FALL IGOR PIKULIK Leichenteile in Boberg: Polizei fahndet im TV
Boberg. Der Mord an Igor Pikulik wird nun in der TV-Sendung "Ungeklärte Morde - dem Täter auf der Spur" vorgestellt. Die Polizei hofft, Zeugen zu finden.
Dutzende Polizisten durchkämmten an jenem 29. November 2005 die Boberger Dünen. Doch auf diese Entdeckung waren die Beamten, die die verschwundene Familienmutter Sabine E. aus Bergedorf suchten, nicht vorbereitet: In den Dünen fanden sie die stark verwesten Leichenteile eines jungen Mannes – Oberschenkelknochen mit Gewebe-, Muskel- und Hautresten. Einen Tag später wurden auch die Unterschenkelknochen des Unbekannten entdeckt, verpackt in grüne Mülltüten.
Auch heute, fast sechs Jahre später, ist dieser Mord noch nicht aufgeklärt. Nun soll in den Fall Igor Pikulik wieder Bewegung kommen: Am Montag, 14. November, wird er in der Reihe „Ungeklärte Morde – dem Täter auf der Spur“ auf RTL II rekonstruiert (22.15 Uhr). Zeugen werden gesucht.
Vieles liegt noch im Dunkeln. Ein halbes Jahr nach dem Fund der Leichenteile hatte eine DNA-Analyse zunächst ergeben, dass es sich bei dem Toten um Igor Pikulik handelte, geboren 1975 in Weißrussland. Wegen mehrerer kleiner Delikte wie Diebstahl waren die DNA-Daten des 30-Jährigen erfasst.
1999 war der junge Mann erstmals nach Deutschland gekommen, hatte hier angegeben, Igor Frenkel zu heißen, geboren 1977. Der junge Mann hatte keinen Beruf, wohnte oft bei Freunden in Neuallermöhe und unterhielt Kontakte nach Reinbek und Wentorf.
Bis heute ist nicht klar, wer Igor Pikulik zuletzt gesehen hat und wann er ermordet wurde. Auch konnte die genaue Todesursache nicht mehr geklärt werden.
Die Polizei fragt nun, wer Igor Pikulik / Frenkel kannte oder Bekannte / Verwandte / Aufenthaltsorte des Weißrussen nennen kann. Alle sachdienlichen Hinweise können helfen. Um den 22. November 2005 hatte sich zudem ein Unbekannter bei Verwandten des Toten in Weißrussland gemeldet und um Rückruf gebeten. Die angegebene Nummer funktionierte jedoch nicht. Auch dieser Anrufer wird gebeten, sich mit der Polizei unter Telefon (040) 4286-56789 in Verbindung zu setzen. Für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat und Ermittlung des Täters führen, ist eine Belohnung von 1500 Euro ausgesetzt.
Aufgeklärt wurde indes der Fall der Familienmutter Sabine E., nach der damals in den Boberger Dünen gesucht worden war. Ihre Leiche wurde wenig später in Kirchwerder entdeckt. Der Lebensgefährte wurde 2006 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren Haft verurteilt.
Mysteriöser Leichenfund Ermordet: der eine Zeit lang in Trier lebende Igor Pikulik.Foto: Leserfoto
TRIER/HAMBURG. Ein mysteriöser Fund von Leichenteilen in einem Naturschutzgebiet beschäftigt seit Monaten die Hamburger Polizei. So viel steht mittlerweile fest: Das vermutlich ermordete und anschließend zersägte Opfer, ein 30-jähriger Weißrusse, lebte eine Zeit lang in Trier.
12.05.2006 Von unserem Redakteur ROLF SEYDEWITZ
Es war Kommissar Zufall, der die Hamburger Polizei Ende November vorigen Jahres auf die Spur eines mutmaßlichen Gewaltverbrechens brachte. Bei der Suche nach einer vermissten Frau stießen die Beamten im Naturschutzgebiet Boberger Dünen im Untergrund auf einen dunkelgrauen Müllbeutel. Aus dem Plastiksack schlug den Bereitschaftspolizisten beißender Verwesungsgeruch entgegen. Der Inhalt: ein menschlicher Oberschenkelknochen. Nicht der einzige makabere Fund: Bei der weiteren Suche, bei der auch Leichenspürhunde, ein Polizeihubschrauber und Taucher eingesetzt waren, fanden die Beamten weitere Mülltüten mit menschlichen Ober- und Unterschenkelknochen.
Nach einer ersten Untersuchung im Hamburger Institut für Rechtsmedizin stand fest: Die Knochen stammen von einem jungen Mann und wurden offenbar mit einer Säge vom Torso abgetrennt.
Weitere Leichenteile fand die Hamburger Polizei trotz intensiver Suche zwar nicht. Dafür gelang den Beamten mit Hilfe Göttinger Rechtsmediziner, die aus den Knochen den genetischen Fingerabdruck "extrahierten", unlängst die Identifizierung. Bei dem Opfer handelt es sich demnach um den gebürtigen Weißrussen Igor Pikulik, der vor sieben Jahren erstmals nach Deutschland kam und sich in Mainz unter dem falschen Namen Igor Frenkel registrieren ließ.
Weil der 30-Jährige in den letzten Jahren mehrfach auf die schiefe Bahn geraten war, sind bei der Polizei nicht nur Pikuliks Fingerabdrücke und sein Foto gespeichert, sondern auch die DNA. Andernfalls hätten die bei Hamburg gefundenen Knochen vermutlich nie einer Person zugeordnet werden können.
Nach seiner Ankunft in Deutschland lebte Igor Pikulik auch eine Zeit lang in Trier – in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber. Daran würde sich vermutlich niemand mehr erinnern, wäre der damals 24-Jährige Anfang 2000 nicht bei mehreren Kaufhausdiebstählen erwischt und später vom Amtsgericht Trier zu 900 Mark Geldstrafe verurteilt worden.
Im baden-württembergischen Rastatt fiel Pikulik der Polizei anschließend wegen eines Autoaufbruchs auf. In der Nähe von Hamburg wurde er vor zweieinhalb Jahren letztmals festgenommen, nachdem er in einem Supermarkt zwei Flaschen Rum gestohlen hatte.
Danach verliert sich die Spur des Weißrussen. Vermutlich, sagen die Mord-Ermittler, hielt sich der 1,80 Meter große Pikulik in den letzten Jahren überwiegend in Hamburg und in Süddeutschland auf. So unklar wie Pikuliks letzter Aufenthaltsort oder ein Motiv für das Gewaltverbrechen, dem der 30-Jährige vermutlich zum Opfer fiel, ist auch der Todeszeitpunkt: Möglicherweise war Pikulik schon Monate tot, als die Leichenteile Ende November gefunden wurden.
Hinweise an das LKA Hamburg unter Telefon 040/4286-56789. Belohnung: 1500 Euro.