Sonntag, 24. März 2013, wurde in einer forensischen Klinik in Neustadt i. H. ein Patient tot aufgefunden. Staatsanwaltschaft und Polizei aus Lübeck ermitteln.
Gegen 19.15 Uhr fand das Krankenhauspersonal der geschlossenen Abteilung einen 46-Jährigen tot in seinem Bett liegend vor.
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Das Kommissariat 1 der Lübecker Bezirkskriminalpolizeiinspektion führt die Ermittlungen.
Mord in Neustadt: Prozess eröffnet Rund sieben Monate nach dem Mord an einem Patienten in der psychiatrischen Forensik des Neustädter Ameos-Klinikums begann heute der Prozess.
Neustadt . Ein Mord, zwölf Verdächtige und die Frage, ob die Mitarbeiter des Klinikums die Tat hätten verhindern können. Fast sieben Monate nachdem ein 46 Jahre alter Patient in der hochgesicherten Forensik des Neustädter Ameos-Klinikums erdrosselt wurde, begann gestern der Prozess.
Angeklagt ist Patient und ist der bereits wegen Totschlags verurteilte Bülent A. (Name geändert), der ebenfalls in der gesicherten Abteilung für psychisch kranke Straftäter untergebracht ist.Zum Auftakt verlas Staatsanwalt Dirk Hartmann vor der I. Großen Strafkammer in Lübeck die Anklageschrift. Demnach soll der Angeklagte seinen Mitbewohner am Sonntag, 24. März, ermordet haben. Der 41-Jährige – so beschrieb es Hartmann – soll sich vom Opfer Uwe S. (Name geändert) gestört gefühlt haben, wollte nicht mehr in einem Zimmer mit ihm leben. Gegen 15 Uhr habe sich Bülent A. ein Schachbrett aus dem Raucherraum geholt.
Mit diesem sei er in das Dreibett-Zimmer gegangen und habe dem im Bett Liegenden dreimal auf den Kopf geschlagen. „Das Schachbrett zerbrach dabei. Das war aber nicht tödlich“, sagte Hartmann.Deshalb habe A. den Gürtel seines Bademantels genommen und sein Opfer erdrosselt. Anschließend habe er ihm eine Mütze aufgesetzt und ihn zugedeckt.Die Leiche blieb stundenlang unentdeckt. Erst als ein Mitarbeiter der Station bemerkte, dass Uwe S. sowohl beim Abendessen als auch bei der anschließenden Medikamentenausgabe fehlte, machte er sich auf die Suche und fand den Mann. Dies berichtete eben dieser Angestellte des Klinikums gestern vor Gericht. „Gegen 19.10 Uhr habe ich mit einer Kollegin den Patienten aufgesucht. Er lag im Bett, scheinbar schlafend und hat auch nicht auf Ansprache reagiert“, schilderte der Zeuge. Er habe dann die Decke ein Stück weit heruntergezogen und am Hals Strangulationsmerkmale wahrgenommen. „Da war es ziemlich klar, dass er verstorben ist“, sagte der Mitarbeiter.
Es folgten tagelange Befragungen der 14 anderen Patienten der Station sowie der diensthabenden Mitarbeiter. Am 18. April dann der Durchbruch. Die Lübecker Staatsanwaltschaft teilte mit, dass ein 40-Jähriger die Tat gestanden habe. Als Motiv gab er an, beleidigt worden zu sein. Gestern wollte sich der heute 41-jährige A. nicht zur Tat äußern, gab aber bereitwillig Auskunft über sein Leben. Geboren in der Türkei, größtenteils aufgewachsen in Deutschland, weder Schulabschluss noch Ausbildung, geschlagen vom Vater, mit acht Jahren von einem Freund der Familie vergewaltigt, Jobs als Hilfsarbeiter, geschieden, ein Bruder, der an einer Dosis Heroin starb. Bülent A. – so schilderte er es – konsumiert Drogen, und das seit seinem 13. Lebensjahr. „Ich habe täglich Drogen genommen. Heroin, Kokain, Cannabis, LSD, Ecstasy.“
Dass Richter Christian Singelmann einige Aussagen für wenig glaubhaft hielt, erklärte A. so: „Je nach den Medikamenten, die ich bekomme, sage ich etwas anderes. Da kann ich nichts für.“Fakt ist aber, dass der 41-Jährige 2003 – er lebte damals in einer Hamburger Obdachlosenunterkunft – seinen Mitbewohner mit etlichen Messerstichen tötete. Er wurde 2004 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die er im Maßregelvollzug in Neustadt absitzen sollte.In der Aufnahme- und Krisenstation gehört er zu den „starken Patienten“.
So beschrieb es eine als Zeugin geladene Oberärztin. „Viele hatten Angst vor ihm. Er hat andere Patienten unter Druck gesetzt und seine Machtposition genossen.“ Weiter berichtete sie, dass es hin und wieder bedrohliche Situationen gab und er gedroht habe, „Amok zu laufen und Leute aufzuschlitzen, zu töten“. Auch bestätigte sie, dass Bülent A. am Mittag des Tattages gegenüber einer Mitarbeiterin den Wunsch geäußert habe, verlegt zu werden. „Ja, dass habe ich am Montag danach erfahren. Hätte ich Dienst gehabt, hätte ich ihn sofort verlegt, um Konfliktpotenzial zu vermeiden.“
Einen Vorwurf könne man der Mitarbeiterin aber nicht machen. Das Pflegepersonal hätte nicht den Wissensstand über den Patienten, den sie habe.