Der Prozess gegen eine 29-Jährige, die im vergangenen November einen Brand im Hotel "Schwarzer Adler" in der Frauenstraße gelegt haben soll, beginnt heute. Der Frau wird versuchter Mord in 44 Fällen vorgeworfen.
SWP | 25.04.2016 0 0 0 Heute beginnt der Prozess gegen die Frau, die im November 2015 einen Brand in einem Ulmer Hotel in der Frauenstraße gelegt haben soll. Der 29-Jährigen wird versuchter Mord in 44 Fällen vorgeworfen. Sie soll das Bett in ihrem Zimmer absichtlich angezündet und damit zumindest in Kauf genommen haben, dass andere Hotelgäste ums Leben kommen.
Zeugen hatten das Feuer frühzeitig entdeckt und Polizei und Feuerwehr alarmiert. So konnte das Gebäude rechtzeitig geräumt werden, verletzt wurde niemand. Es entstand den Angaben zufolge ein Schaden in Höhe von etwa 50.000 Euro.
Prozess am Ulmer Landgericht wegen versuchten Mordes Angeklagte bestreitet Vorwürfe Im Prozess wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung hat die Angeklagte zum Auftakt die Vorwürfe bestritten. Die 29-Jährige soll ein Feuer in einem Ulmer Hotel gelegt haben.
Bedienung des Players für Screenreader: Video 'Versuchter Mord in 44 Fällen' starten Video herunterladen (2,83 MB | mp4) 1:14 min
Versuchter Mord in 44 Fällen
Die Frau meinte vor Gericht am Montagvormittag, sie könne sich nicht daran erinnern. Sie habe an jenem Novemberabend des vergangenen Jahres viel Alkohol getrunken und Medikamente genommen.
Sie habe lediglich in ihrem Zimmer geraucht und die Kippe aus dem Fenster geworfen. Die Angeklagte wohnte bereits seit mehr als einem Jahr in dem Hotel in der Ulmer Innenstadt. Die 29-Jährige habe in der Nacht auf den 10. November gegen 3 Uhr das Bett in ihrem Hotelzimmer in Brand gesetzt, so die Anklage, und danach das Hotel verlassen. Die Feuerwehr konnte das Feuer schnell löschen, verletzt wurde niemand. Das Zimmer brannte aus, es entstand ein Schaden von 50.000 Euro.
Tod in Kauf genommen
Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeklagten vor, bei der Brandstiftung mitten in der Nacht den Tod der anderen 44 Hotelgäste in Kauf genommen zu haben. Davor sei sie schon in der Ulmer Innenstadt aufgefallen, als sie unter anderem gegen mehrere geparkte Autos getreten haben soll.
Bei der Verhandlung wird nach Angaben des Landgerichts auch ein psychiatrischer Sachverständiger dabei sein. Das Urteil wird im Juni erwartet.
Ulm / RUDI KÜBLER 03.06.2016 Fünfeinhalb Jahre in Haft muss die 29-Jährige, die das Hotel „Schwarzer Adler“ angezündet hat. So das Urteil der 2. Großen Strafkammer am Landgericht.
Wer das Zimmer 207 im Hotel „Schwarzer Adler“ am frühen Morgen des 10. November 2015 angezündet hat, ist der Schwurgerichtskammer am Landgericht Ulm klar. Ein technischer Defekt scheide aus, sagte der Vorsitzende Richter Gerd Gugenhan. Dass ein Dritter in das Hotelzimmer eingedrungen sei und gezündelt habe, dafür gebe es keinerlei Hinweise. Fahrlässigkeit scheide ebenfalls aus: Weder eine brennende Zigarette noch eine weggeschnippte Kippe hätten das Bett in Brand setzen können, bezog sich Gugenhan in der Urteilsbegründung auf die Ausführungen der Brandsachverständigen.
Einer der Experten hatte sogar Brandversuche mit typgleichem Bettgestell und Bettlaken nachgestellt – und war zu dem Ergebnis gekommen, dass lediglich eine offene Flamme eine entsprechende Hitze entwickeln könne. Nur eine kann die Täterin gewesen sein: die 29-Jährige. „Sie hat das Bettlaken entzündet, ob mit einem Feuerzeug oder einem Streichholz, das bleibt dahingestellt. Eine andere Brandursache kann die Kammer ausschließen.“
Der Vorsitzende Richter hob insbesondere auf die „glücklichen Umstände“ ab, die in jener Nacht Schlimmeres verhindert hätten. Schließlich war das Hotel voll belegt, was der Frau, die ihren Lebensunterhalt als Prostituierte bestritt, bewusst gewesen sei, so Gugenhan. Ein Zeuge hatte um 3.18 Uhr den Feuerschein am Fenster des Zimmers 207 bemerkt, die Feuerwehr verständigt und war ins Hotel gerannt, um die 44 Gäste zu warnen.
15 Personen seien konkret in Gefahr gewesen, jene Gäste, die auf der selben Etage schliefen, „sie waren arg- und wehrlos. Dass Menschen zu Tode kommen können, war Ihnen klar. Sie haben deren Tod billigend in Kauf genommen.“ Die Kammer sah deshalb das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt an.
Die 29-Jährige muss wegen versuchten Mordes in 15 Fällen und wegen schwerer Brandstiftung für fünfeinhalb Jahre in Haft; weitere zwei Wochen wird sie absitzen müssen, weil sie unmittelbar vor der Brandstiftung eine Bedienung in einer Bar tätlich angegriffen hatte. Als „gravierend negativ“ wertete die Kammer beim Strafmaß, dass die Angeklagte im November 2014 bereits einmal als Brandstifterin auffällig geworden war: In Bulgarien hatte sie ihr eigenes Haus angezündet.
Um weitere vergleichbare Taten zu verhindern, soll die 29-Jährige, wie vom psychiatrischen Gutachter vorgeschlagen, in Therapie. Unmittelbar vor der Brandstiftung in Ulm war sie mit 2,15 Promille Alkohol im Blut von der Polizei aufgegriffen worden, dazu hatte sie Sedativa eingeworfen – eine Mischtoxikation, die, über längere Zeit genommen, zu einem Abhängigkeitssyndrom geführt hätten. Die Dauer der Therapie: zwei Jahre. Und wie lange müsse sie in Haft bleiben?, fragte die Mutter dreier Kinder. „Das liegt ausschließlich an Ihnen“, antwortete Gugenhan. Ist die Therapie erfolgreich, könne sie bereits bei Halbzeit auf freiem Fuß sein.