Wo ist Helga Schulte? Von TIM STINAUER 28.01.06, 00:00 Uhr
Rainer Schulte mit dem Bild seiner verschundenen Mutter Helga Eine Apothekerin aus Weidenpesch wird seit dem 12. Oktober vermisst. Zeugen wollen sie danach zweimal gesehen haben.
Mal angenommen, sie lebt noch. Angenommen, jemand kümmert sich um sie. Jemand hat sie bei sich zu Hause aufgenommen, pflegt sie und verhindert, dass Helga Schulte (65) Kontakt zu ihrer Familie aufnimmt. Aus welchem Grund sollte jemand das tun? „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich halte es für denkbar“, sagt der Sohn, Rainer Schulte (33). Es ist seine letzte Hoffnung. Warum sollte seine Mutter das zulassen? „Vielleicht, weil sie es für normal hält, dass sich dieser jemand nun um sie kümmert. Meine Mutter ist in einem verwirrten Zustand, sie hat nach einer lebensgefährlichen Verletzung Hirnschäden davongetragen.“
Es war der 12. Oktober 2005, ein Mittwoch, als Helga Schulte aus der neurologischen Reha-Klinik in Merheim verschwand. Spurlos. Mit einer Freundin war die 65 Jahre alte ehemalige Apothekerin am Nachmittag in der Gegend um die Klinik spazieren gewesen. Die Freundin brachte die orientierungslose Frau anschließend in ihr Zimmer zurück. Kurz darauf sah ein Besucher der Station, wie Helga Schulte mit einem Mantel bekleidet über den Flur ging - das letzte sichere Lebenszeichen. Zum Abendessen erschien Helga Schulte nicht mehr.
„Wir stehen vor einem Rätsel“, sagt Mike Breiter (55). Der Kriminaloberkommissar bearbeitet bei der Polizei Vermisstenfälle. Breiter betont: „Dass ein Mensch über drei Monate lang spurlos verschwunden bleibt, ist sehr ungewöhnlich.“ Von den 2410 Kölnern, die vergangenes Jahr bei der Polizei als vermisst gemeldet wurden, sind bis auf vier alle meist nach wenigen Tagen wieder aufgetaucht - tot oder lebendig.
Dass seiner Mutter etwas zugestoßen sein könnte, daran mag Rainer Schulte nicht denken. „Ich verdränge das. Obwohl es nicht von der Hand zu weisen ist.“ Polizist Breiter sagt: „Wir haben keinerlei Hinweise, dass Frau Schulte etwas zugestoßen ist.“ Beamte und Spürhunde haben die Gegend um die Klinik abgesucht - gefunden haben sie nichts.
Eine Woche nach ihrem Verschwinden wäre die Rentnerin nach Hause entlassen worden. Ihr Sohn hatte alles vorbereitet. Am Tag nach ihrem Verschwinden will sie eine Zeugin am Rudolfplatz gesehen haben. Drei Wochen später soll sie eine andere Frau am Zülpicher Platz erkannt haben. „Beide waren langjährige Kundinnen meiner Mutter“, sagt Rainer Schulte. „Leider wussten sie nicht, dass sie vermisst wird. Sie haben sie nicht angesprochen.“
Was bleibt, sind Rätsel. Helga Schulte nahm kein Geld mit, von ihrem Konto wurde nichts abgebucht. Sie verschwand ohne Ausweis und Papiere. Ohne Hilfe ist die 65-Jährige kaum in der Lage, allein mit der Bahn zu fahren.
Ist sie vor der Klinik in ein Taxi gestiegen? Hat sie jemand mitgenommen?
In ruhigen Momenten quälen Rainer Schulte diese Fragen. Er macht vorerst weiter wie bisher, hält die Wohnung seiner Mutter in Schuss, zahlt ihre Rechnungen. Doch kürzlich hat er sich zum ersten Mal die Frage gestellt: „Wie lange soll ich das noch tun?“
Hinweise auf Helga Schulte erbittet ihr Sohn an seine Nummer 0162 / 627 56 35 oder an die Polizei unter Telefon 0221 / 229-0.
Die Kölner Polizei sucht nach der 65-jährigen Helga Schulte. Sie wurde zuletzt am Mittwochnachmittag gegen 16 Uhr in der Reha-Nova-Klinik in Merheim gesehen.
Helga Schulte, die in der Klinik stationär behandelt wird, ist desorientiert und kann sich anderen Menschen wegen einer Sprachstörung kaum artikulieren.
Die Frau ist 1, 70 Meter groß und hat dunkelblondes, nackenlanges Haar. Sie ist bekleidet mit einer orange-roten Strickjacke, einer dreiviertellangen schwarzen Hose und schwarzen Schuhen.
Die Familie unterstützt nach Angaben des Sohnes die Suche nach der Vermissten mit einer Plakataktion in Merheim und angrenzenden Stadtteilen; diese habe allerdings „bislang leider keine Hinweise“ erbracht.
Angaben zum Verbleib von Helga Schulte nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 0221 / 229 -0 entgegen. (tom)
Subjektiv kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass Frau Schulte damals von irgendeiner Person, einfach nur aufgrund von "Herzensgüte" kurzerhand in deren Unterkunft aufgenommen wurde...
Sehr wahrscheinlich benötigte sie auch wegen ihrer Erkrankung, verschreibungspflichtige Medikamente..
Trotzdem ist ihr Verschwinden auf irgendeine Weise sehr ungewöhnlich, denn anscheinend existiert bis heute diesbezüglich keine brisante Spur.