Der zynische Mord an einer Helferin in einem Asylbewerberheim durch einen 15 Jahre alten Jugendlichen aus Nordafrika erschüttert Schweden, schreibt die „Rossijskaja Gaseta“ am Dienstag.
Der minderjährige Asylbewerber verletzte eine 22-jährige Mitarbeiterin mit einer Stichwaffe tödlich. Sie erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen. Die Cousine des Opfers sagte den schwedischen Medien: „Das ist so schrecklich. Sie war ein Mensch, der Gutes tun wollte, damit die Menschen gut sind. Er tötete sie, als sie ihren Job machte. Wir haben viel geweint. Sie war so ein guter, positiver Mensch.“ Die Frau macht die schwedischen Politiker für den schrecklichen Vorfall verantwortlich.
Der Mord ereignete sich im Flüchtlingsheim in Mölndal bei Göteborg. Später gab es Stellungnahmen der Behörden und der Öffentlichkeit. Der schwedische Premier Stefan Löfven sprach von einem schrecklichen Verbrechen. Er betonte, dass viele Schweden in letzter Zeit befürchten, Opfer von Übergriffen durch Migranten zu werden.
Einige junge Frauen berichteten von sexuellen Übergriffen durch Migranten in einem Schwimmbad im Zentrum von Stockholm. Die Polizei warnte die Stockholmer am Hauptbahnhof.
Nach Angaben der schwedischen Polizei ereignen sich solche Verbrechen in der schwedischen Hauptstadt immer häufiger. „Wir haben mit einer höheren Zahl von Vorfällen zu tun, die mit den vielen Migranten zusammenhängen.“
Schwedische Polizei hält Verbrechen mit Migrationshintergrund geheim Der schwedische Polizeichef Dan Eliasson bat die Behörden um weitere 4.100 Mitarbeiter und Hilfspersonal, um den Kampf gegen den Terrorismus und die Ausweisung von Migranten bewerkstelligen zu können. In Asylbewerberheimen gebe es etliche „Verstöße gegen die öffentliche Ordnung“. Dadurch würden mancherorts „beträchtliche Ressourcen der Polizei gebunden“, so Eliasson.
Laut dem schwedischen Migrationsdienst hat sich die Zahl der Drohungen und Gewaltakte durch Flüchtlinge 2015 im Vergleich zum Vorjahr von 148 auf 322 mehr als verdoppelt. Auch die Zahl der Brandanschläge auf Flüchtlingsheime ist gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden etwa 20 Brandstiftungen gezählt.
Flüchtlingspolitik spaltet Schweden Mord an Frau verschärft Konflikt
Lange Zeit galt Schweden als Vorbild in der Flüchtlingspolitik. Vom "Schwedischen Modell" ist die Rede. Doch der gewaltsame Tod einer Flüchtlingshelferin ändert alles. Der Ton wird schärfer. In Stockholm wird gar Jagd auf Flüchtlinge gemacht.
Jagdszenen im Herzen von Stockholm: Maskierte Männer hetzen Flüchtlinge durch die Straßen der schwedischen Hauptstadt. 50 bis hundert Angreifer, wutentbrannt, zu allem bereit, gehen am vergangenen Freitagabend auf Wehrlose los. Zwar ist die Polizei schnell Herr der Lage, die Verfolger werden vertrieben. Doch der Schock der Bilder sitzt tief und Schwedens offene Gesellschaft ist in ihren Grundfesten erschüttert.
VIDEO Notfalls unter Zwang: Schweden schiebt bis zu 80.000 Asylbewerber ab 28.01.16 – 02:07 min MEDIATHEK
Notfalls unter Zwang Schweden schiebt bis zu 80.000 Asylbewerber ab
Die Stimmung in Schweden ist angespannter denn je. Der gewaltsame Tod der 22-jährigen Flüchtlingshelferin Alexandra Mezher, die von einem 15-jährigen Jugendlichen in einem Flüchtlingsheim erstochen wurde, lässt die Emotionen hochkochen. Die Auseinandersetzungen zum Thema Flüchtlinge werden schärfer, nicht nur verbal. "Gebt den nordafrikanischen Straßenlümmeln die Prügel, die sie verdienen", war auf den Flugzetteln zu lesen, die die Angreifer in Stockholm verteilt hatten.
"Was ist los in Schweden?", fragte sich die Tageszeitung "Expressen" fast schon hilflos angesichts der stetig steigenden Zahl der besorgniserregenden Vorfälle rund um die Flüchtlinge: brennende Flüchtlingsheime, Abschottung der unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen, Kriminalität jugendlicher Flüchtlinge. Sowohl die linke als auch die rechte schwedische Presse macht den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven, der sich auf der Beliebtheitsskala derzeit im absoluten Umfragetief befindet, für die Situation verantwortlich. Löfven habe die Herausforderungen beschönigt, vor die er sein Land gestellt habe, lautet der Vorwurf.
"Wir machen die Regierung verantwortlich"
"Diejenigen, die unsere Fähigkeit in Frage gestellt haben, alle ankommenden Flüchtlinge integrieren zu können, wurden beschuldigt, das Spiel der Rechtsextremen zu spielen", schrieb schon im vergangenen Herbst das "Svenska Dagbladet". In einem Leitartikel nach dem Mord an der Flüchtlingshelferin legt das Mitte-rechts-Blatt jetzt nach und fordert unverblümt die Ausweisung von straffällig gewordenen Ausländern. "Wir hätten nie gedacht, dass so etwas in Schweden möglich ist", sagte der Onkel der getöteten Helferin angesichts der Bluttat. Die Flüchtlingshelferin war selbst Tochter von Flüchtlingen aus dem Libanon. "Wir machen die Regierung und den schwedischen Ministerpräsidenten dafür verantwortlich", fügte er hinzu.
Löfven war nach dem Mord sofort zum Ort des Geschehens geeilt, ein Vorort von Göteborg im Südwesten des Landes. Dort ist die Situation aufgrund der hohen Zahl der Flüchtlinge besonders angespannt. "Es gibt keine einfachen Lösungen", sagte der Regierungschef. Was die auflagenstärkste Zeitung des Landes, der liberale "Dagens Nyheter" mit den Worten kommentierte: "Löfven hat nichts zu sagen".
Die Regierung kündigte in den folgenden Tagen an, die Ausweisung von Flüchtlingen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, mit mehr Nachdruck als bisher zu verfolgen. Mindestens 60.000 Menschen wären allein für das Jahr 2015 davon betroffen. Zwar ist der Zustrom neuer Flüchtlinge seit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen im November merklich zurückgegangen. Trotzdem bringt die Masse der Neuankömmlinge - pro Kopf hat kein EU-Land mehr Flüchtlinge aufgenommen als Schweden - den schwedischen Wohlfahrtsstaat, dessen gesellschaftliche Grundannahmen auch als "Schwedisches Modell" bezeichnet werden, derzeit arg ins Wanken.
Ungleichheiten wachsen
In der Wandelhalle des Hamburger Hauptbahnhofs hilft man Flüchtlingen bei der möglichen Weiterreise nach Schweden. 28.01.16
Es fehlt an Unterkünften, Lehrern und an Mitarbeitern im Gesundheitswesen. Altenheime werden geschlossen, und die Ungleichheiten zwischen den gesellschaftlichen Gruppen nehmen laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nirgends auf der Welt so schnell zu wie in Schweden. "Die Linke hat das nationale Element von Schweden aus ihrem Denken verbannt, weil sie Schweden als eine große moralische Instanz sehen wollte", sagte der Historiker Lars Trägardh. Das habe den Weg frei gemacht für rechtsextreme Parteien wie die Schwedendemokraten, die jetzt mit im Parlament sitzen.
Offiziell haben sich die Schwedendemokraten allerdings von gewalttätigen und rassistischen Gruppen distanziert. Der schwedische Geheimdienst hat diesmal auch eher Anhänger von Fußballclubs im Visier. Vor allem aus den Reihen der "Ultras" der beiden Stockholmer Clubs AIK und Djurgarden sollen die Männer gekommen seien, die in der Stockholmer Innenstadt Jagd auf die Flüchtlinge gemacht hatten.
Helferin erstochen: Flüchtling muss in Psychiatrie Urteil in Schweden 08.08.2016, 16:26
Ein junger Flüchtling ist wegen der Tötung einer Helferin in Schweden in die Psychiatrie eingewiesen worden. Der Äthiopier war des Mordes angeklagt, das Gericht in Göteborg fand ihn am Montag aber der fahrlässigen Tötung schuldig. Laut einer psychiatrischen Untersuchung war der Asylbewerber geistig labil und hatte daher womöglich nicht realisiert, dass sein Stich in einen der Oberschenkel der Frau tödlich sein könnte.
Die 22-Jährige Helferin wollte einen Streit zwischen Flüchtlingen schlichten, da kam es zu dem tödlichen Zwischenfall. Eine weitere Person, die ebenfalls zu Hilfe eilte, wurde ebenfalls durch Messerstiche verletzt. Der Äthiopier gab an, sich an die Tat nicht erinnern zu können. Sein Alter konnte nicht endgültig geklärt werden, doch kam das Gericht zu dem Schluss, dass er anders als selbst behauptet älter als 18 Jahre ist.
Das Gericht ordnete an, dass der junge Mann nach einer psychiatrischen Behandlung abgeschoben wird und nicht vor 2026 nach Schweden zurückkehren darf. Ein Anwalt der Opferfamilie zeigte sich enttäuscht von dem Urteil. Hans Gaestadius sagte der schwedischen Nachrichtenagentur TT, die Familie habe auf eine Verurteilung wegen Mordes gehofft und wolle Berufung gegen das Urteil einlegen.
Racheakte gegen Flüchtlinge durch maskierte Angreifer Der Fall hatte in Schweden landesweit für Schlagzeilen gesorgt, die Debatte um die Flüchtlingspolitik weiter angeheizt und auch zu mehreren Racheakten durch maskierte Männer geführt , die Jagd auf Flüchtlinge machten. In der Folge verschärfte die Regierung in Stockholm die Asylbestimmungen, so dass heute deutlich weniger Asylbewerber kommen.