Prozess am Landgericht Angeklagte soll zweijährigen Sohn schwer misshandelt haben Von Robert Briest 02.06.16, 09:06 Uhr
Weil sie ihren Sohn so massiv misshandelt haben soll, dass dieser schwerste körperliche und geistige Behinderungen davontrug, muss sich eine junge Mutter seit Donnerstag vor dem Landgericht Halle verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihr schwere Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener zur Last.
Sohn musste wiederbelebt werden
Konkret wirft sie der 27-jährigen vor, ihr damals fast zweijähriges Kind im März 2015 massiv geschüttelt zu haben. Der Kopf des Kindes sei dabei an einem festen Gegenstand angeschlagen. Der Sohn habe dadurch einen Herzstillstand erlitten und von einem Notarzt wiederbelebt werden müssen. Zudem diagnostizierten Ärzte eine Hirnschwellung sowie Schädelinnenraumblutungen, später kam es dann noch zu einem Hirninfarkt. Dieser habe zu bleibenden physischen und geistigen Schäden, so der Vorwurf der Anklage.
Die junge Mutter bestritt diese Darstellung gegenüber den Ermittlern. Sie sagte aus, der Junge sei einfach in sich zusammengesunken. Sollten die Richter die Angeklagte für schuldig befinden, droht ihr eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr.
Prozess beginnt mit Unterbrechung
Der Prozess begann am Donnerstagmorgen allerdings mit einer sofortigen Unterbrechung. Ein Schöffe aus Naumburg hatte die Ladung zur Verhandlung offenbar übersehen und machte sich erst nach dem Anruf des Landgerichts auf den Weg. Der Prozess soll im Laufe des Vormittags fortgesetzt werden. (mz)
Prozess-Neuauflage Hat die Frau ihren kleinen Sohn misshandelt? Von Robert Briest 15.08.16, 09:55 Uhr
Halle (Saale) - Eine Mutter soll ihren damals zweijährigen Sohn so massiv misshandelt haben, dass er schwerste körperliche und geistige Behinderung davontrug.
Die junge Hallenserin muss sich deshalb ab Ende August wegen schwerer Körperverletzung und Misshandlung eines Schutzbefohlenen vor dem Landgericht Halle verantworten. Vor diesem stand die Frau bereits im Juni, doch die Richter stoppten den Prozess am dritten von ursprünglich vier anberaumten Verhandlungstagen, ließen die Angeklagte noch im Gerichtssaal verhaften und verwiesen den Prozess an die Schwurgerichtskammer, von der er nun neu aufgerollt wird.
Aussage eines Sachverständigen
Anlass für die Entscheidung der Richter war die Aussage eines Sachverständigen, der die Schwere der Verletzungen des Kindes beschrieb, das damals im März 2015 einen Herzstillstand, eine Hirnschwellung sowie Schädelinnenraumblutungen erlitt. Noch heute kann der Junge nur per Magensonde ernährt und per Luftröhrenschnitt beatmet werden. Auf seine Umgebung reagiert er kaum. Der Sachverständige schloss aus, dass sich das Kind die schweren Verletzungen, wie von der Mutter behauptet, durch einen Sturz selbst zuziehen konnte. Die Richter gingen deshalb im Juni davon aus, dass auch versuchter Totschlag infrage kommt, auch weil die junge Hallenserin keinerlei Erste Hilfe geleistet habe.
Für derartige Tatvorwürfe ist allein die Schwurgerichtskammer zuständig. Die hat nun ab dem 23. August insgesamt sieben Verhandlungstage angesetzt, um die Vorgänge im vergangenen Frühjahr aufzuarbeiten. Viele Fragen blieben bei der ersten Verhandlung offen. So zum Beispiel, ob sich in der fraglichen Nacht noch weitere Personen in der Wohnung der Angeklagten aufhielten. Auch gab es widersprüchliche Aussagen, ob Mutter und Kind selbst in der eigenen Wohnung nächtigten oder in der ihres Freundes. Sollte die Schwurgerichtskammer des Landgerichts die Frau für schuldig befinden, droht ihr eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr. (mz)
Prozess wegen versuchten Totschlags „Die Mutter war nicht die Täterin“ Von Silvia Zöller 06.09.16, 18:12 Uhr
Halle (Saale) - Mehrere Zeugenaussagen haben bei der Prozessfortsetzung am Dienstag die angeklagte 28-Jährige entlastet, die sich wegen versuchten Totschlags an ihrem zweijährigen Sohn verantworten muss. Die Hallenserin bestreitet den Vorwurf, ihr Kind im März 2015 so heftig geschüttelt zu haben, dass er schwerste Kopfverletzungen erlitt und heute im Wachkoma liegt.
„Nach meiner kriminalistischen Erfahrung war die Mutter nicht die Täterin“, sagte ein Kripobeamter bei der Verhandlungsfortsetzung im Landgericht. Vielmehr habe er schon während der Ermittlungen die Vermutung gehabt, dass der mitangeklagte ehemalige Lebensgefährte, ein 37-jähriger Hallenser, als Täter in Frage komme: „Der Mann soll in der Vergangenheit Kinder und Tiere misshandelt haben.“
Schläge vom Vater
Das bestätigte auch der leibliche Sohn des 37-Jährigen, der aus einer früheren Verbindung stammt. Seit letztem Jahr verweigert er Besuche bei seinem Vater, weil dieser sehr häufig mit ihm geschimpft und ihn geschlagen habe. „Ich glaube, dass mein Vater dem Kleinkind das angetan hat,“ so der Junge im Zeugenstand.
Problem des Prozesses ist, dass es unterschiedliche Aussagen der Frau und des Mannes gibt, wo genau Mutter und Sohn in der fraglichen Tatnacht übernachtet haben: Während die 28-Jährige sagt, sie habe das Kind leblos in der Wohnung des Ex-Partners entdeckt, widerspricht der Mitangeklagte dem. Er betont, damals alleine in seiner Wohnung übernachtet zu haben; die Mutter des Jungen habe sich nach dem Abendessen mit dem Kind in ihre eigene Wohnung zurückgezogen.
Auch der alarmierte Notarzt konnte keine Klarheit in den Sachverhalt bringen, denn die Mutter war ihm mit dem leblosen Kind im Arm auf offener Straße entgegengekommen. Der Zweijährige musste reanimiert werden.
Mehrere Krankenhausaufenthalte
Vor diesem Notarzteinsatz, so war in der Verhandlung zu erfahren, war die 28-Jährige bereits zweimal mit ihrem Kind in der Uniklinik. Der Junge hatte damals Hämatome und Knochenbrüche. Bereits damals habe es den Verdacht der Kindesmisshandlung gegeben, so ein Arzt. Der Prozess wird fortgesetzt. (mz)
Urteil wegen Kindesmisshandlung Schläger prügelt Kleinkind ins Koma Von Silvia Zöller 23.09.16, 17:00 Uhr EMAIL FACEBOOK TWITTER MESSENGER
Halle (Saale) - Es ist eines der ungewöhnlichsten Verfahren der letzten Monate am Landgericht Halle: Wegen schwerer Misshandlung eines Zweijährigen ist am Freitag ein 37-jähriger Hallenser zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden.
Der Drogenabhängige hatte den Jungen seiner damaligen Freundin mindestens zwei Monate lang geprügelt, ihm Arme und Schlüsselbein gebrochen und ihn schließlich im März 2015 so schwer geschüttelt, dass das Kind eine Hirnblutung und einen Herzstillstand erlitt und wiederbelebt werden musste. Heute liegt der Junge in einem Krankenhaus im Wachkoma, kann weder essen noch sprechen oder laufen - ohne Hoffnung auf Besserung.
Mutter kommt mit Bewährungsstrafe davon Die mitangeklagte Mutter kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Ihr wird zur Last gelegt, nichts gegen die Misshandlungen unternommen zu haben. „Sie hätten die Pflicht gehabt, ihr Kind zu schützen“, begründete der Vorsitzende Richter Jan Stengel das Urteil.
Prozess wegen versuchten Totschlags „Die Mutter war nicht die Täterin“ Doch auch wenn das Schwurgericht den schrecklichen Fall in sechs Verhandlungstagen ausführlich beleuchtet hat, bleibt eines unklar: das Motiv. Zeugen hatten der 27-Jährigen bescheinigt, dass sie eine gute Mutter sei. Und so war sie mit dem Kind, das nach Aussagen eines Arztes „mit Hämatomen übersät“ war, bereits vor der Tat zweimal in der Uniklinik.
Fall von Kindesmisshandlung Für den behandelnden Arzt war klar, dass ein Fall von Kindesmisshandlung vorlag, was die Mutter von sich wies und stattdessen das Kind auf ihren Wunsch wieder entlassen wurde. Der Arzt schaltete die Kinderschutzgruppe der Klinik ein, ebenso das Jugendamt. Doch nichts passierte.
Landgericht Halle Fragwürdige Zeugenaussagen im Prozess um Kindesmisshandlung Auch der Tagesmutter war aufgefallen, dass sich der Junge verändert hatte, nachdem der neue Freund in das Leben seiner Mutter getreten war. Der Zweijährige wurde plötzlich aggressiv, biss andere Kinder so heftig, dass es blutete. Doch genau deswegen wurde er nicht mehr betreut, der Vertrag wurde aufgehoben.
Hinter den geschlossenen Türen der Wohnung Was hinter den geschlossenen Türen der Wohnung des Angeklagten geschah, in dem die Mutter mit ihrem Kind trotz eigener Wohnung weitgehend lebte, das blieb im Dunkeln. Zeugen berichteten von einem „Hörigkeitsverhältnis“. Dramatisches schilderte auch die Frau, mit der der Angeklagte vor der 27-Jährigen zusammen war: Nachdem sie ihm gesagt hatte, das sie einen anderen hat, habe er sie bedroht, kontrolliert, in der Wohnung eingeschlossen. Der gemeinsame Sohn hatte von Schlägen und Wutanfällen des 37-Jährigen berichtet, auch Tiere soll er misshandelt haben. Das Vorstrafenregister des Angeklagten beinhaltet mehrere Verurteilungen wegen Körperverletzung, Bedrohung und Erpressung - neben Drogendelikten.
Fest steht nach der Verhandlung am Landgericht: Am Tattag weckte der 37-Jährige seine Freundin mit dem Worten „Mit deinem Jungen ist etwas“. Der Junge lag leblos auf dem Boden, die Hose war heruntergezogen. Er bewegte sich nicht, war nicht ansprechbar. Die junge Mutter alarmierte den Notarzt. Doch der durfte nicht in die Wohnung des Angeklagten kommen: „Ruf ihn zu deiner Wohnung“, soll der Angeklagte gesagt haben. Und so rannte die 27-Jährige mit dem leblosen Kind auf dem Arm zu ihrer Wohnung, die nur wenige Minuten entfernt lag. Der Notarzt nahm zwölf Minuten später auf der Straße ein Kind in Empfang, das bereits blau angelaufen war und wiederbelebt werden musste.
Vorwürfe des versuchten Totschlags Während der 37-Jährige in dem Prozess die Vorwürfe des versuchten Totschlags und der Kindesmisshandlung pauschal von sich gewiesen hatte, hatte die Mutter betont, sie habe nichts von den Misshandlungen bemerkt.
Doch das glaubten ihr die Richter nicht. Beide Verteidiger hatten Freispruch beantragt. Dem konnte das Gericht nicht folgen: „Fakt ist, dass ein Kleinkind aufgrund seiner schweren Verletzungen nur noch in geringem Umfang am Leben teilnehmen kann.“ (mz)
Heute liegt der Junge in einem Krankenhaus im Wachkoma, kann weder essen noch sprechen oder laufen - ohne Hoffnung auf Besserung.
Beide Verteidiger hatten Freispruch beantragt. Dem konnte das Gericht nicht folgen: „Fakt ist, dass ein Kleinkind aufgrund seiner schweren Verletzungen nur noch in geringem Umfang am Leben teilnehmen kann.“ (mz)
Das Wachkoma, auch als Coma vigile oder apallisches Syndrom bezeichnet, wird von vielen Medizinern als Widerspruch in sich empfunden. Denn Koma bedeutet tiefe Ohnmacht. Doch Patienten im Wachkoma liegen entweder nahezu regungslos mit offenen Augen da oder schlafen. Sie nehmen von sich aus keinen Kontakt zu ihrer Umwelt auf. Auch auf angebotene Nahrung reagieren sie nicht und müssen daher künstlich ernährt werden.
Das Wachkoma schließt sich oftmals an ein Koma an. Während die Patienten im Koma beatmet werden müssen, sind sie im Wachkoma in der Lage, selber zu atmen. Aus eigener Kraft sind sie jedoch zu keinerlei Kontaktaufnahme mit der Umwelt fähig, obwohl manchmal bereits vegetative und emotionale Reaktionen erfolgen (Schmatzen, Grunzen, Grimassen schneiden). Die Beweglichkeit ist infolge einer allgemeinen Spastik weitgehend eingeschränkt. Zusätzlich besteht eine Harn- und Stuhlinkontinenz. Die Betroffenen sind nicht in der Lage zu essen oder zu trinken und müssen künstlich ernährt werden. ...