Ein 17- jähriger Salzburger ist auf einer Klassenfahrt in Kärnten. Plötzlich gilt er als vermisst. Dann wird seine Leiche im Ossiacher See gefunden. Die Polizei glaubt zuerst an einen tragischen Unfall. Jetzt ermitteln Mord- Fahnder.
Den ganzen Tag über hatte die Sonne geschienen, und selbst in den Nachtstunden war es noch angenehm warm. Damals, am 6. Juni 2013. In Kärnten. Die 19 Jugendlichen des dritten Jahrgangs einer Salzburger Schule für Land- und Forstwirtschaft, die hier gerade einen Lehrgang machten, hatten den Abend in Villach verbracht, mit Lehrern ein Kino besucht. Und jetzt, um etwa 23 Uhr, kehrten sie in ihre Unterkunft am Ossiacher See zurück. Sollten bald schlafen, um für die Heimreise am nächsten Morgen fit zu sein.
Das letzte Bild von Albert Auer: Ein Klassenkollege machte es in einem Kino in Villach.
Es war etwa 0.30 Uhr, als fünf Mädchen heimlich aus ihren Zimmern schlichen, um in einem Restaurant ums Eck noch ein bisschen zu feiern. Über ihre Handys riefen sie einige Klassenkollegen an: "Kommt zu uns." Wenig später saßen drei Burschen an ihrem Tisch. Die 17- Jährigen bestellten Bier, kamen mit Gästen und dem Personal ins Gespräch. Nach etwa einer Stunde verabschiedeten sich die Mädchen, kurz darauf verließen auch zwei der Burschen das Lokal. Nur Albert Auer blieb zurück. Warum? "Weil er gerade mit einem Kellner über sein liebstes Hobby, Fußball, redete", erinnern sich seine Kameraden.
Widersprüche und Ungereimtheiten
7. Juni, 7 Uhr früh. Alberts Bett war leer, der Bursche nirgendwo zu finden. Die Polizei wurde alarmiert, und seine Eltern in Rußbach bei Hallein. "Sofort", sagen sie heute, "wussten wir, dass unserem Buben etwas Schlimmes zugestoßen sein musste." Denn er sei doch immer "so besonders verlässlich" gewesen, "ein Traumsohn, einfach". Im Alter von einem halben Jahr hatte ihn das Ehepaar in Bolivien adoptiert, "weil wir selbst keine Kinder bekommen konnten. Von Beginn an liebten wir ihn abgöttisch."
Und alles lief ja auch wunderbar, so lange. Albert hatte von klein an viele Freunde, ging gerne Schwimmen, Skifahren und Reiten - und lernte brav, "irgendwann sollte er unsere Landwirtschaft übernehmen". Und dann das. Dieser Schock. Diese Gewissheit, dass niemals mehr etwas so sein würde wie früher.
Von den Polizisten vorerst vertröstet
Gleich nachdem Alberts Eltern die Nachricht von der Abgängigkeit ihres Sohnes bekommen hatten, fuhren sie nach Kärnten. "Die Polizeibeamten dort erklärten uns, es sei nicht ungewöhnlich, wenn ein 17- Jähriger kurz einmal ausreiße. Nein, so etwas würde unser Kind nicht tun, sagten wir ihnen immer wieder." Eine groß angelegte Suchaktion wurde gestartet, der See weitläufig abgetaucht. "Am 8. Juni hieß es: Albert ist sicherlich nicht ertrunken, denn sonst hätten wir ihn gefunden."
Diese Ledergeldtasche wurde bei der Leiche des 17-Jährigen gefunden
12. Juni, 13.45 Uhr. Ein Fischer entdeckte, 70 Meter vom Ufer entfernt, die Leiche des Burschen. Bei einer Obduktion wurden 2,3 Promille Alkohol in seinem Blut festgestellt. Vermutlich, so die Einschätzung der Beamten, sei er im Suff von einem Steg ins Wasser gestürzt. Sein Tod wurde somit schnell als tragischer Unfall diagnostiziert. "Aber meine Frau und ich", so Alberts Vater, "konnten nicht an diese Theorie glauben. Deshalb engagierten wir einen Privatdetektiv."
Der dann bei seinen Ermittlungen zahlreiche Ungereimtheiten in der Causa ausmachte. "Es bestehen differierende Aussagen der Menschen, die Albert zuletzt gesehen haben", sagt er. "Ein Kellner des Lokals behauptet, der Bursch hätte die Gaststätte gegen 2.30 Uhr gleichzeitig mit einem anderen Gast verlassen. Dieser wiederum gibt an, dass er vor Albert heimgefahren wäre. Und es gibt noch andere Auffälligkeiten."
Kurz vor seinem Tod rief er Freunde an
Als der Tote gefunden wurde, waren seine Ledergeldtasche kaum aufgeweicht und sein Handy funktionstüchtig: "Und das, nachdem er angeblich fast eine Woche im Wasser gelegen haben sollte." Zudem hatte Albert - laut einem gerichtsmedizinischen Befund - postmortale Verletzungen, Abschürfungen am Becken und den Beinen. Und sein Haar ist mit Sand verkrustet gewesen: "Ein Hinweis darauf, dass sein Körper in einer Bucht zwischengelagert wurde." Und: "Wieso ist der Bub bei seinem Tod so schwer alkoholisiert gewesen? In dem Restaurant hatte er ja angeblich bloß zwei kleine Bier konsumiert. Wo - und mit wem - hat er weitergetrunken?"
Albert rief kurz vor seinem Tod noch elf Freunde an - das Handy war beinahe unversehrt.
Rätselhaft auch: Am 7. Juni, kurz nach 3 Uhr morgens, rief Albert elf Freunde an. Doch alle hatten ihre Telefone ausgeschaltet. Was wollte er ihnen sagen?
Mit einem zehn Zentimeter dicken Akt, in dem sämtliche dieser Fakten aufgelistet sind, kamen Alberts Eltern vor einigen Monaten zu dem für den Opferschutzverein "Weißer Ring" tätigen Anwalt Stefan Rieder. Der in der Folge bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt Erhebungen wegen eines möglichen Fremdverschuldens am Tod von Albert Auer beantragte.
Dem Ersuchen wurde kürzlich stattgegeben. Die Kärntner Kripo ist nun dabei, zu klären, unter welchen Umständen der 17- Jährige tatsächlich sterben musste. "Wir hoffen so sehr", schluchzen seine Eltern, "dass uns die Fahnder endlich Antworten geben werden auf unsere Fragen." Die sie quälen. Seit ihrem Schicksalstag im Juni 2013.
Wen es interessiert: mir fällt spontan Folgendes auf:
1. Wie immer bei (besonders bei jugendlichen) Todesopfern war es das perfekte Kind, und man kann sich überhaupt nicht erklären, wie die 2,3 Promill in sein Blut gekommen sind *hüstel* Ich war selbst mal Kind, und ich bin mir ziemlich sicher, meine Eltern hätten das über mich auch gesagt. Aber auch ich hatte einige heftige Ausrutscher in einigen Bereichen, von denen meine Eltern garantiert nichts mitbekommen haben, weil ich das Glück hatte, überlebt zu haben.
2. Das mit der Geldbörse und dem Handy ist für mich gar nicht mysteriös, sondern möglich. Beides lag nur wenige Tage im Wasser, keine Wochen, Monate oder gar Jahre.
3. Dass Eltern unbedingt eine Erklärung haben wollen, kann ich vollkommen nachvollziehen. Aber die Erfahrung zeigt, dass man sich mit den naheliegendsten Erklärungen oftmals nicht zufrieden geben kann, weil das eigene "perfekte Kind" ja nicht durch Eigenverschulden, sondern nur durch die Hand eines bösen Dritten zu Tode gekommen sein kann.
4. Nach den Informationen muss man ja davon ausgehen, dass der arme Kerl ertrunken ist, und zwar im See (sowas kann man doch heutzutage feststellen anhand Mikroorganismen in der Lunge usw.). Wie wahrscheinlich ist das, dass der Mörder ihn im See ertränkt, dann rauszieht, dann in einer Bucht zwischenlagert? Oder hat man nur bei der Obduktion geschlampt und nur Wasser in der Lunge gefunden, aber nicht geschaut, ob das Seewasser oder Badewasser ist? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, aber in Österreich ggf. schon (siehe Dr. Walter Rabl).
5. Ein sexueller Missbrauch oder Verletzungen nicht post-mortem werden nicht angeführt, ein Raub auch nicht. Was soll dann das Motiv sein? Zechprellerei, ein Streit? Klingt für mich gar nicht danach.
6. Der Sand ließe sich gut erklären, wenn er seinen Rausch am Seeufer o.ä. versucht hätte auszuschlafen. Dann musste er mal, fiel vom Steg und ertrank. 2,3 Promille sind schon heftig, und ich bin da kein Spezialist, aber könnte der Pegel beim Tod sogar noch höher gewesen sein?
7. Die postmortalen Verletzungen können im See oder sogar bei der Bergung entstanden sein.
8. Ich kenne Privatermittler, denen würde ich keinen Gebrauchtwagen abkaufen, und auch nur die wenigsten ihrer Ergebnisse. Wenn der keine Ungereimtheiten findet, versiegt nämlich die Geldquelle sofort. Also findet er eben, oder er-findet u.U. sogar, je nach Situation. Es gibt sicher auch seriöse, aber alle machen es für Geld, so wie Gebrauchtwagenhändler, also immer mit Eigeninteresse.
9. Die "differierenden Aussagen" der Kneipenzeugen können sehr gut auf deren eigenen Pegel zurückzuführen sein. Auch keine Wunder: Wer um 2-3 Uhr morgens noch in Kneipen sitzt, hat sicher nicht die ganze Zeit Kamillentee zu sich genommen. Auch da möchte ich schon wieder an den Fall Tanja Gräff erinnern: wäre der durchschnittliche Alkoholpegel der Zeugen morgens um 4 auf dem Fest erheblich niedriger gewesen, hätte man den Fall vermutlich schon aufgeklärt. Aber so - fast nur vage Sichtungen und differierende Orts- und Uhrzeitangaben bzgl. des späteren Opfers.
Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber mein erster Eindruck und mein Bauch sagen: Unglücksfall, keine Fremdbeteiligung.
Trotz allem schadet es sicher nichts. wenn man die letzten Gäste der Kneipe und den Fußball-Ober nochmal ganz genau unter die Lupe nimmt. Aber nur, wenn nicht vollkommen klar ist, dass der Bub im See ertrunken ist.
Zur Ergänzung: auch den Aussagen zum Trinkverhalten des 17jährigen in der Kneipe würde ich nicht bedingungslos trauen. Wer - nicht gesetzlich, nur moralisch - am Tod eines 17jährigen "beteiligt" ist, z.B. weil er ihm reichlich Alkohol gebracht oder ihn zum Konsum animiert hat, könnte das sicherheitshalber verschleiern wollen.
Außerdem spielt ja in Österreich der Tourismus stets eine große Rolle, da kommt ein solcher Tod eines 17jährigen natürlich auch nicht so toll.
Vor drei Jahren ist ein 17-Jähriger Salzburger im Ossiacher See ertrunken. Die Eltern engagierten einen Detektiv, der weiter ermitteln sollte. Die Kriminalpolizei bleibt dabei, es sei ein tragischer Unfall gewesen.
Im Sommer 2013 sorgte das Verschwinden des 17 Jahre alten Schülers aus Salzburg tagelang für Schlagzeilen. Er war nach einer Feier mit Freunden spurlos verschwunden. Erst nach knapp einer Woche entdeckte ein Fischer die Leiche des Jugendlichen im Ossiacher See. Die Ermittlungen ergaben, dass der 17-Jährige offensichtlich schwer betrunken in den See gestürzt und ertrunken war - mehr dazu in Vermisster 17-Jähriger: Tod durch Ertrinken (kaernten.ORF.at, 13.6.2013
Eltern wandten sich nochmals an Polizei
Die Eltern wollten die Erklärung für den Unfall nicht wahrhaben und beauftragten laut „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe) einen Privatdetektiv. Dessen Nachforschungen bestärkten die Zweifel der Eltern, die sich diesbezüglich nochmals an die Polizei wandten. Gottlieb Türk, der Leiter der Kriminalpolizei Kärnten, sagte gegenüber dem ORF, man habe auf Ersuchen der Eltern versucht, noch allfällige Fragen zu klären. Man warte auf ein letztes Ergebnis und werde dieses auch der Staatsanwaltschaft mitteilen.
An falscher Stelle gesucht
Nach allen Untersuchungen sei ein Fremdverschulden aber eindeutig auszuschließen, sagte Türk. Der Schüler dürfte schwer betrunken von einem Steg in den See gestürzt und ertrunken sein. Warum der junge Mann erst nach Tagen gefunden wurde, liege laut Türk daran, dass man von einer anderen Stelle des Unglücks ausgegangen war. Doch die Unfallstelle sei weiter östlich gelegen, dorthin sei auch die Strömung gegangen. Man habe in diesem Fall alles getan um noch offenen Fragen der Hinterbliebenen zu beantworten, so Türk.
Ertrunkener Schüler: Fall könnte neu aufgerollt werden
Im Juni 2013 entdeckte ein Fischer im Ossiacher See die Leiche eines Schülers. Das Gutachten eines Sachverständigen schloss Fremdverschulden aus. Nun gibt es neue Beweise - derzeit werden sie geprüft.
Von Claudia Felsberger | 16.18 Uhr, 29. Februar 2016
Im Juni ist es genau drei Jahre her - damals wurde die Leiche des 17-jährigen Albert aus Salzburg von einem Fischer im Ossiacher See entdeckt. Ein Sachverständiger ging in seinem Gutachten von einem Unfall aus - ein Verfahren gegen unbekannte Täter wurde 2013 eingestellt.
Neue Beweise
Nun könnte der Fall abermals untersucht werden. "Es sind neue Beweise aufgetaucht. Derzeit wird geprüft, ob diese ausreichend sind, um das Verfahren fortzuführen", bestätigt Tina Frimmel-Hesse von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt.
Laut Landeskriminalamtleiter Gottlieb Türk versuche man alles, um offene Fragen und Bedenken der Hinterbliebenen aus dem Weg zu räumen: "Aber an der Todesursache, nämlich Ertrinken ohne Fremdverschulden, gab es nie Zweifel."
Der Schüler war damals mit seinen Klassenkameraden nach Ossiach gekommen, um an einem Waldbewirtschaftungskurs teilzunehmen. Nach einem nächtlichen Ausflug in ein örtliches Lokal, galt er zunächst einige Tage als vermisst.